Der Abbau von „Goldplating“ durch nationale Deregulierung und das Europäische Unionsrecht

Handlungsempfehlungen

  1. Die Pläne der Bundesregierung zur Beseitigung von „Goldplating“, mit dem unionsrechtlich vorgeschriebene Schutzstandards durch österreichisches Recht verschärft werden, sind kritisch zu überprüfen, da „Goldplating“ dazu dient, unionsrechtliche Ziele zu verwirklichen.
  2. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob „Goldplating“ tatsächlich zu mehr Bürokratie oder höheren Kosten in Österreich führt.
  3. Soweit solche Nachteile überhaupt entstehen, sind diese mit den Vorteilen von „Goldplating“, die sich aus mehr Rechtssicherheit, einer besseren Systematik von Rechtstexten und höheren Schutzstandards in vielen Politikbereichen ergeben, abzuwiegen.

Zusammenfassung

Begriffe wie „Goldplating“ oder „Übererfüllung“ umschreiben, dass Mitgliedstaaten teilweise bei der Durchführung von Sekundärrecht der Europäischen Union über unionsrechtlich vorgeschriebene Schutzstandards hinausgehen. Die österreichische Bundesregierung betrachtet „Goldplating“ als eine Form unerwünschter Überregulierung, die im Wege der nationalen Deregulierungspolitik rückgängig zu machen ist. Das Unionsrecht jedoch steht einer solchen nationalen Politik der „Übererfüllung“ durchaus positiv gegenüber. Der Charakter der europäischen Rechtsangleichung als Mindestharmonisierung, die unionsrechtlichen Prinzipien der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit sowie die Forderung der Unionsverträge nach einem hohen Schutzniveau in vielen Politikbereichen sprechen dafür, nationales „Goldplating“ beizubehalten. Es ist ein wichtiges Instrument, um die Ziele der Unionsverträge zu verwirklichen.

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Der Abbau von „Goldplating“ durch nationale Deregulierung und das Europäische Unionsrecht

Einführung

Die Bundesregierung verfolgt eine Politik der „Deregulierung und Rechtsbereinigung“. Zu dieser Politik gehört es, dass die „Übererfüllung“ von Verpflichtungen, die aus Harmonisierungsmaßnahmen der Europäischen Union (Union) resultieren, häufig auch als „Goldplating“ bezeichnet, in Österreich rückgängig gemacht wird.[1] Im folgenden Beitrag wird untersucht, inwieweit eine solche nationale Deregulierungspolitik, soweit sie die systematische Beseitigung von „Goldplating“ betrifft, mit dem System des Rechts der Europäischen Union (Unionsrechts) vereinbar ist.

Begrifflichkeiten

Mit den Begriffen „Goldplating“, „überschießende Durchführung“ oder „Übererfüllung“ wird beschrieben, dass ein Mitgliedstaat bei der Umsetzung oder Anwendung von unionalen Sekundärrecht in innerstaatliches Recht über die zwingenden Anforderungen des Unionsrechts hinausgeht.[2] Das betrifft nicht nur die „übererfüllende“ Umsetzung von Richtlinien ins nationale Recht, sondern auch die Durchführung von Verordnungen oder Beschlüssen der Union auf nationaler Ebene, sofern diese Rechtsakte den Mitgliedstaaten einen Spielraum eröffnen.
Davon abgesehen wird teilweise zwischen „echtem“ und „unechtem Goldplating“ unterschieden. Ersteres soll vorliegen, wenn die Anforderungen, die ein Unionsrechtsakt aufstellt, national durch zusätzliche Anforderungen verschärft werden. Letzteres sei gegeben, wenn der nationale Gesetzgeber eine Harmonisierungsmaßnahme zum Anlass nimmt, eine benachbarte Materie freiwillig nach dem Vorbild des durchzuführenden Unionsrechtsakts mit zu regeln.[3] Einen weiten Begriff des „Goldplating“ vertritt auch die österreichische Bundesregierung.[4]
Es ist fraglich, ob die Fallgestaltung, in der sich ein Mitgliedstaat bei der Durchführung von Unionsrecht für einen höheren Schutzstandard entscheidet, mit den Begriffen „vergolden“, „überschießend“ oder „übererfüllen“ angemessen beschrieben ist. Diese Termini verschleiern, dass ein solches Vorgehen in der Regel keinen bürokratischen Selbstzweck, sondern einen praktischen Nutzen hat. Dieser besteht darin, dass auf nationaler Ebene im Allgemeininteresse ein höherer Schutzstandard verwirklicht wird. Gleichwohl wird für die Zwecke dieses Beitrages der Begriff des „Goldplating“ verwendet, den die Bundesregierung ihrem Deregulierungsvorhaben zugrunde legt. Dabei wird in inhaltlicher Hinsicht untersucht, inwieweit eine strengere Durchführung von Unionsrecht durch die Mitgliedstaaten unionsrechtskonform ist und der nationale Rückbau solcher Schutzstandards unionsrechtlich problematisch ist.

Probleme durch „Goldplating“?

Jede Form von „Goldplating“ bewirkt im Vergleich zu einer minimalistischen Durchführung von Unionsrecht, dass es zu nationalen Unterschieden in der Union kommt. Dies könnte dem Zweck der Rechtsangleichung zuwiderlaufen, der darin besteht, rechtliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen und dadurch Wettbewerbsverzerrungen in der Union zu verhindern.[5] Die Rechtsangleichungspolitik der Union eröffnet den Mitgliedstaaten jedoch regelmäßig einen Durchführungsspielraum und geht auch davon aus, dass die Staaten diesen in unterschiedlicher Weise nutzen werden. Daher sind nationale Durchführungsmaßnahmen, die sich nicht am untersten Ende des unionsrechtlich vorgeschriebenen Schutzstandards orientieren, aus Sicht der Rechtsangleichungspolitik grundsätzlich unbedenklich.
Problematisch ist „Goldplating“ allerdings, wenn die nationalen Maßnahmen zur Durchführung von Unionsrecht „bürokratisch“ sind oder wenn den Unternehmen und der öffentlichen Verwaltung „zusätzliche unnötige Kosten entstehen“.[6] Abgesehen davon, dass sich dieses Problem bei jeder nationalen Durchführung von Unionsrecht stellt, lässt sich nicht sagen, dass „Goldplating“ stets „bürokratisch“ oder „unnötig“ ist. Da Unionsrechtsakte meist mehrere Ziele verfolgen, die bei ihrer Durchführung in Einklang zu bringen sind, lässt sich insbesondere nicht einfach konstatieren, dass der betreffende Rechtsakt „übererfüllt“ wurde, wenn sich ein Mitgliedstaat darauf beschränkt hat, lediglich eines dieser Ziele zu fördern. Hier kann also nur im Wege einer Gesamtbetrachtung, die alle Ziele des betreffenden Unionsakts berücksichtigt, beurteilt werden, ob dieser wirklich durch nationale Umsetzungsmaßnahmen „vergoldet“ wurde.

Unionsrechtliche Anforderungen an „Goldplating“

Bei der Durchführung von Unionsrecht durch nationales Recht, die über das unionsrechtlich vorgesehene Niveau hinausgeht, sind gewisse unionsrechtliche Parameter zu beachten. Dazu gehört, dass nationales Recht im Einklang mit dem Sekundärrecht, das es durchführt oder an dem es sich orientiert, auszulegen ist, auch wenn es den sachlichen Anwendungsbereich des durchzuführenden Unionsrechtsakts ausdehnt oder den unionsrechtlich vorgeschriebenen Schutzstandard verschärft. Das gilt insbesondere, wenn dabei Begriffe aus dem Unionsrecht ins nationale Recht übernommen werden, denn es besteht ein Interesse des Unionrechts daran, dass diese Begriffe, unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen sie angewendet werden, einheitlich ausgelegt werden. Der EuGH ist in solchen Fällen für die Auslegung der betreffenden „Goldplating“-Vorschriften des nationalen Rechts zuständig.[7]

Unionale Rechtsangleichung impliziert nationales „Goldplating“

Rechtsangleichung hat keinen Selbstzweck, sondern ist wie das gesamte Unionsrecht funktional ausgerichtet.

Rechtsangleichung hat keinen Selbstzweck, sondern ist wie das gesamte Unionsrecht funktional ausgerichtet. So strebt etwa die Sozialpolitik nach Art. 153 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 151 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) durch Rechtsangleichung die Förderung der Beschäftigung, der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen an. Die Angleichung des Verbraucherschutzrechts hat nach Art. 169 AEUV die Förderung der Interessen der Verbraucher zum Ziel. Harmonisierung im Binnenmarktbereich (Art. 114 AEUV) wiederum dient nicht nur der Beseitigung aller Hindernisse für den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, sondern soll zugleich dem Schutz der Gesundheit, der Arbeitssicherheit, der Umwelt sowie den Verbraucherinteressen Rechnung tragen.
Insgesamt geht es bei der Rechtsharmonisierung darum, auf effektive Weise ein „europäisches Gemeinwohl“ zu verwirklichen.[8] Im Unionsrecht wird dies durch ein Mindestmaß an positiver Rechtsangleichung angestrebt, die für ein hohes Maß an Schutz und an Lebensqualität sorgen soll. Nationales „Goldplating“ kann einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung dieser Ziele leisten.

Mindestharmonisierung impliziert „Goldplating“

Im Regelfall findet unionale Rechtsangleichung im Wege der Mindestharmonisierung statt. Diese zielt auf eine Marktöffnung in den Mitgliedstaaten, die mit den Schutzanliegen der Union, z.B. im Bereich der Verbraucherschutz-, Sozial- oder Umweltpolitik, kompatibel ist. Zu diesem Zweck werden in Sekundärrechtsakten meist lediglich unionsrechtliche Minimalstandards formuliert, die die Mitgliedstaaten einhalten müssen. Die Staaten haben jedoch das Recht, davon nach oben abzuweichen, da es in den betreffenden Unionsrechtsakten häufig entsprechende Öffnungsklauseln gibt.[9] In der Unionspraxis dürfen und sollen die Mitgliedstaaten deshalb oft über den unionsrechtlichen Standard hinausgehen, soweit sie dazu in der Lage sind.

Auch Vollharmonisierung erlaubt „Goldplating“

Sofern sich hingegen sämtliche materiellen Anforderungen aus dem Unionsrechtsakt selbst ergeben, spricht man von Vollharmonisierung. Die Mitgliedstaaten sind in diesem Fall grundsätzlich nicht mehr befugt, andere als in dem Unionsrechtsakt genannte Voraussetzungen in ihr Recht aufzunehmen, auch nicht um ein höheres Schutzniveau zu erreichen.[10]
Selbst eine Vollharmonisierung kann ein nationales „Goldplating“ zulassen, wenn  der betreffende Unionsrechtsakt taxativ eine Reihe von Optionen zugunsten der Mitgliedstaaten festlegt.[11] Gestattet ist auch bei der Vollharmonisierung eines bestimmten Sachbereichs, dass der nationale Gesetzgeber den Regelungsgehalt des Unionsrechtsakts auf andere Sachverhalte erstreckt, die außerhalb seines Anwendungsbereichs liegen.[12]  Im Übrigen geben die Art. 114 Abs. 4 und 5, Art. 153 Abs. 4, Art. 169 Abs. 4 und Art. 193 AEUV den Mitgliedstaaten in den Bereichen Binnenmarkt, Sozialrecht, Verbraucherschutz und Umweltschutz stets die Möglichkeit zu einer Verschärfung unionsrechtlicher Standards.

„Goldplating“ entspricht subsidiärer und verhältnismäßiger Unionsgesetzgebung

Eine Rechtsangleichung der Union, die darauf setzt, dass die Mitgliedstaaten über den unionsrechtlich zwingenden Mindeststandard hinausgehen, entspricht auch den Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

Eine Rechtsangleichung der Union, die darauf setzt, dass die Mitgliedstaaten über den unionsrechtlich zwingenden Mindeststandard hinausgehen, entspricht auch den Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. So soll die Union nach Art. 5 Abs. 3 AEUV nur Regelungen treffen, „soweit“ die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können (Subsidiarität). Art. 5 Abs. 4 EUV ergänzt dies insoweit, als die Maßnahmen der Union „nicht über das erforderliche Maß hinaus“ gehen dürfen (Verhältnismäßigkeit).
Beide Aussagen besagen zusammen, dass unionsrechtliche Vorschriften den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten möglichst wenig einschränken sollen. Aus diesem Grund soll der Unionsgesetzgeber Rechtsangleichung prinzipiell nur durch Schaffung von Mindestnormen betreiben, damit die Mitgliedstaaten strengere nationale Standards festlegen können.[13] Beschränken sich jene jedoch darauf, den von der Union bestimmten Standard strikt in ihren Gesetzen abzubilden, macht dies letztlich eine subsidiaritätsorientierte Politik der Mindestharmonisierung überflüssig.

Schaffung anschlussfähiger Lösungen durch „Goldplating“

Das zum Teil gegen „Goldplating“ vorgebrachte Argument, nationale Rechtsordnungen mit möglichst geringen Anforderungen seien im europäischen Wettbewerb der Systeme ein Standortvorteil, ist kritisch zu betrachten. Derartige Vorteile ergeben sich nicht primär aus dem Regulierungsgrad, sondern letztlich aus der inhaltlichen Qualität rechtlicher Steuerung.[14] Lasche Gesetze bedeuten deshalb nicht unbedingt einen Wettbewerbsvorteil.
Vielmehr kann „Goldplating“ einen wichtigen Beitrag zur Rechtssicherheit leisten. So kann es sinnvoll sein, wenn der nationale Gesetzgeber im Rahmen  der Umsetzung einer lediglich punktuellen Harmonisierung freiwillig den Anwendungsbereich der Regelungsmaterie ausweitet oder durch nationales Recht zusätzliche Anforderungen aufstellt. In vielen Fällen geschieht das auch, um die Systematik und Stringenz der nationalen Rechtsordnung zu wahren.[15] So konnte z.B. dadurch, dass in einigen Staaten das Gewährleistungsrecht der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie 1999/44/EG auf Verträge zwischen Unternehmen erstreckt wurde, eine Zersplitterung des nationalen Kaufrechts vermieden werden.

„Goldplating“ und hohes Schutzniveau in der Union

‚Goldplating‘ ist schließlich auch ein wichtiges Instrument, um die in den Verträgen angestrebten Schutzstandards durchzusetzen.

„Goldplating“ ist schließlich auch ein wichtiges Instrument, um die in den Verträgen angestrebten Schutzstandards durchzusetzen. Bei der Harmonisierung geht es nicht um die wertfreie Angleichung von Rechtsnormen, sondern darum, bestimmte angemessene Regulierungsstandards festzusetzen, um die Interessen der europäischen Stakeholder zu verwirklichen. Diesem Anliegen trägt der Vertrag durch verschiedene Vorschriften Rechnung (s.o. S. 6), wonach die Rechtsangleichung in den Bereichen Gesundheit, Verbraucherschutz, Sicherheit und Umweltschutz von einem hohen Schutzniveau auszugehen hat. Der Vertrag darf folglich nicht mit einer „liberalen Charta“ verwechselt werden.[16]

Nationales ‚Goldplating‘ kann deshalb notwendig sein, um dem unionsrechtlich angestrebten hohen Schutzniveau gerecht zu werden, den die Unionsgesetzgebung teilweise selber nicht gewährleistet.

Jedoch ist das unionsrechtlich geforderte „hohe Schutzniveau“ nicht gleichzusetzen mit dem höchsten in einem Mitgliedstaat bestehenden Schutzniveau oder mit dem höchsten technisch denkbaren Schutzniveau.[17] Die Kompromisshaftigkeit der europäischen Harmonisierungspolitik führt in der Praxis außerdem oft dazu, dass das angestrebte hohe Schutzniveau durch die Rechtsangleichungsmaßnahmen der Union nicht erreicht wird. Nationales „Goldplating“ kann deshalb notwendig sein, um dem unionsrechtlich angestrebten hohen Schutzniveau gerecht zu werden, den die Unionsgesetzgebung teilweise selber nicht gewährleistet.

Gesamtbewertung

Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass sogenanntes „Goldplating“, mit dem die Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Unionsrecht freiwillig über den zwingenden Mindeststandard hinausgehen, nicht nur vollständig mit den Verträgen vereinbar ist, sofern bestimmte Parameter beachtet werden. Vielmehr implizieren die Unionsverträge geradezu, dass die Mitgliedstaaten entsprechend handeln.
So setzt die Methode der Mindestharmonisierung darauf, dass die Mitgliedstaaten den ihnen eingeräumten Spielraum für ein „Goldplating“ nutzen, soweit sie dazu wirtschaftlich oder technologisch in der Lage sind. Selbst dort, wo der Unionsgesetzgeber ausnahmsweise eine Vollharmonisierung betreibt, gewährt das Unionsrecht Spielräume für nationales „Goldplating“.
Nationales „Goldplating“ entspricht auch einer dem Subsidiaritäts- und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip verpflichteten Politik, nach der die Unionsgesetzgebung den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten möglichst wenig einschränken soll. Eine nationale Verschärfung unionsrechtlicher Mindeststandards durch „Goldplating“ fördert auch den konstruktiven Wettbewerb der Rechtsordnungen in Europa, der nicht als „competition in laxity“ verstanden werden darf.
„Goldplating“ kann schließlich auch notwendig sein, um dem vom AEUV angestrebten hohen Schutzniveau in den Bereichen Verbraucherschutz, Sozialpolitik und  Umweltschutz gerecht zu werden. Eine strengere Durchführung von Unionsrecht durch die Mitgliedstaaten entspricht daher den Schutzzielen der europäischen Verträge.
Aus all diesen Gründen ist „Goldplating“ als Instrument zur Durchführung von Unionsrecht insgesamt positiv zu bewerten. Der allgemeine Rückbau von „Goldplating“, verstanden als Beseitigung nationaler Schutzstandards, die über den vorgeschriebenen Mindeststandard hinausgehen, ist deshalb aus Perspektive der Unionsverträge problematisch.

[1] BReg., Regierungsprogramm 2017-2022, Kapitel „Verwaltungsreform und Verfassung“, Abschnitt „Moderner Verfassungsstaat“, S. 21.
[2] Lohse, Rechtsangleichungsprozesse in der Europäischen Union (2017) S. 360 f.; Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht (2006), S. 25 f. Davidson Review, Implementation of EC Legislation, 2006, S. 17; Burmeister/Staebe, EuR 2009, 444, 445; Liebwald, JRP 2013, 294, 306; Kommission, KOM(2010) 543 endg. S. 6; SWD (2015) 111 final, S. 89.
[3] Burmeister/Staebe, EuR 2009, 445; Träger, ZEuP 2003, 525, 528. So wurde das in der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie 1999/44/EG vorgesehene Gewährleistungsrecht in Österreich auch auf Verträge zwischen Unternehmen erstreckt, Welser, ecolex 2001, 420 f.
[4] Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz, Hinweise für die Verwendung des Arbeitsbehelfs – Goldplating, 2018.
[5] Vgl. EuGH, Rs. C-58/08, Vodafone, Slg 2010, I-4999 Rn 32 ff.
[6] Kommission, COM(2015) 215 final Ziff. 3.3; KOM(2010) 543 endg., S 6.
[7] Seit EuGH, Rs. C-28/95, Leur-Bloem, Slg 1997, I-4161 Rn 32 ff.; Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung, S. 39 ff., 104 ff. und 173 ff.
[8] Begriff in EuGH, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg 1970, 1125 Rn 16.
[9] EuGH, Rs. C-376/90, Kommission/Belgien, Slg 1992, I-6153 Rn 18 ff.
[10] Vgl. EuGH, Rs. C-295/16, Europamur, ECLI:EU:C:2017:782 Rn 39; Rs. 278/85, Kommission/Dänemark, Slg 1987, 4069 Rn 12.
[11] Vgl. EuGH, Rs C-101/01, Lindquvist, Slg 2003, I-2971 Rn 96 f.
[12] So wenden einige Mitgliedstaaten die Standards der vollharmonisierenden Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen auch auf anderen Finanzdienstleistungen an, Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung, S. 62.
[13] So hat der Europäische Rat von Edinburgh am 11./12.12.1992 das Subsidiaritätsprinzip interpretiert, BullEG 12-1992, S. 7, 15.
[14] Streinz, Mindestharmonisierung, S. 23; Wagner, Mindestharmonisierung, S. 172 f.
[15] Lohse, Rechtsangleichungsprozesse, S. 363 ff.; Träger, ZEuP 2003, 527.
[16] GA Fenelly, Schlussanträge in der Rs. C-376/98, Deutschland/Parlament und Rat, Slg 2000, I-8419 Rn 85.
[17] EuGH, Rs. C-233/94, Deutschland/EP und Rat, Slg 1997, I-2405 Rn 48 bzw. Rs C-284/95, Safety Hi-Tech, Slg 1998, I-4301 Rn 49.

ISSN 2305-2635
Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die der Autor arbeitet, überein.

Zitation

Schroeder, W. (2018). Der Abbau von „Goldplating“ durch nationale Deregulierung und das Europäische Unionsrecht. Wien. ÖGfE Policy Brief, 22’2018

Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M.

Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M. leitet das Institut für Europarecht und Völkerrecht an der Universität Innsbruck.