Gesund und munter? Das neue Programm für Forschung und Innovation Horizont Europa als Testfall für die Handlungsfähigkeit der EU

Handlungsempfehlungen

  1. Eine adäquate Finanzierung der von der EU geförderten Forschung sicherstellen: Der Forschungsanteil des nächsten EU-Haushalts, des so genannten „mehrjährigen Finanzrahmens“, muss vor Kürzungen geschützt werden, um eine Finanzierung von mindestens 100 Milliarden Euro für Forschung und Innovation zwischen 2021 und 2027 sicherzustellen.
  2. Die Exzellenz der von der EU geförderten Forschung sicherstellen: Wissenschaftliche Exzellenz, nicht der geografische Standort von AntragstellerInnen, muss die Entscheidungsgrundlage für EU-Forschungsfinanzierung bleiben, wenngleich flankierende Maßnahmen erforderlich sind, um das Forschungs- und Innovationsgefälle zwischen den EU-Mitgliedern auszugleichen.
  3. Die Offenheit der von der EU geförderten Forschung sicherstellen: Die Beteiligung von Drittstaaten, die ebenfalls in das Programm einzahlen, hat die Wissenschaft EU-weit bereichert und ihr nicht geschadet. Gleiches gilt für offene Wissenschaftsaktivitäten (open science).

Zusammenfassung

In diesem Policy Brief werden die Hauptprobleme beschrieben, die mit der Entwicklung des neuen EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation, Horizont Europa, verbunden sind, welches das derzeitige Programm “Horizont 2020” ab 2021 ersetzen soll. Im Juni 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Vorschlag für Horizont Europa, der derzeit im und zwischen dem Europäischen Parlament und dem EU-Ministerrat verhandelt wird, wobei die Kommission als Moderator fungiert. Obwohl die Forschungspolitik der EU weithin als technokratisch gilt und in der breiten Öffentlichkeit so gut wie unbekannt ist, kann die Entwicklung eines neuen Rahmenprogramms als Testfall für die Fähigkeit der EU betrachtet werden, konkrete Ergebnisse zu erzielen und die unterschiedlichen Interessen ihrer Mitglieder zu überbrücken. Die Debatten rund um Horizont Europa konzentrierten sich insbesondere auf die folgenden Themen: (i) das Gefälle in Forschung und Innovation zwischen ärmeren und reicheren Mitgliedstaaten und die Frage ob dieses Thema ein Schwerpunkt des neuen Programms sein soll, (ii) neue Aktivitäten zur Stärkung der Innovation und des Impact der EU-Forschung und (iii) mögliche Einschränkungen hinsichtlich der Offenheit des Programms für Nicht-EU-Länder. Das von den Finanzministern im Rahmen des langfristigen Haushalts der EU noch zu vereinbarende Programmbudget ist ebenfalls umstritten, wobei viele Interessengruppen befürchten, dass der bereits zurückhaltende Vorschlag der Kommission weiter gekürzt werden soll.

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Gesund und munter? Das neue Programm für Forschung und Innovation Horizont Europa als Testfall für die Handlungsfähigkeit der EU

Von Horizont 2020 zu Horizont Europa

Seit den frühen achtziger Jahren finanziert die Europäische Union gemeinsame wissenschaftliche Forschungsprojekte, um sowohl einzelne ForscherInnen als auch Konsortien von Universitäten, Forschungsorganisationen sowie Unternehmen und Industrie in ganz Europa zu unterstützen; diese mehrjährigen Finanzierungsprogramme werden als „Rahmenprogramme für Forschung und Innovation“ bezeichnet. Trotz der Tatsache, dass dies der breiten Öffentlichkeit größtenteils unbekannt ist, hat das derzeitige Rahmenprogramm „Horizont 2020“ (läuft seit 2014 bis 2020) bahnbrechende Forschung zu Themen unterstützt, die von der Krebsbehandlung über die Erkennung von Exoplaneten bis hin zur Abschwächung des Klimawandels reichen.[1]

Zu den neuen Elementen, die von der Kommission für Horizont Europa vorgeschlagen werden, gehört eine stärkere Fokussierung auf Innovation.

Im Juni 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission den Vorschlag für das Nachfolgeprogramm von Horizont 2020 mit dem Titel „Horizont Europa“, welches Anfang 2021 in Kraft treten soll. Unter der Prämisse „Evolution statt Revolution” übernimmt der neue Vorschlag viele erfolgreiche Merkmale des Vorgängers Horizont 2020[2]: Wie Horizont 2020 wird auch Horizont Europa über eine Drei-Säulen-Struktur verfügen, welche die Finanzierung von Grundlagenforschung als auch für angewandte Forschung vorsieht. Zu den neuen Elementen, die von der Kommission für Horizont Europa vorgeschlagen werden, gehört eine stärkere Fokussierung auf Innovation. Schließlich ist einer der Hauptkritikpunkte an der europäischen Forschung und Entwicklung (F&E), dass aus der Forschung weniger konkrete Produkte und Dienstleistungen entstehen, als in anderen Regionen der Welt.[3] Die Notwendigkeit, die konkreten Auswirkungen der Forschung auf die Verbesserung des Lebens der BürgerInnen zu demonstrieren (Impact), steht auch hinter einem zweiten neuen Konzept namens „Missionsorientierte Forschung“. Als „große Wissenschaft zur Bewältigung großer Probleme“ beschrieben, beschäftigen sich die Missionen mit konkreten Problemen in messbarer Weise (mögliche Beispiele sind die Erreichung CO2-neutraler Städte bis 2030 oder ein plastikfreier Ozean). Sie sind an die Verwirklichung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung gebunden.[4] Weiters schlug die Kommission eine geringfügige Aufstockung der Mittel für Horizont Europa vor: für den Finanzierungszeitraum 2021-2027 ist ein Budget von 100 Mrd. EUR vorgesehen.

Abbildung 1: Die Drei-Säulen-Struktur von Horizont Europa: Für jeden etwas?

Quelle: Europäische Kommission

Interessenvertreter aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Industrie waren mit dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission größtenteils zufrieden, obwohl einige von ihnen die Finanzierung als zu bescheiden kritisierten, da viele andere Regionen der Welt viel mehr in Forschung und Innovation investieren als die 28 Mitgliedstaaten der EU und das Rahmenprogramm zusammengenommen. Es wurden auch Bedenken geäußert, ob die Finanzierung von Innovation die Finanzierung der wissenschaftlichen Grundlagenforschung beeinträchtigt.
Wie bei allen anderen Rechtsvorschriften nach dem Mitentscheidungsprinzip wurde der Vorschlag der Kommission an das Europäische Parlament und den Ministerrat verwiesen, die sich sowohl innerhalb ihrer eigenen Institutionen einigen als auch eine für alle Institutionen akzeptable Kompromissfassung erarbeiten müssen. Als der Vorschlag von Horizont Europa – bestehend aus einem Verordnungsentwurf und einem Beschluss – in das Parlament und den Rat eingebracht wurde, tauchten jedoch mehrere strittige Fragen auf, die im Folgenden ausführlicher beschrieben werden.

 Horizont Europa im Europäischen Parlament: Kohäsion statt Exzellenz?

Dan Nica, ein rumänischer Abgeordneter des Europäischen Parlaments (MdEP) der Progressiven Allianz der Sozialisten und Demokraten (S&D) und einer der beiden so genannten „Berichterstatter“[5] für Horizont Europa, brachte eine Reihe von Änderungsanträgen ein, um Horizont Europa dahin gehend auszurichten, die Forschungs- und Innovationskluft zwischen den EU-Mitgliedsländern zu überbrücken; dies sollte durch die Bereitstellung von Geldern für diejenigen EU-Länder, die derzeit in der EU-Forschungsförderung nicht gut abschneiden, erreicht werden. Obwohl diese Abänderungen in der Abstimmung des ITRE[6]-Ausschusses des Europäischen Parlaments abgeschwächt wurden, könnte der Fokus auf Exzellenz als Hauptbewertungskriterium für Forschungsprojekte immer noch abgeschwächt werden, was viele Akteure im wissenschaftlichen System beunruhigt, insbesondere da der Kommissionsvorschlag bereits Maßnahmen zur Bewältigung der Kluft zwischen F&I im Rahmen der Förderlinie „Teilen von Exzellenz“ vorsieht.

Bislang waren die Rahmenprogramme, an denen viele Länder außerhalb Europas teilgenommen haben, ein wichtiger Teil der Soft Power der EU.

Die ursprünglichen Änderungsanträge im Europäischen Parlament sahen auch vor, die Beteiligung von Ländern außerhalb der EU an Horizont Europa weiter einzuschränken. Dies gilt insbesondere für Länder, die keine Mitglieder der EFTA (Europäische Freihandelszone) und des EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) sind, wie beispielsweise das Vereinigte Königreich in einem Post-Brexit-Szenario. Bislang waren die Rahmenprogramme, an denen viele Länder außerhalb Europas teilgenommen haben, ein wichtiger Teil der Soft Power der EU. Natürlich haben diese Länder, zu denen die Schweiz, Norwegen und Israel gehören, ebenfalls in das Programm eingezahlt. Nach umfangreichen Debatten waren diese Änderungsanträge im Europäischen Parlament nicht erfolgreich, obgleich einige Zweifel bestehen, ob die assoziierten Länder an Förderungen für individuelle ForscherInnen teilnehmen können, wie etwa den Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen (MSCA) oder den Förderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC).
Was das Forschungsbudget angeht so fordert das Europäische Parlament eine Aufstockung auf 120 Milliarden Euro[7] und verteilte einen Teil der Mittel vom Innovationsrat zu den Maßnahmen zur Teilung von Exzellenz um, was im Einklang mit dem Fokus zur Überbrückung der F&I-Kluft steht.

Horizont Europa im Rat: Misserfolg oder Erfolg für die österreichische Präsidentschaft?

Dabei hätte die österreichische Präsidentschaft Horizont Europa durchaus als vorrangige Fallstudie präsentieren können, wie die Zusammenarbeit in der EU nicht nur ForscherInnen, sondern auch der Wirtschaft und der Gesellschaft einen Mehrwert bringt.

Unter dem Motto „Ein Europa, das schützt“ konzentrierte sich die öffentliche Kommunikationsstrategie der österreichischen Präsidentschaft fast ausschließlich auf Migration, ein Thema, das im vergangenen Jahr maßgeblich dazu beigetragen hatte, die derzeitige Regierungskoalition an die Macht zu bringen. Die Tatsache, dass Österreich die EU-Forschungspolitik für die nächsten sieben Jahre vorantreibt, hat es leider nicht in die vom Bundeskanzleramt veröffentlichte Liste der Präsidentschaftsprioritäten geschafft.[8] Sogar im erweiterten Präsidentschaftsprogramm wird Forschung nur am Rande erwähnt.[9] Dies passt zu einer Weltanschauung, die Forschungspolitik als „Geld für die Nerds“ betrachtet. Dabei hätte die österreichische Präsidentschaft Horizont Europa durchaus als vorrangige Fallstudie präsentieren können, wie die Zusammenarbeit in der EU nicht nur ForscherInnen, sondern auch der Wirtschaft und der Gesellschaft einen Mehrwert bringt. In diesem Kontext, nämlich die EU-Forschung einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, muss die österreichische Präsidentschaft als Misserfolg gewertet werden. Allerdings war Horizont Europa natürlich die Hauptpriorität für das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, und auf technischer Ebene gelang es der österreichischen Präsidentschaft aufgrund der diplomatischen Fähigkeiten und der Beharrlichkeit des beteiligten Personals eine Einigung über die Horizont Europa-Verordnung zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu erzielen, die so genannte „partielle allgemeine Ausrichtung“ (partiell, weil das betreffende Budget nicht Teil des Haushalts ist, der von den Finanzministern ausgehandelt wird, siehe unten).
Die ersten Diskussionen im Ministerrat konzentrierten sich auf den Vorschlag der Europäischen Kommission, die Rechtsgrundlage von Horizont Europa zu erweitern, um sicherzustellen, dass das Forschungsprogramm auch industrielle Entwicklung und frühzeitige Vermarktungsaktivitäten finanzieren kann. Die meisten Mitgliedstaaten lehnten jedoch eine doppelte Rechtsgrundlage für das spezifische Programm ab. Der Vorschlag der Kommission erscheint daher in dieser Hinsicht für den Rat nicht akzeptabel.
Die Diskussionen konzentrierten sich auch auf F&I-Partnerschaften, die Teil der zweiten Säule von Horizont Europa sind. Mehrere Mitgliedstaaten wollten eine Begrenzung der Gelder erreichen, die für diese Initiativen verwendet werden können, da diese hauptsächlich die Großindustrie und nicht Klein- und Mittelbetriebe (KMUs) ansprechen. Österreich fand schließlich einen Konsens der darauf aufbaut, eine „Mehrheit“ der Finanzierung in Säule II außerhalb dieser Partnerschaften bereitzustellen.

Der Rat ist jedoch in mehreren anderen Fragen weiterhin uneinig, was bedeutet, dass diese von der rumänischen Präsidentschaft, die auf die österreichische folgt, gelöst werden müssen.

Der Rat ist jedoch in mehreren anderen Fragen weiterhin uneinig, was bedeutet, dass diese von der rumänischen Präsidentschaft, die auf die österreichische folgt, gelöst werden müssen. Für die Verordnung betrifft dies das Europäische Technologieinstitut EIT, Synergien mit anderen Programmen und die Assoziierung von Drittländern (diese wurden von der Kommission aufgrund laufender Brexit-Verhandlungen ausgeschlossen). Was das spezifische Programm anbelangt, müssen auch die Themengebiete für Missionen und die Bereiche der Partnerschaften festgelegt werden.

Die heiße Phase für Horizont Europa

Wie wir sehen konnten, haben das Europäische Parlament und der Ministerrat intern verschiedene Fragen im Zusammenhang mit Horizont Europa diskutiert. Zusätzlich zu den technischen Fragen, zu denen diese beiden Institutionen im so genannten Trilog einen Kompromiss finden müssen (wobei die Europäische Kommission als vertrauenswürdiger Dritter fungiert), erschweren zwei Aspekte die Ausgangslage.

Einige Stakeholder befürchten sogar, dass Horizont Europa möglicherweise nicht am 1. Januar 2021 startet, also unmittelbar nachdem das alte Rahmenprogramm ausgelaufen sein wird.

Der erste davon ist schlichtweg der Faktor Zeit. Es besteht die Besorgnis, dass falls die Uneinigkeiten zwischen dem EU-Rat und dem Europäischen Parlament vor den Europawahlen 2019 nicht gelöst werden, dies zu erheblichen Verzögerungen im politischen Zustimmungsprozess führen könnte. Einige Stakeholder befürchten sogar, dass Horizont Europa in diesem Fall möglicherweise nicht am 1. Januar 2021 startet, also unmittelbar nachdem das alte Rahmenprogramm ausgelaufen sein wird. Dies würde zu einer Finanzierungslücke in der von der EU geförderten Forschung und Innovation führen, was für viele europäische Universitäten und Forschungseinrichtungen, die von der EU-Finanzierung abhängig sind, eine trostlose Perspektive darstellt. Andere weisen jedoch darauf hin, dass die Verhandlungen erst Ende 2020 abgeschlossen sein müssen und das auch mit einem neuen Euroäischen Parlament sowie einer neuen Europäischen Kommission erreicht werden könne. Das bisherige Rahmenprogramm Horizont 2020 wurde schließlich auch erst Ende 2013 vereinbart und trat dennoch 2014 in Kraft.

Wenn die Nettozahlerbeiträge zum EU-Haushalt nicht erhöht werden, sind erhebliche Kürzungen bei den Haushaltsmitteln erforderlich.

Der zweite und besorgniserregendere Aspekt betrifft den Haushalt. Die Diskussionen über den Gesamthaushalt der EU, den so genannten mehrjährigen Finanzrahmen (MFF), in dem die Ausgaben für Forschung und Innovation inkludiert sind, werden voraussichtlich sehr schwierig sein. Zusammen mit den Niederlanden ist die österreichische Regierung am meisten dagegen, die Beiträge zum EU-Haushalt zu erhöhen. Eine solche Erhöhung wird jedoch wesentlich sein, um den britischen Beitrag zu kompensieren. Wenn die Nettozahlerbeiträge zum EU-Haushalt nicht erhöht werden, sind erhebliche Kürzungen bei den Haushaltsmitteln erforderlich. Angesichts der Tatsache, dass nur 6% des EU-Haushalts für die Verwaltung ausgegeben werden, kann dieser Haushaltsposten nicht weiter gekürzt werden, ohne die grundlegende Funktion der europäischen Institutionen zu gefährden. Natürlich gibt es noch andere Politikbereiche – wie etwa die Landwirtschaft -, die gekürzt werden könnten, aber die Landwirte haben eine bekanntermaßen starke Lobby, die nicht zögert, während einer Protestaktion den europäischen Bezirk von Brüssel mit landwirtschaftlichen Produkten zu übersäen. Derzeit sind die Dachverbände der ForscherInnen drastischen Aktionen dieser Art einfach nicht gewachsen. Zumindest in Brüssel gab es bislang keinen einzigen Protest wütender ForscherInnen. Es ist daher politisch gesehen  einfach, das Forschungsbudget zu kürzen; obwohl Bundesminister Faßmann zugesichert hat, das von der Kommission vorgeschlagene 100-Milliarden-Euro-Budget zu verteidigen, ist es keineswegs sicher, ob er damit Erfolg haben wird.
Aber nicht alles ist düster: Was die zeitliche Perspektive angeht, haben alle Stakeholder die Bereitschaft signalisiert, konstruktiv zu arbeiten, um eine Finanzierungslücke zu vermeiden. Und während die Kommission eingeräumt hat, dass die Diskussionen über den EU-Haushalt zeitaufwändig sind, hat sich Kommissar Oettinger zu einem Vorreiter für eine verstärkte Finanzierung von Forschung und Entwicklung entwickelt.[10]

Ob Horizont 2020 rechtzeitig anläuft und ob eine angemessene Finanzierung für Forschung und Entwicklung sichergestellt werden kann, ist daher ein Indikator dafür, ob die Europäische Union noch „im Sinne des Kompromisses“ agieren kann, was bisher stets eine wesentliche Grundlage für ihren Erfolg war.

EU-Forschungspolitik wird häufig als technokratisch betrachtet, ist aber ein gutes Beispiel, um die Wirksamkeit der EU anhand der Erzielung konkreter Ergebnisse und der Überbrückung der Unterschiede zwischen ihren Mitgliedern zu bewerten. Die Diskussionen wurden oft so dargestellt, als bestünden sie nur zwischen den EU-13 und den älteren Mitgliedstaaten, was jedoch nur teilweise zutrifft. Die Debatten spiegeln allerdings die Forschungs- und Innovationskluft zwischen ärmeren und reicheren Mitgliedstaaten wider. Ob Horizont 2020 rechtzeitig anläuft und ob eine angemessene Finanzierung für Forschung und Entwicklung sichergestellt werden kann, ist daher ein Indikator dafür, ob die Europäische Union noch „im Sinne des Kompromisses“ agieren kann, was bisher stets eine wesentliche Grundlage für ihren Erfolg war.

[1] Für weitere Beispiele siehe https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/budget-may2018-research-innovation-success-stories_de.pdf
[2] Für eine detaillierte Übersicht über das derzeit laufende Horizont 2020 Programm siehe http://ec.europa.eu/information_society/newsroom/cf/horizon2020/document.cfm?doc_id=6859
[3] Siehe Europäische Kommission (2017) LAB – FAB – APP. In die europäische Zukunft investieren, die wir möchten. Bericht der unabhängigen hochrangigen Gruppe über die Maximierung der Wirkung der Forschungs- und Innovationsprogramme der EU (nur auf Englisch).
[4] Siehe Mazzucato (2018). Mission-Oriented Research & Innovation in der Europäischen Union, Ein Problemlösungsansatz, um innovationsorientiertes Wachstum zu fördern (nur auf Englisch).
[5] Ein Berichterstatter ist ein Mitglied des Europäischen Parlaments, welches für die Erstellung eines Berichts zu einem bestimmten Thema zuständig ist. Für Details siehe http://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/eu-affairs/20150328STO39002/berichterstatter-schattenberichterstatter-koordinator-wer-macht-was
[6] Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie
[7] Diese Mittelerhöhung wurde unter anderem auch von Nobelpreisgewinnern und Vorstandsvorsitzenden gefordert: https://www.ert.eu/sites/ert/files/2018_11_30_-_letter_horizon_europe_-_eu_multiannual_financial_framework.pdf
[8] Siehe https://www.eu2018.at/de/agenda-priorities/priorities.html
[9] Programm des österreichischen Ratsvorsitzes, S. 49 https://www.eu2018.at/dam/jcr:b5dd3521-d93b-4dbc-8378-1d1a6a7f99cf/Programm%20des%20%C3%B6sterreichischen%20Ratsvorsitzes.pdf
[10] https://sciencebusiness.net/framework-programmes/news/political-battles-force-go-slow-eu-budget-negotiations

Ich danke Kurt Deketelaere und Laura Keustermans von der Liga der europäischen Forschungsuniversitäten (LERU) sowie Julia Prikoszovits vom österreichischen Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung für ihre wertvollen Beiträge. Die Verantwortung für den Inhalt und für eventuelle Fehler verbleibt beim Autor.

ISSN 2305-2635
Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die der Autor arbeitet, überein.

Zitation
Spichtinger, D. (2018). Gesund und munter? Das neue Programm für Forschung und Innovation Horizont Europa als Testfall für die Handlungsfähigkeit der EU. Wien. ÖGfE Policy Brief, 28’2018

Mag. Daniel Spichtinger

Mag. Daniel Spichtinger ist unabhängiger Spezialist für EU-Forschungspolitik. Von 2012 bis 2018 arbeitete er als Sachbearbeiter bei der Generaldirektion Forschung und Innovation (DG RTD) der Europäischen Kommission.