Förderungen von Erneuerbaren Energien: Nagelprobe für eine klimafreundliche EU

Handlungsempfehlungen

  1. Betriebsbeihilfen waren für die Umstellung auf Erneuerbare Energieträger in der Anfangsphase gerechtfertigt, bedürfen jedoch nach fast 30 Jahren einer Neuausrichtung. Investitionszuschüsse und wettbewerbliche Ausschreibungen müssen die Regel sein und sich an Strommarktsignalen orientieren.
  2. Die neuen EU-Beihilfeleitlinien müssen durch restriktive Ausnahmeregeln von der Finanzierung der Netzentgelte für eine faire Lastenverteilung zwischen Großverbrauchern in der Union sorgen.
  3. Statt eines „grünen Bonus“ sollte die Steigerung der Energieeffizienz einen zentralen Stellenwert einnehmen. Zur Sicherstellung eines fairen Übergangs bedarf es zudem eines „sozialen Bonus“, um die Schaffung und den Erhalt von nachhaltigen sowie hochwertigen Arbeitsplätzen mit einer höheren Beihilfenintensität belohnen zu können

Zusammenfassung

Die Umgestaltung der Energieerzeugung weg von fossiler oder Nuklearenergie kann nicht den Marktkräften überlassen werden. Deshalb hat sich die Europäische Union schon Ende des letzten Jahrtausends zu einem radikalen Umbau der Energieerzeugung durch staatliche Förderung von erneuerbaren Energieträgern entschlossen. In den Leitlinien für Energie- und Umweltschutzbeihilfen (Beihilfeleitlinien) erklärt die EU-Kommission, unter welchen Voraussetzungen sie Förderungen von Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU (Art. 107 AEUV) für vereinbar hält. Die Leitlinien sind zwar rechtlich nicht bindend, die EU-Kommission zieht sie aber bei der Beurteilung von nationalen Förderregimen heran. Die derzeitigen Leitlinien waren für den Zeitraum 2014 bis 2020 befristet, wurden jedoch von der EU-Kommission bis Ende 2021 verlängert. Eine Reform steht also unmittelbar bevor, damit auch die Chance notwendige Änderungen vorzunehmen, um die Ziele des „Green Deal“ zu unterstützen: Denn um die Treibhausgasemissionen Europas bis 2030 um mindestens 55 % zu senken, muss sowohl der Anteil der Erneuerbaren Energien deutlich erhöht als auch die Energieeffizienz massiv gesteigert werden. Die Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft ist allerdings nicht primär eine technologische Frage, sondern eine zutiefst soziale Herausforderung. Um die EU-BürgerInnen bei der Umgestaltung der Energieerzeugung mitzunehmen, muss uns eine Änderung „by design“ statt „by desaster“ gelingen: Vorrang von Energieeffizienz, Durchsetzung des Verursacherprinzips, ein „sozialer Bonus“ sowie eine faire Kostenverteilung zwischen Haushalten und der energieintensiven Industrie.

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Förderungen von Erneuerbaren Energien: Nagelprobe für eine klimafreundliche EU

Der entschlossene Kampf gegen den Klimawandel ist alternativlos. Erderwärmung und Umweltzerstörung bedrohen unsere natürlichen Lebensgrundlagen in nie dagewesener Geschwindigkeit. Europa muss jetzt in eine mutige Energiewende investieren, aber richtig. Um die Treibhausgasemissionen Europas bis 2030 um mindestens 55 % zu senken, müssen wir sowohl den Anteil der Erneuerbaren Energien deutlich erhöhen als auch die Energieeffizienz massiv steigern. Im globalen Wettbewerb wird die europäische Wirtschaft nur dann bestehen, wenn sie ihre Pioniervorteile in Sachen saubere Energie und nachhaltige, effiziente Produktionsweisen voll nutzt. Die Reform der europäischen Förderpolitik für Erneuerbare Energien und Klimaschutzmaßnahmen spielt dabei eine zentrale Rolle.

Europa muss jetzt in eine mutige Energiewende investieren, aber richtig.

Eines ist klar: Die Umgestaltung der Energieerzeugung weg von fossiler oder Nuklearenergie kann nicht den Marktkräften überlassen werden. Deshalb hat sich die Europäische Union schon Ende des letzten Jahrtausends zu einem radikalen Umbau der Energieerzeugung durch staatliche Förderung von erneuerbaren Energieträgern entschlossen. Ihre diesbezügliche Politik legt sie im Wesentlichen in den Leitlinien[1] für Energie- und Umweltschutzbeihilfen (Beihilfeleitlinien) fest. Sie erklären, unter welchen Voraussetzungen die EU-Kommission Subventionen mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU (Art. 107 AEUV) für vereinbar hält. Grundsätzlich sind staatliche Beihilfen mit dem Binnenmarkt unvereinbar und daher verboten. Es gibt aber Ausnahmen von diesem Verbot, unter anderem zur Förderung von Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz, die Förderungen von erneuerbaren Energieträgern umfassen. Als Auslegungshilfe stellt die EU-Kommission den Mitgliedstaaten die oben erwähnten Leitlinien zur Verfügung. Sie sind zwar rechtlich nicht bindend, die EU-Kommission zieht diese aber bei der Beurteilung von nationalen Förderregimen heran – sogenannte Selbstbindung. Die derzeitigen Leitlinien waren für den Zeitraum 2014 bis 2020 befristet, wurden jedoch von der EU-Kommission bis Ende 2021 verlängert. Eine Reform steht also unmittelbar bevor. Welche Eckpunkte sie – auch aus Sicht der österreichischen Bundesarbeitskammer (AK) – umfassen sollte, wollen die Autorinnen des Policy Briefs nachfolgend beleuchten.

Verursacherprinzip mit Schlupflöchern

Die nationalen Fördersysteme für Erneuerbare Energien stehen im Wesentlichen auf zwei Säulen: Abnahmeverpflichtung für Erneuerbare Energien und Aufbringung der Fördermittel durch Zuschläge auf die Netzentgelte, die von den StromkundInnen, wie Haushalte oder Industrie, für die Nutzung des öffentlichen Stromnetzes zu zahlen sind.

Das System erscheint auf den ersten Blick überzeugend und entspricht dem Verursacherprinzip gemäß Art. 191 AEUV, wonach Großverbraucher höhere Beiträge leisten müssen als sparsame VerbraucherInnen. Dieser Grundsatz wird allerdings in den meisten Mitgliedstaaten durch versteckte Subventionen in Form von Rückerstattungs- oder Befreiungsmöglichkeiten von Energiesteuern, Finanzierungsbeiträgen für die Förderung von Erneuerbare Energien oder Netzkosten zu Gunsten von Großverbrauchern von Energie durchbrochen. Private Haushalte tragen einen immer größeren Anteil der systemischen Kosten, die sich durch die Umstellung auf eine kohlestofffreie Wirtschaft ergeben. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie von Leonhard Plank und Ngoc Doan (2019)[2] .

Ausnahmen sind nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung und nur dann zuzulassen, wenn sie die Erreichung ökologischer oder sozialpolitischer Zielsetzungen unterstützen oder wenn es nachweislich massive Wettbewerbsnachteile energieintensiver Industriezweige gegenüber Drittstaaten gibt.

Begründet wird dies damit, dass exportorientierte, energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb mit anderen Unternehmen stehen, die Strom viel günstiger beziehen. Diese Argumentation ist grundsätzlich nachvollziehbar. Sieht man sich aber die Liste im Annex 3 und 5 zu den EU-Beihilfeleitlinien an, in der die begünstigten Unternehmen aufgezählt werden, wird ersichtlich, dass dahinter eine ganz andere Motivation steht. So geht die Aufzählung von der Herstellung von Teppichen über Strumpfwaren zu Seifen, Klebstoffen, Schrauben, Matratzen, Spielwaren und Bürsten. Es fällt schwer, ein Produkt zu finden, das nicht auf der Liste vorkommt. Solche Pauschalausnahmen passen nicht in das Konzept der EU-Klimastrategie sowie einer CO2- neutralen Wirtschaft. Die Idee war, Wirtschaftszweige, deren Wettbewerbsposition in Anbetracht der Kosten für die Förderung Erneuerbarer Energien gefährdet wird bzw. Wirtschaftszweige mit einer hohen Handelsintensität von ihren Beiträgen zur Förderung Erneuerbarer Energien teilweise oder ganz zu befreien. Nach 10 Jahren seit Inkrafttreten der Leitlinien hat sich aber die Lage deutlich verändert. Hier bedarf es einer dringenden Reform: Ausnahmen sind nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung und nur dann zuzulassen, wenn sie die Erreichung ökologischer oder sozialpolitischer Zielsetzungen unterstützen oder wenn es nachweislich massive Wettbewerbsnachteile energieintensiver Industriezweige gegenüber Drittstaaten gibt.

Anschubinvestitionen statt Beihilfentropf

Betriebsbeihilfen beseitigen de-facto das Marktrisiko, weshalb wenige Anreize bestehen, netzdienlich zu agieren, also für die Aufrechterhaltung der kontinuierlichen Stromversorgung tätig zu werden.

Betriebsbeihilfen mögen für die Umstellung auf erneuerbare Energieträger in der Anfangsphase sinnvoll und gerechtfertigt gewesen sein. Nach fast 30 Jahren bedarf es jedoch einer Überprüfung bzw. Neuausrichtung. Die Regel müssen Investitionszuschüsse und wettbewerbliche Ausschreibungen sein. Sie bewirken einen höheren Anreiz, sich an Strommarktsignalen zu orientieren. Hierbei ist bei der Gestaltung von Ausschreibungen darauf zu achten, dass damit tatsächlich die Nachteile von Betriebsbeihilfen – also laufende, fixe Zuschüsse – vermieden werden. Denn Betriebsbeihilfen beseitigen de-facto das Marktrisiko, weshalb wenige Anreize bestehen, netzdienlich zu agieren, also für die Aufrechterhaltung der kontinuierlichen Stromversorgung tätig zu werden. Betriebsbeihilfen sollten deshalb nur in begründeten Ausnahmen möglich sein.

Für Zukunftstechnologien sollten Subventionen daher zielgerichtet in Form von Anschubfinanzierung erfolgen, insbesondere für:

  • erneuerbaren Wasserstoff;
  • erneuerbare Fernwärme und Kälte;
  • Energieeffizienz in sozialen Wohnbauten;
  • Forschung und Entwicklung betreffend „Carbon Capture and Storage“ (Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff) sowie CO2-Abscheidung und -Verwendung (Carbon Capture and Utilisation, CCU).

Eine Studie von Johann Baumgartner und Johannes Schmidt (2018)[3] zeigt auf, wie Ausschreibungsdesign und Rahmenbedingungen aussehen sollten.

„Sozialbonus“ statt „grünen Bonus“

Die EU-BürgerInnen sehen sich nicht nur mit den Folgen der Corona-Pandemie, Arbeitslosigkeit und Energiearmut konfrontiert, sondern sie müssen auch mit den Folgen der Klimakrise und der damit erforderlichen Transformation ganzer Wirtschaftszweige und des Energiesystems fertig werden. Um zu einer CO2-neutralen Wirtschaft zu kommen, schlägt die Europäische Kommission die Einführung eines „grünen Bonus“[4] vor. Das ist aus Sicht der AK nicht der richtige Weg, wie wir in der Folge aufzeigen.

Um einen fairen Übergang sicherzustellen, bedarf es eines „sozialen Bonus“ im Beihilfenrecht. Die Schaffung bzw. der Erhalt von nachhaltigen und hochwertigen Arbeitsplätzen muss mit einer höheren Beihilfenintensität belohnt werden können. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit sollte im Sinne eines gerechten Übergangs („just transition“) besonderes Augenmerk auf die Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose und Jugendliche gelegt werden, aber auch auf jene Beschäftigte, die durch den Ausstieg aus fossiler Energie negativ betroffen sind. Hingegen erscheint die Idee eines „grünen Bonus“ als wenig zielführend. Denn die Vermeidung negativer Umweltauswirkungen sollte vorrangig mit Ordnungsrecht, also mit gesetzlicher Regulierung, und nicht durch Wettbewerbspolitik gelöst werden. Diverse Auflagen sowie Ge- und Verbote wie z. B. im Bereich des Umweltschutzes, des Schutzes der biologischen Vielfalt, der Steigerung der Energieeffizienz oder im Bereich der Kreislaufwirtschaft müssen für alle gelten und sollten nicht im Einzelfall mit Beihilfen an Unternehmen belohnt werden. Der Anwendungsbereich für einen „grünen Bonus“ erscheint auch deshalb als äußerst fragwürdig, weil zusätzliche Beihilfeprogramme, die über ökologische Schutzniveaus oder Umweltstandards hinausgehen, schon nach den bisherigen Beihilfeleitlinien genehmigungsfähig sind.

Was einen möglichen weiteren Anreiz durch einen „grünen Bonus“ anbelangt, so zeigen Erfahrungen, dass die Begründung für Ausnahmen zu einer differenzierten (und oft technisch komplizierten) Ausgestaltung von Förderungen führt, die im Endergebnis eine Überförderung bewirken können.

Jeder Beihilferahmen bzw. jedes Beihilfeprojekt sollte dem Prinzip ‚Vorrang für Energieeffizienz‘ folgen.

Statt eines „grünen Bonus“ sollte die Steigerung der Energieeffizienz einen zentralen Stellenwert einnehmen. Denn nur wenn es gelingt, den Energieverbrauch nachhaltig zu senken, können die Energie- und Klimaziele erreicht werden. Jeder Beihilferahmen bzw. jedes Beihilfeprojekt sollte daher dem Prinzip „Vorrang für Energieeffizienz“ folgen. Eine Nichteinhaltung dieses Prinzips hätte eine Kürzung der Beihilfenintensität zur Folge bzw. würde die Beihilfefähigkeit des Projekts in Frage stellen.

Keine versteckte Industriepolitik – Grundsatz des Verursacherprinzips

In Europa steigen die Kosten für eine sichere Stromversorgung stark an. Einerseits betreffen diese den Ausbau neuer Netze, andererseits müssen immer öfter Maßnahmen getroffen werden, um die Netzstabilität zu gewährleisten (Redispatch[5]). Zur Entlastung der Großverbraucher von Strom gehen viele Mitgliedstaaten daher dazu über, einen Rabatt auf die Netzentgelte zu gewähren. So befreit beispielsweise Deutschland seine energieintensive Industrie von der Bezahlung von Stromnetzkosten im Ausmaß von 80 % bis 90 %. Das führt zu massiven Wettbewerbsverzerrungen zwischen Mitgliedstaaten bis hin zu Arbeitsplatzverlagerungen, sowie zu negativen ökologischen Fehlanreizen. Denn je mehr Strom ein Industrieunternehmen in Deutschland jährlich verbraucht, desto höher ist dessen Befreiung von den Netzentgelten. Derzeit ist das leider eine legale Vorgehensweise, weil die EU-Kommission die Maßnahme als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansieht[6]. Gleichzeitig müssen andere NetznutzerInnen, wie Gewerbebetriebe und private Haushalte, entsprechend höhere Kosten tragen.

Um solchen Fehlanreizen, also dem Wettbewerb um die niedrigsten Netzentgelte zwischen den Mitgliedstaaten, entgegenzuwirken, wäre in den zukünftigen Beihilfeleitlinien restriktivere Regeln, die derzeit fehlen, für solche Ausnahmen von der Finanzierung der Netzentgelte festzulegen.

Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie und Politik gegenüber Drittstaaten

Um die EU-Klimaziele zu erreichen, müssen – gemäß der Unternehmensberatung McKinsey („Net Zero“- Studie[7]) – jährlich rund 1.000 Milliarden Euro investiert werden. Darin wird auch kritisiert, dass 800 Milliarden Euro auf Investitionen entfallen, die heute bereits getätigt werden – allerdings noch in kohlenstoffintensive Technologien wie Gas-Heizungen oder Dieselzugmaschinen – und diese Mittel zukünftig in CO2-arme Anwendungen umgelenkt werden müssten.

Aus dieser Perspektive sind auch die Forderungen der europäischen Industrie, allen voran die Großverbraucher von Strom, zu betrachten. Während die EU-Kommission zum Schutz der europäischen Industrie vor Billigimporten aus „Schmutzländern“ Importzölle unter dem euphemistischen Titel „Carbon Border Adjustment“[8] (CO2-Grenzausgleichsmechanismus) andenkt, fürchtet die EU-Industrie Gegenmaßnahmen von den betroffenen Drittstaaten. Dem ist in Form von bi- oder multilateralen Klimaverträgen gegenzusteuern, indem mit den wichtigsten EU-Handelspartnern die Art der Berechnung und das Verfahren für den Ausgleichsmechanismus festgelegt werden. Schließlich darf nicht vergessen werden, dass sich auch China einer ambitionierten Klimaneutralitätsstrategie verschrieben hat. Das Land hat sich das Erreichen der Treibhausgasneutralität bis 2060 zum Ziel gesetzt, wodurch der Carbon Border Adjustment-Mechanismus (CBAM) gegenüber China dann nicht mehr wirksam wäre.

Die Europäische Industrie schlägt als Gegenkonzept die Einführung von Carbon Contracts for Difference[9] (CCfD) vor. Dieser Mechanismus wird beispielsweise in Großbritannien praktiziert und wurde von der EU-Kommission bereits genehmigt. Wesentliches Element ist dabei, dass die Großverbraucher von Strom gegen Schwankungen des CO2-Preises abgesichert werden. Investitionen in klimafreundliche Projekte lohnen sich für die energieintensive Industrie meist nur, wenn der CO2-Preis in Zukunft hoch ist, was aber unsicher ist. Mit einem CCfD wird ein bestimmter CO2-Preis durch den Staat garantiert. Liegt nun der tatsächliche CO2-Preis unter dem vertraglich garantierten CO2-Preis, so erhält das Unternehmen die Differenz aus staatlichen Mitteln. Umgekehrt: Ist der CO2-Preis höher als der Vertragspreis, muss das Unternehmen diese Differenz an den Staat zurückzahlen. Die Schwierigkeit dabei liegt in der richtig kalibrierten Festlegung des Vertragspreises für CO2, um Überförderung zu vermeiden. Insbesondere bei negativen Strompreisen sollte ein Differenzausgleich ausgeschlossen werden. Diese Schwachstelle der CCfD müsste durch eine transparente, nachvollziehbare und damit auch überprüfbare Festlegung des Vertragspreises begegnet werden. Wichtig für dieses System wäre jedenfalls ein funktionierender Emissionshandel mit klaren Preissignalen.

Europäisches Zusammenrücken und Ausblick

Langfristiges Ziel sollte jedoch eine Zusammenarbeit bei Finanzierung und Umsetzung von Erneuerbaren-Energieprojekten sein.

In der Europäischen Union stehen zahlreiche unterschiedlich ausgestattete Förderprogramme, abhängig von der Finanzkraft der Mitgliedstaaten, nebeneinander. Langfristiges Ziel sollte jedoch eine Zusammenarbeit bei Finanzierung und Umsetzung von Erneuerbaren-Energieprojekten sein. Die EU-Kommission hat dafür bereits einen neuen Mechanismus zur grenzüberschreitenden Förderung eingerichtet (Governance-System für die Energie-Union).

Ab Anfang 2021 soll er die Mitgliedstaaten unterstützen, bei der Finanzierung und Umsetzung von Erneuerbaren-Energieprojekten zusammenzuarbeiten. EU-Staaten können dann freiwillige Finanzbeiträge in den von der EU-Kommission verwalteten Mechanismus einzahlen. Dieses Geld soll in die kosteneffizientesten Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien in der gesamten EU fließen. Der Mechanismus könnte einen wertvollen Beitrag leisten, die Erzeugung Erneuerbarer Energien kosteneffizienter zu gestalten. Um die EU-BürgerInnen bei der Umgestaltung der Energieerzeugung mitzunehmen, muss uns eine Änderung „by design“ statt „by desaster“ gelingen: Vorrang von Energieeffizienz, Durchsetzung des Verursacherprinzips, ein „sozialer Bonus“ sowie eine faire Kostenverteilung zwischen Haushalten und der energieintensiven Industrie.

[1] Mitteilung der Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (2014/C 200/01), https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52014XC0628(01)&from=EN

[2] Plank, L., Doan, N. (2019), Verbrauch- und Kostenverteilung im österreichischen Stromsektor (Kurzstudie), Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien (AK Wien), https://www.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/wirtschaft/energiepolitik/Power_Burden_2019.pdf

[3] Baumgartner, J., Schmidt, J. (2018), Die Neugestaltung des österreichischen Fördersystems für erneuerbaren Strom, Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien (AK Wien), https://www.arbeiterkammer.at/service/presse/FoerdersystemErneuerbare_Schmidt-Baumgartner-BOKU-AK_092018.pdf

[4] Siehe: https://ec.europa.eu/competition/information/green_deal/call_for_contributions_en.pdf

[5] Siehe: https://www.apg.at/de/Energiezukunft/Redispatch

[6] Beschluss der Kommission vom 28.5.2018 über die staatliche Beihilfe SA.34045 (2013/C) (ex 2012/NN) Deutschlands für Bandlastverbraucher nach Paragraph 19 StromNEV: https://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/247905/247905_2014228_595_3.pdf

[7] McKinsey & Company (2020), How the European Union could achieve net-zero emissions at net-zero costs, https://www.mckinsey.de/news/presse/2020-12-03-net-zero-europe#

[8] Legislative Train Schedule, A European Green Deal: Carbon Border Adjustment Mechanism as part of the European Green Deal / Before 2021-7, https://www.europarl.europa.eu/legislative-train/theme-a-european-green-deal/file-carbon-border-adjustment-mechanism

[9] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020), Was sind eigentlich Carbon Contracts for Difference? https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2020/12/Meldung/direkt-erklaert.html

ISSN 2305-2635
Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die die Autorinnen arbeiten, überein.

Schlagwörter

Umwelt- und Klimaschutz, Energie- und Umweltschutzbeihilfe, EU-Beihilfeleitlinien, Erneuerbare Energie, Energieeffizienz, Green Deal, Sozialbonus, Grüner Bonus, CO2-Granzausgleichsmechanismus, Carbon Contracts for Difference

Zitation

Herzele, D., Wixforth, S. (2021). Förderungen von Erneuerbaren Energien: Nagelprobe für eine klimafreundliche EU. Wien. ÖGfE Policy Brief, 07’2021

Mag. Dorothea Herzele

Mag. Dorothea Herzele, Betriebswirtin, ist Energieexpertin in der wirtschaftspolitischen Abteilung in der Bundesarbeitskammer Österreich.

Mag. Susanne Wixforth

Mag. Susanne Wixforth, Wirtschaftsjuristin, ist Referatsleiterin der Abteilung für internationale und europäische Gewerkschaftspolitik des Deutschen Gewerkschaftsbundes. Sie begann ihre Karriere bei der österreichischen Arbeiterkammer und arbeitete u. a. für die Generaldirektion Wettbewerb der EU, die kroatische Wettbewerbsbehörde und das österreichische Bundesverwaltungsgericht.