Das Pariser Klimaschutzabkommen vor der ersten Bewährungsprobe – was jetzt zu tun ist

Handlungsempfehlungen

  1. Wer sich zum Paris-Abkommen bekennt, muss sich jetzt auch an der dynamischen Anpassung seiner Beiträge beteiligen, sonst droht ein geräuschloses Scheitern.
  2. Der EU kommt in diesem Prozess entscheidende Bedeutung zu. Will sie die treibende Kraft in den Verhandlungen bleiben, muss sie auch bei der Nachbesserung der Klimaschutzpläne den Takt angeben und andere motivieren, nachzuziehen.
  3. Österreich sollte sich konstruktiv daran beteiligen und seine Rolle als EU-Vorsitzland in der zweiten Hälfte 2018 dazu nutzen, auf einen echten Erfolg bei der nächsten Klimakonferenz in Polen hinzuarbeiten. Davor sollte auch die eigene Klima- und Energiepolitik neu aufgestellt werden.

Zusammenfassung

Das Klimaschutzabkommen von Paris steht vor seiner ersten großen Bewährungsprobe. Die Umsetzung tritt jetzt in die nächste und entscheidende Phase, der angekündigte Austritt von Donald Trump fordert die Entschlossenheit vom Rest der Welt heraus. Es reicht nicht, formal zum Abkommen und den eigenen Zusagen zu stehen, es geht jetzt um Nachbesserungen. Denn diese regelmäßigen Nachbesserungen der nationalen Klimaschutzpläne sind der eigentliche Kern des Pariser Abkommens. Dass Verbesserungen dringend notwendig sind, zeigen internationale Berichte klar und deutlich. Mit den derzeitigen Plänen wird das Ziel, die globale Erwärmung auf 1,5 °C einzudämmen, verfehlt, selbst die 2 °C-Grenze kann so nicht eingehalten werden. Wir steuern auf 3 °C Erwärmung zu, mit allen katastrophalen Konsequenzen, die das bedeuten würde. Es braucht eine Erneuerung der “Ambition Coalition”, die sich in Paris für starke Ziele eingesetzt hat. Die EU soll diese „Ambition Coalition“ anführen, muss dabei aber auch bei den Umsetzungsschritten zum 2030-Paket glaubwürdige Voraussetzungen schaffen und zuallererst Widersprüche in der eigenen EU-Klima- und Energiepolitik aufarbeiten. Österreich sollte sich konstruktiv daran beteiligen und seine Rolle als EU-Vorsitzland in der zweiten Hälfte 2018 dazu nutzen, auf einen echten Erfolg bei der nächsten Klimakonferenz in Polen hinzuarbeiten. Davor sollte auch die eigene Klima- und Energiepolitik neu aufgestellt werden.

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Das Pariser Klimaschutzabkommen vor der ersten Bewährungsprobe – was jetzt zu tun ist

Einleitung

Als das Pariser Klimaschutzabkommen im Jahr 2015 abgeschlossen wurde, hat es viele überrascht, dass ein globales Abkommen überhaupt zustande gekommen ist. Es wird nach wie vor als Trendwende im Kampf gegen die drohende Klimakrise angesehen und steht jetzt vor einer ersten großen Bewährungsprobe. Es ist abzusehen, dass es eine deutliche Stärkung der Bemühungen brauchen wird, um die Ziele des Abkommens zu erreichen, denn mit der Ratifizierung ist die Arbeit nicht getan. Im Gegenteil: Das Pariser Klimaschutzabkommen stellt nicht den Endpunkt der Bemühungen um entschlossenes Vorgehen beim Klimaschutz dar, sondern den Beginn. Es ist ein Versprechen, dass die Staats- und Regierungschefs der Bevölkerung gegeben haben, zu diesem wichtigen Thema zusammenzuarbeiten. Ein Versprechen, das von Trump mittlerweile gebrochen wird. Jetzt hängt alles davon ab, wie der Rest der Welt darauf reagiert, denn die ehrgeizigen Ziele können nicht ohne mehr Anstrengung erreicht werden.

Das Pariser Klimaschutzabkommen stellt nicht den Endpunkt der Bemühungen um entschlossenes Vorgehen beim Klimaschutz dar, sondern den Beginn.

Das Abkommen sieht dabei vor, die globale Erwärmung deutlich unter zwei Grad Celsius einzudämmen und Anstrengungen zu unternehmen, sie auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Für die Umsetzung setzt man auf freiwillige Zusagen der Staaten, die diese verbindlich erklären und einen „Ambitionsmechanismus“, der den eigentlichen Kern des Abkommens bildet. Dabei sagen alle Staaten zu, transparent über ihre Fortschritte zu berichten und regelmäßig ihre Pläne nachzubessern. Es reicht also nicht, sich formal zum Abkommen zu bekennen oder zum eigenen Beitrag, den man bis jetzt zugesagt hat. Wer zum Pariser Klimaschutzabkommen steht, muss auch zu den regelmäßigen Nachbesserungen stehen. Die erste Bewährungsprobe steht jetzt an.

Erste Bewährungsprobe für das Pariser Klimaschutzabkommen

Die Zustimmung zum Abkommen ist weltweit hoch: 170 Staaten haben das Abkommen bereits ratifiziert, nach wie vor ist bei den Verhandlungen ein konstruktiver Geist zu spüren. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir nicht auf Zielkurs sind. Das UN-Umweltprogramm (UNEP) rechnet vor, dass die derzeit von den Staaten zugesagten Pläne zu einem globalen Temperaturanstieg von mehr als drei Grad führen werden.[1] Das hätte katastrophale Folgen für das Leben auf der Erde. Die Botschaft ist dramatisch: Bleibt es bei den bisherigen Zusagen, dann würden schon bis zum Jahr 2030 so hohe Emissionen anfallen, dass bereits ein globaler Temperaturanstieg um 1,5 °C ausgelöst würde. Das CO2-Budget, das weltweit zur Einhaltung der 2°C-Grenze noch zur Verfügung steht, wäre dann bereits zu 80 Prozent aufgebraucht. Da auch danach die Emissionen nicht sofort auf null fallen werden, wäre damit auch die Einhaltung dieser Grenze de facto außer Reichweite. In den nächsten zehn Jahren entscheidet sich somit das Schicksal der weltweiten Bemühungen im Kampf gegen die Klimakrise. Die UNEP sieht dafür eine Überarbeitung aller Klimaschutzpläne bis spätestens 2020 als notwendig an, damit es noch gelingen kann, diese Lücke kosteneffizient zu schließen. Die wichtigsten Schlüsseltechnologien bzw. Wege für eine Schließung der „Klimaschutzlücke“ sind bekannt: Solar- und Windenergie, effizi
entere Geräte, der Einsatz von verbrauchsarmen Fahrzeugen, Aufforstung und der Stopp der Entwaldung. Die Möglichkeiten sind vorhanden, die Staatengemeinschaft steht aber durch den angekündigten Ausstieg der USA aus dem Klimaschutzabkommen vor einer neuen Situation.

Die wahre Bedeutung des US-Ausstiegs aus dem Pariser Klimaschutzabkommen

Vor diesem Hintergrund bekommt die Ankündigung des US Präsidenten Donald Trump aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen eine neue Bedeutung. Dass die Trump-Administration alles tut, um die Klimaschutzbemühungen von Obama zunichte zu machen und das Paris-Abkommen am liebsten aufschnüren und neu verhandeln würde, ist bekannt. Dass sich in den USA eine Gegenbewegung geformt hat, die unter dem Hashtag #wearestillin (“wir sind noch dabei”) auf Ebene der Bundesstaaten und der Städte umso entschlossener für Klimaschutz engagiert, ist begrüßenswert. Dass sich diese Bewegung bei der Klimakonferenz in Bonn selbstbewusst präsentiert, zeigt auch, dass die Strahlkraft des Pariser Klimaschutzabkommens weit über die formale Bedeutung hinausgeht. Die weltweit praktisch geschlossene Reaktion anderer Staaten, sich zum Paris-Abkommen zu bekennen und die Ablehnung aller Versuche der USA, das Paket neu zu schnüren, ist vor diesem Hintergrund ebenso erfreulich. Dennoch muss die Ernsthaftigkeit dieses Bekenntnisses jetzt neu bewiesen werden.

Ein rein formales Bekenntnis zum Paris-Abkommen reicht für gute Presse und für eine Abgrenzung zur Trump-Administration. Es reicht aber nicht aus, um das Versprechen des Klimaschutzabkommens von Paris einzulösen.

Wer sich zum Paris-Abkommen bekennt, muss sich jetzt auch an der dynamischen Anpassung seiner Beiträge beteiligen, sonst droht ein geräuschloses Scheitern. Geräuschlos deshalb, weil die Öffentlichkeit kaum über die detaillierten Mechanismen im Bilde ist, deren Rädchen jetzt zu laufen beginnen. Ein rein formales Bekenntnis zum Paris-Abkommen reicht für gute Presse und für eine Abgrenzung zur Trump-Administration. Es reicht aber nicht aus, um das Versprechen des Klimaschutzabkommens von Paris einzulösen. Denn dieses Versprechen beinhaltet laufende Nachbesserungen. Bis jetzt gibt es aber kaum öffentliche Aussagen auf der politischen Ebene, die Zusagen nach oben anzupassen, genau diese Bereitschaft braucht es aber nun. Bereits heute ist klar, dass die destruktive Klimapolitik von Donald Trump verhindern wird, dass es ein Vorgehen im Gleichklang unter allen Staaten geben wird. Zumindest dann nicht, wenn zeitgerecht nachgebessert werden soll. Die internationalen Prozesse dazu laufen jetzt an. In Bonn wurde der sogenannte „Talanoa-Dialog“ gestartet. Er ist nach einer Diskussionsform auf den Fidschi-Inseln benannt, die den Vorsitz bei der Klimakonferenz in Bonn führten und wird das ganze Jahr 2018 über laufen. Dieser Dialog soll die Verbesserung der nationalen Klimaschutzbeiträge vorbereiten. Er leitet damit die erste große Belastungsprobe für das Klimaschutzabkommen von Paris ein. Damit diese Belastungsprobe bestanden werden kann, braucht es das Verständnis, auch ohne die USA in die nächste Phase einzutreten.

Die entscheidende Rolle der EU

Der EU kommt in diesem Prozess entscheidende Bedeutung zu. Zum einen findet die nächste Klimakonferenz in Polen unter dem Vorsitz eines EU-Landes statt. Es wird eine wichtige Konferenz, da dort bereits das Regelwerk für das Abkommen beschlossen werden soll und der „Talanoa-Dialog“ zur Nachbesserung der Klimaschutzpläne auf eine politische Ebene gehoben wird. Beide Verhandlungsstränge sind entscheidend für die Wirksamkeit des Pariser Klimaschutzabkommens. Weiters ist die EU ein wichtiger Verbinder zu den Entwicklungsländern bis hin zu den kleinen Inselstaaten und sieht sich als Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise. Will die EU treibende Kraft in den Verhandlungen bleiben, muss sie auch bei der Nachbesserung der Klimaschutzpläne den Takt angeben und andere motivieren, nachzuziehen. Es ist Zeit für eine Neuauflage der „Ambition Coalition“, die sich während der Klimakonferenz von Paris erfolgreich für ehrgeizige Ziele eingesetzt hat.

Es ist Zeit für eine Neuauflage der „Ambition Coalition“, die sich während der Klimakonferenz von Paris erfolgreich für ehrgeizige Ziele eingesetzt hat.

Innerhalb der EU kommt den Entscheidungen zur Umsetzung der 2030-Ziele entscheidende Bedeutung zu. Sie können bereits den Grundstein für mehr Ambition legen und müssen daher nicht nur den „Pledge“ berücksichtigen, den die EU in Paris abgegeben hat, sondern auch der dynamischen Anpassung nach oben gerecht werden, die den Kern des Pariser Klimaschutzabkommens ausmacht. Die Voraussetzungen für ambitionierte Klimapolitik in der EU sind gut. Bereits im Jahr 2015 lagen die Emissionen um 22% unter dem Niveau von 1990.[2] Damit ist das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20% bis 2020, bereits Jahre zuvor erreicht worden. Doch auf dem Erreichten darf man sich nicht ausruhen, zumal die Ziele weit weg von den Anforderungen liegen.

Das Europäische Parlament scheint die Notwendigkeit von Nachbesserungen derzeit am besten verstanden zu haben und greift das Thema auch deshalb aktiv auf, weil immer mehr Arbeitsplätze daran hängen und ein prosperierender Wirtschaftszweig im Entstehen ist. Mehr als 4,2 Mio. EU-BürgerInnen arbeiten mittlerweile in verschiedenen Branchen der Umweltwirtschaft, die auch während der Krisenjahre weiter gewachsen ist. In der Resolution zur Klimakonferenz in Bonn (COP23) fordert das EU-Parlament, dass die Staaten ihre nationalen Klimaschutzbeiträge bis zum Jahr 2020 nachbessern sollen und die EU selbst wird aufgerufen, nach dem „Facilitative Dialogue“ (=Talanoa Dialog) im Jahr 2018, ihre 2030-Ziele zu erhöhen. Gleichzeitig sollen auch andere Staaten motiviert werden, Schritte in die gleiche Richtung zu setzen.[3] Dass dies auch für die EU dringend notwendig ist, verdeutlichen aktuelle Studien.

So zeigt eine Studie der Tyndall University und der Teeside University im Auftrag von Friends of the Earth Europe, dass die derzeitigen 2030-Ziele der EU „jede akzeptable Interpretation von Gerechtigkeit außen vor lassen“. Aktuell verfolgt die EU das Ziel, ihre Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu verringern. Die Studienautoren berücksichtigen in ihrer Analyse Fairnessüberlegungen und das weltweit verfügbare CO2-Budget für die Erreichung der Pariser Klimaschutzziele. Will man das weltweite CO2-Budget für die Unterschreitung der zwei Grad-Grenze nicht überstrapazieren, müssten nach den Studienautoren Kevin Anderson und John Broderick deutlich höhere Minderungsziele innerhalb der EU vereinbart werden, fossile Energie dürfte im Energiesystem ab 2035 keine wesentliche Rolle mehr spielen und von der Förderung neuer fossiler Energiereserven ist kategorisch Abstand zu nehmen, inklusive der Erschließung neuer Gasreserven. Weltweit müssen mehr als zwei Drittel der Energiereserven im Boden bleiben.[4]

Von Entwicklungen in dieser Größenordnung ist die EU-Klima- und Energiepolitik weit entfernt, zuallererst sollte mit Widersprüchen in der EU-Energiepolitik aufgeräumt werden. Nur wenige Tage nach der Klimakonferenz in Bonn präsentierte EU-Klimakommissar Cañete die aktuelle Liste der „Projects of Common Interests“ (PCI)[5]. Nahezu jedes dritte Vorhaben ist ein Gasprojekt. Die Projekte auf der Liste sollen zügig umgesetzt werden, obwohl der Kommissar selbst auf Nachfrage einräumte, dass das Risiko von „stranded investments“ besteht.[6] Diese Fehlinvestitionen in fossile Infrastruktur können in letzter Konsequenz die EU-BürgerInnen noch teuer zu stehen kommen, wenn fossile Energien nach dem Umbau des Energiesystems nicht mehr gebraucht werden. Die EU mu
ss eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens spielen, eine glaubwürdige Umsetzung innerhalb der EU ist die Grundlage dafür.

Die besondere Rolle Österreichs im Jahr 2018

Österreich kann innerhalb der EU einen wichtigen Beitrag zum Gelingen der Bemühungen leisten. Im Jahr 2018 kommt Österreich dabei eine besondere Rolle zu, weil es in der zweiten Hälfte des Jahres den Ratsvorsitz hat und damit in einer entscheidenden Phase eine wichtige Koordinierungsfunktion innerhalb der EU einnehmen wird. Besonders wichtig wird diese Funktion, wenn im Dezember 2018 die Klimakonferenz in Kattowice in Polen (COP24) stattfindet. Diese soll zu wichtigen Ergebnissen um das „Paris Rulebook“ und den „Talanoa Dialog“ kommen. Das stellt eine große Aufgabe für Österreich dar und bietet auch die Chance, die Klima- und Energiepolitik im Inland neu zu ordnen. Hier ist dringender Handlungsbedarf gegeben.

Laut der Europäischen Umweltagentur gehört Österreich neben Belgien, Finnland, Deutschland, Irland, Luxemburg und Malta zu den sieben Ländern in der EU, die ihre 2020-Klimaziele ohne zusätzliche Maßnahmen verfehlen werden.

Denn bei der Klimabilanz schneidet Österreich schlecht ab. Der Klimaschutzbericht des Umweltbundesamts für 2017 zeigte einen deutlichen Anstieg der Treibhausgasemissionen um 3,2 % oder 2,5 Mio. Tonnen CO2.[7] Es ist kein gutes Zeichen, wenn zwei Jahre nach dem Abschluss des Klimaschutzabkommens von Paris keine besseren Nachrichten zu vermelden sind. Der aktuelle Fortschrittsbericht der Europäischen Umweltagentur (EEA) legt nach und zeigt für Österreich einen negativen Ausblick bis 2020. Laut EEA gehört Österreich neben Belgien, Finnland, Deutschland, Irland, Luxemburg und Malta zu den sieben Ländern in der EU, die ihre 2020-Klimaziele ohne zusätzliche Maßnahmen verfehlen werden.[8] Diese negative Bilanz schlägt sich wiederum auch im Klimaschutzindex der Umweltschutzorganisation Germanwatch nieder, wo man mit dem 35. Platz von 60 unter den „low performern“ eingeordnet wird.[9] Die hohen Emissionen führen dazu, dass Österreich seinen fairen Anteil am globalen CO2-Kuchen rasch konsumiert.

Wie rasch, zeigt eine aktuelle Studie aus Graz. Karl Steininger und Lukas Meyer vom Wegener Center für Klima und globalen Wandel der Universität Graz haben im Auftrag der Initiative “Mutter Erde” das globale Kohlenstoffbudget auf Österreich heruntergebrochen. Das Ergebnis: Für den Zeitraum von 2017 bis 2050 bleibt noch ein CO2-Budget von 1.000 bis 1.500 Mio. Tonnen übrig, je nachdem wie strikt Fairnessüberlegungen ausgelegt werden. Selbst im großzügigsten Fall wäre dieses Budget bei Beibehaltung bestehender Emissionsniveaus in weniger als 20 Jahren völlig aufgebraucht. Eine umfassende und rasch einsetzende Transformation ist notwendig, schließen die Autoren.[10] Dass diese Transformation auch möglich ist, zeigt wiederum die Studie „Energie- und Klimazukunft Österreich“ im Auftrag von GLOBAL 2000, WWF und Greenpeace.[11] Dafür müssen aber in allen Bereichen rasche und wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Diese müssen jetzt durch die neue Bundesregierung in die Wege geleitet werden, um auch die wirtschaftlichen Chancen nützen zu können.

Derzeit sind etwa 70.000 Menschen in Österreich im Bereich erneuerbarer Energien, Energieeffizienz oder Umwelttechnik beschäftigt. Bei ambitionierter Umsetzung könnten es in wenigen Jahren bereits doppelt so viele sein.

Derzeit sind etwa 70.000 Menschen in Österreich im Bereich erneuerbarer Energien, Energieeffizienz oder Umwelttechnik beschäftigt. Bei ambitionierter Umsetzung könnten es in wenigen Jahren bereits doppelt so viele sein. Die BürgerInnen werden dann selbst zu Energieproduzenten und Österreich kann sich insgesamt unabhängiger von fossilen Energieimporten machen. Etwa 10 Mrd. Euro werden derzeit pro Jahr für fossile Energieimporte aufgewendet.[12] Diese Chancen erkennen immer mehr Unternehmen im Land. Die Rufe aus der Wirtschaft nach mehr Ambition beim Klimaschutz werden deshalb lauter. So folgten 256 Unternehmen einem Aufruf von GLOBAL 2000 und WWF und richteten einen dringenden “Appell der Wirtschaft für Klimaschutz und Energiewende” an die kommende Bundesregierung.[13] Sie stehen für einen Umsatz von 46 Mrd. Euro und 275.000 MitarbeiterInnen. Gefordert wird eine verbindliche Klima- und Energiestrategie für den Ausstieg aus fossiler Energie bis spätestens 2050, 100 Prozent Ökostrom bis 2030, ein Aktionsplan für saubere Mobilität, ein Maßnahmenpaket für thermisch-energetische Sanierung und eine Optimierung des Steuersystems, das fossile Energieträger stärker belastet, während der Faktor Arbeit und Investitionen der Wirtschaft in die Energiewende entlastet werden sollen. Das umreißt im Wesentlichen die Aufgabe, die vor uns steht. Die “Ambition Coalition” muss wiederbelebt werden. Sie sollte in der EU ihren Ausgang nehmen und Österreich sollte dabei konstruktiv mitwirken. Sowohl in der EU als auch in Österreich bildet eine eigenständige glaubwürdige Klima- und Energiepolitik die Grundlage für engagiertes Auftreten auf der internationalen Bühne. Es gibt viel zu tun.

Handlungsempfehlungen für Österreich:

  • Eine rechtlich verbindliche Gesamtstrategie für den Energie- und Klimabereich zum vollständigen Ausstieg aus fossiler Energie bis 2050 mit verbindlichen Zwischenschritten und jährlichem Monitoring.
  • Eine Reform des Ökostromgesetzes mit dem Ziel 100 % saubere Energie für Österreich bis 2030 zur Verfügung zu stellen (bilanziell).
  • Ein Aktionsplan für saubere Mobilität in Österreich, der den öffentlichen Verkehr attraktiviert und der E-Mobilität zum Durchbruch verhilft.
  • Ein Maßnahmenpaket für nachhaltige Wärme mit dem Ziel, die thermisch-energetische Sanierungsrate auf mindestens 3 % zu heben und die Belastung durch fossile Heizsysteme zu beenden.
  • Ein neues Programm für Energieeffizienz und Energiesparen mit dem Ziel den Endenergieverbrauch innerhalb der kommenden Legislaturperiode deutlich zu senken.
  • Eine Optimierung des Steuersystems für die Energiewende. Ziel ist ein Steuer- und Abgabensystem, das aufkommensneutral fossile Energieträger stärker belastet, während der Faktor Arbeit und Investitionen der Wirtschaft in die Energiewende entlastet werden.

Artikelbeschreibung

[1]      Vgl. UNEP (2017): Emissions Gap Report: https://wedocs.unep.org/bitstream/handle/20.500.11822/22070/EGR_2017.pdf

[2]      Vgl. European Environment Agency (2017): Trends and Projections in Europe 2017

[3]      Vgl. European Parliament (2017): European Parliament resolution of 4 October 2017 on the 2017 UN Climate Change Conference in Bonn, Germany (COP23) (2017/2620(RSP))

[4]      Vgl. Kevin Anderson, John Broderick (2017): Erdgas und Klimawandel. Deutsche Zusammenfassung.

[5]      Vgl. https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/annex_to_pci_list_final_2017_en.pdf

]      Vgl. Brussels today (2017): EU still giving gas projects ‘fast-track’ status. 24. 11. 2017

[7]      Vgl. Umweltbundesamt (2017): Klimaschutzbericht 2017

[8]      Vgl. European Environment Agency (2017): Trends and Projections in Europe 2017

[9]      Vgl. Germanwatch (2017): Klimaschutzindex 2018

[10]     Vgl. Karl Steininger, Lukas Meyer (2017): Das Treihbausgas-Budget für Österreich

[11]      Vgl. Andreas Veigl im Auftrag von GLOBAL 2000, Greenpeace und WWF (2017): Energie- und Klimazukunft Österreich: Szenario für 2030 und 2050: https://www.wwf.at/de/energiezukunft-oesterreich/

[12]    Vgl. BMWFW (2016): Energiestatus 2016

[13]     Vgl. Appell der Wirtschaft für Klimaschutz und Energiewende: https://www.global2000.at/klimaschutzappell

ISSN 2305-2635

Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die der Autor arbeitet, überein.

Zitation

Wahlmüller, J. (2017). Das Pariser Klimaschutzabkommen vor der ersten Bewährungsprobe – was jetzt zu tun ist. Wien. ÖGfE Policy Brief, 24’2017

Johannes Wahlmüller

Mag. Johannes Wahlmüller ist Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000. Seit 2010 arbeitet er bei GLOBAL 2000 und ist in dieser Funktion Mitglied im Nationalen Klimaschutzkomitee, das die Bundesregierung in Klimafragen berät. Davor war er zwei Jahre beim Umweltdachverband Klima- und Energiereferent. Er studierte Sozialwirtschaft in Linz und „Renewable Energy in Central and Eastern Europe" an der TU Wien.