Die Ukraine-Krise und die Beziehungen zwischen der EU und Russland

Handlungsempfehlungen

  1. Die EU muss in der Ukraine-Krise klar und deutlich zu ihren Werten stehen. Andernfalls droht sie sich unglaubwürdig zu machen.
  2. Ein Programm zur Reduzierung der Abhängigkeit von russländischen Energieträgern und zur Diversifizierung der Versorgung sollte ausgearbeitet und so rasch wie möglich umgesetzt werden.
  3. Die EU sollte sich konkret überlegen, was sie im Falle des Beginns eines „Krieges“ gegen die baltischen Republiken zu tun gedenkt.

Zusammenfassung

Die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und der kurz darauf entbrannte Krieg in der ostukrainischen Region Donbass stellen die EU seit Anfang 2014 vor geopolitische Herausforderungen, auf die sie kaum vorbereitet war. Die lange vorherrschende Vorstellung von Russland als „strategischem Partner“ ist nicht mehr aufrechtzuerhalten. Stattdessen sollte sich die EU verstärkt u.a. um den Schutz besonders exponierter Mitglieder (wie der baltischen Staaten), eine Diversifizierung ihrer Erdöl- und Erdgasversorgung, die bisher zu einem signifikanten Grad von Russland abhängt, sowie eine selbstbewusstere Vertretung ihrer Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte bemühen.

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Die Ukraine-Krise und die Beziehungen zwischen der EU und Russland

Empfehlungen und Perspektiven

Einleitung

Krieg begleitet Vladimir Putins Herrschaft über Russland seit ihrem Beginn: Dem (nach 1994 – 1996) zweiten Militäreinsatz in der separatistischen nordkaukasischen Republik Tschetschenien ab Sommer 1999 hatte er eine Welle der Popularität zu verdanken, die ihn bald darauf als Nachfolger des kranken und schwachen Präsidenten Boris Jelzin in den Kreml trug; allerdings benötigte die russländische Armee dann mehrere Jahre, um den bewaffneten tschetschenischen Widerstand zu brechen. Im August 2008 marschierten russländische Truppen in Georgien ein und besetzten auch Teile von „Kerngeorgien“, d.h. Gebiete weit außerhalb der beiden separatistischen Provinzen Abchasien und Südossetien, die Moskau noch im gleichen Monat als „unabhängige Staaten“ anerkannte; damit wurden die faktischen Grenzen Georgiens mit Gewalt geändert. Die Reaktionen aus den westlichen Hauptstädten sowie aus EU und NATO auf diese klaren Völkerrechtsverletzungen sowie auf die folgende russländische Nichteinhaltung eines Friedensplanes waren sehr zurückhaltend; der Kreml hatte keinerlei negative Konsequenzen zu tragen. Ein Bericht des Außenpolitischen Ausschusses des Europäischen Parlaments befand, dass

„in reaction to and despite Russia’s violation of Georgia´s territorial integrity in 2008, the ongoing occupation of the Georgian regions of Abkhazia and Tskhinvali region/South Ossetia, and the non-fulfilment by Russia of all its obligations under the 2008 ceasefire agreement, the EU opted for an increased cooperation model as a way to continue the engagement with Russia, for their mutual benefit; whereas, rather than taking restrictive measures, a series of initiatives for deeper cooperation – such as the  common spaces, the Partnership for Modernisation, the negotiations on a New EU-Russia Agreement, and the Human Rights dialogue – have been launched or deepened.“[1]

Die EU reagierte auf Putins Politik, durch Einsatz militärischer Gewalt „Fakten zu schaffen“ nicht mit weniger, sondern sogar noch mit mehr „Kooperation“. Das hat Putin Anfang 2014 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Entscheidung, auch die Grenzen der Ukraine mit Gewalt zu verschieben, sehr erleichtert.

Mit anderen Worten: Die EU reagierte auf Putins Politik, durch Einsatz militärischer Gewalt „Fakten zu schaffen“ nicht mit weniger, sondern sogar noch mit mehr „Kooperation“. Das hat Putin Anfang 2014 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Entscheidung, auch die Grenzen der Ukraine mit Gewalt zu verschieben, sehr erleichtert: Er annektierte im März 2014 die Halbinsel Krim und entfesselte kurz darauf einen Krieg in der ostukrainischen Region Donbass. Und im Spätsommer 2015 wurde allgemein bekannt, was schon längst vermutet worden war: Moskau unterstützt den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad im seit 2011 andauernden Bürgerkrieg nicht nur politisch und diplomatisch (so mit dem Einsatz des Vetorechts im UNO-Sicherheitsrat) sowie wirtschaftlich und militärtechnisch (d.h. mit Rüstungslieferungen), sondern auch mit Militärberatern und kämpfenden Soldaten – und das, obwohl Moskau zuvor den Westen über viele Monate hinweg vor einer Unterstützung der ukrainischen Regierung gewarnt hatte, weil es „den Bürgerkrieg verschärfen“ würde.
Russland ist entschieden revisionistische Macht, die ohne Unterlass bemüht ist, die nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zerfall der Sowjetunion 1991 eingetretene weltpolitische Lage zu seinen Gunsten zu verändern – mit diplomatischen, ökonomischen, propagandistischen sowie militärischen Mitteln. Es betrachtet die Internationalen Beziehungen als „Nullsummenspiel“ – alles, was ihm (angeblich oder tatsächlich) nützt, hält es für schädlich für einen imaginierten (und fälschlicherweise weitgehend als Einheit perzipierten) „Westen“ (und umgekehrt). Das nimmt auch die Beziehungen zur EU nicht aus, die vom Konflikt in und um die Ukraine erheblich beeinflusst werden.
Der Ausgangspunkt der vorliegenden Kurzuntersuchung ist die Einsicht, dass die „Wahrheit“ über den Konflikt nicht in der „Mitte“ zwischen den offiziellen Positionen Kyivs und Moskaus liegt. Faktum ist nämlich: Moskau ist mit militärischer Gewalt gegen ein Nachbarland vorgegangen, um einen Teil von dessen Territorium an sich zu bringen und seine Teilnahme an der europäischen Integration zu be- bzw. zu verhindern. Dennoch wollen signifikante Teile der politischen und wirtschaftlichen Eliten in der EU und ihren Mitgliedsländern so rasch wie nur möglich zurück zum „business as usual“ mit Putin. Dieser weiß das natürlich – und nutzt es geschickt aus.

Einige ausgewählte Empfehlungen an die EU

In der EU beschäftigte man sich viele Jahre lang kaum mit dem Umstand, dass maßgebliche Kreise in Russland das ukrainische Volk lediglich für eine „Subethnie“ der „großen russischen Nation“ halten und der Ukraine das Recht auf Unabhängigkeit in ihren Grenzen von 1991 explizit aberkennen.

Einerseits fördere Brüssel die „europäische Integration“ Kyivs nicht nur in fast allen ihren funktionalen Programmen, sondern auch die Anpassung der ukrainischen Gesetzgebung an europäische Normen; doch andererseits verstelle „die EU der Ukraine kategorisch die Aussicht auf Mitgliedschaft, auf ihre institutionelle Integration.

Wie Winfried Schneider-Deters bereits vor den Ereignissen seit dem Winter 2013/2014 bemerkte, ist die Ukraine-Politik der EU widersprüchlich: Einerseits fördere Brüssel die „europäische Integration“ Kyivs nicht nur in fast allen ihren funktionalen Programmen, sondern auch die Anpassung der ukrainischen Gesetzgebung an europäische Normen; doch andererseits verstelle „die EU der Ukraine kategorisch die Aussicht auf Mitgliedschaft, auf ihre institutionelle Integration.“ Daraus resultiere eine „stillschweigende Anerkennung des Anspruchs Moskaus, die Ukraine ‚gehöre’ zu Russlands ‚Sphäre privilegierter Interessen“, durch die EU.[2] Zudem würde eine volle Teilhabe Kyivs am europäischen Integrationsprozess sehr wahrscheinlich dazu beitragen, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Achtung vor Menschen- und Bürgerrechten sowie die Werte einer Zivilgesellschaft zu fördern und die ukrainische Nation zu konsolidieren.

Es ist daher nicht auszuschließen, dass sich Putin irgendwann wieder auf „Abenteuer“ einlässt – und dann vielleicht sogar gegen EU-Mitglieder

Putins Russland wendet seit Februar 2014 militärische Gewalt an, um zu verhindern, dass sich das „europäische Modell“ in Osteuropa weiter – und konkret auf die Ukraine – ausbreitet. Es hat dabei keinen nennenswerten Widerstand der EU wahrgenommen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass sich Putin irgendwann wieder auf „Abenteuer“ einlässt – und dann vielleicht sogar gegen EU-Mitglieder (und zwar insbesondere die drei baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen) selbst, was der Union die wohl größte Herausforderung ihrer Geschichte bereiten würde. Doch auch selbst wenn es in den nächsten Jahren nicht dazu kommen sollte, ist die in der EU lange vorherrschende Vorstellung von Russland als „strategischem Partner“ nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Die drei baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen sind zweifellos potenziell sehr exponiert: sie sind klein und haben nur minimale eigene Kräfte, um sich militärisch selbst zu schützen; sie liegen in unmittelbarer Nähe von Stationierungsorten von erheblichem russländischen Militärpotenzial; und sie haben (mit der Ausnahme Litauens) große ethnisch russische bzw. „russischsprachige“ Minderheiten. Die EU sollte sich daher konkret überlegen, was sie im Falle des Beginns eines „hybriden Krieges“ gegen die baltischen Republiken (der morgen, aber auch erst in einigen Jahren beginnen kann; zwischen den russländischen Militärinterventionen gegen Georgien 2008 und die Ukraine 2014 verstrichen ja auch über fünf Jahre) zu tun gedenkt. Die oft gehörte Antwort, sich einen „hybriden Krieg“ gegen die Balten „einfach nicht vorstellen“ zu können, weil diese ja auch der NATO angehören, ist offenkundig unzureichend: Hätte man Fachleute für die Ukraine im Jänner 2014 befragt, ob sie sich vorstellen können, dass die Krim in einigen Wochen „russländisch“ sein wird, hätten auch fast alle mit „Nein“ geantwortet. Oder anders formuliert: Das „Undenkbare“ ist oft nur so lange „undenkbar“, bis es faktisch eintritt.

Die EU sollte klar und deutlich zu ihren Werten stehen. Andernfalls droht sich die EU unglaubwürdig zu machen.

Die Lage in und um die Ukraine schafft auch massive demokratiepolitische und Werte-Probleme: Das autoritär regierte Russland annektiert Territorium der demokratische(re)n Ukraine, stürzt deren östlichen Landesteile in einen Krieg, führt einen Wirtschafts- und Informationskrieg – und die EU, die beansprucht, demokratische Werte zu verkörpern, bleibt weitgehend passiv. Auf diese Weise macht sie sich nicht nur als Organisation unglaubwürdig, sondern erleichtert es Moskau (und anderen Diktaturen), die Werte der EU als „inhaltslose Klischees“ zu desavouieren. Die EU sollte daher klar und deutlich zu ihren Werten stehen – auch gegenüber Russland und auch und gerade in einer Zeit, in der das nicht einfach ist und viele in der EU nach „Pragmatismus“ rufen, „Verständnis angesichts der NATO-Osterweiterung“ oder einen „anderen Umgang“ mit Russland (sprich: noch mehr Nachgiebigkeit) verlangen. Andernfalls droht sich die EU unglaubwürdig zu machen – und zwar nicht nur an und für sich, sondern auch in den Augen von pro-europäisch gesinnten Menschen in der Ukraine wie auch in oppositionellen Kreisen in Russland.
Die EU sollte, schon alleine um Putins künftige wirtschaftliche Basis für neue Kriege und außenpolitische „Abenteuer“ zu schmälern, ein Programm zur Reduzierung der Abhängigkeit von russländischen Energieträgern und zur Diversifizierung der Versorgung ausarbeiten und so rasch wie möglich umsetzen. Eines von dessen Komponenten könnte der Import von verflüssigtem Erdgas (liquefied natural gas – LNG) u.a. aus den USA in die EU sein.
Von einem „Bürgerkrieg“ in der Ukraine konnte nie auch nur in Ansätzen die Rede sein – auch wenn nicht wenige in Politik und Wirtschaft der EU diese Moskauer Darstellung der Ereignisse zu gerne glauben möchten. Russland führt auch einen Wirtschaftskrieg gegen die Ukraine, der die EU nicht gleichgültig lassen kann. Sie könnte Kyiv bald noch viel mehr unterstützen „müssen“, um ihren Staatsbankrott (mit allen daraus resultierenden Konsequenzen) abzuwenden – und das zu einer Zeit, da immer neue „letzte Hilfspakete geschnürt“ werden müssen, um einen Staatsbankrott Griechenlands zu verhindern: Bei einem wirtschaftlichen Kollaps der Ukraine (von einem Zusammenbruch des ganzen Staates etwa aufgrund einer russländischen Großinvasion ganz abgesehen) würden zweifellos Millionen Personen versuchen, in eine EU zu gelangen, die bereits jetzt massive Probleme bei der Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten, Afrika, Afghanistan usw. hat.
Der EU sollte auch das Schicksal des Atomwaffensperrvertrages nicht gleichgültig sein, der durch Putins Vorgehen gegen die Ukraine insofern massiven Schaden genommen hat, als Russland (mit den USA und Großbritannien) zu den „Garantiemächten“ des Budapester Memorandums von 1994 gehört hatte, das der Ukraine gegen die Abgabe ihrer aus sowjetischen Zeiten stammenden Kernwaffen Sicherheit und unverletzliche Grenzen zugesichert hatte. Dazu Umland:

„Wenn eine Garantiemacht des internationalen Atomwaffensperrregimes [gemeint: Russland] derart demonstrativ die Unverletzbarkeit der Grenzen [der Ukraine] in Frage stellt, scheint die Nachricht an alle heutigen und künftigen Staatsführer klar: Ein eigenes atomares Abschreckungspotential ist das einzige wirksame Instrument zur nachhaltigen Sicherung politischer Souveränität.“[3]

Perspektiven

Ohne technologischen Durchbruch wird auch in der überschaubaren Zukunft die Elektrizitätsgewinnung in der EU stark von Gas abhängen, und der Straßen- und Luftverkehr dürfte auch noch 2030 in erster Linie auf Ölprodukten beruhen. Daher wird die Sicherheit der Versorgung mit diesen beiden Energieträgern für Wirtschaft und Infrastruktur der EU auf lange Sicht entscheidend sein, was auf verschiedenen Ebenen politischen Niederschlag finden sollte. Die „Russland zuerst“-Politik, welche die EU lange verfolgt hat, war offenbar unzureichend und sehr wahrscheinlich sogar kontraproduktiv für ihre Energiesicherheit: Obwohl die EU der größte Öl- und Gaskunde Russlands ist, bestimmt überwiegend Moskau die „Spielregeln“.

Die „Russland zuerst“-Politik, welche die EU lange verfolgt hat, war offenbar unzureichend und sehr wahrscheinlich sogar kontraproduktiv für ihre Energiesicherheit.

Gazprom strebt sichtlich eine Vormachtstellung in der Erdgasversorgung und den Verteilernetzwerken in Europa an. Der Bau immer neuer Gaspipelines, die die EU mit Russland verbinden (wie Nord Stream), erhöht die Versorgungssicherheit nicht nur nicht, sondern stellt sie angesichts der manifesten russländischen Aktivitäten, mit Energielieferungen Politik zu machen, in Frage. Dank der Kontrolle über die entsprechende Infrastruktur in einigen Transitländern beschränkt Russland den Marktzugang für andere potenzielle Versorger. Ohne Gegenmaßnahmen könnte die Energiesicherheit der EU lange vor 2030 weitgehend vom Wohlwollen Moskaus abhängen, was ihm übermäßigen und potenziell problematischen Einfluss auf die europäische Entscheidungsfindung nicht nur im Bereich der Energiepolitik einräumen würde.
Es dürfte aber innerhalb der EU sehr schwierig werden, sich auf ein Programm zur Reduzierung der Abhängigkeiten von russländischem Erdöl und Erdgas zu einigen. So ist die Energiepolitik zum Großteil bisher immer noch Angelegenheit der einzelnen Mitgliedstaaten, die Moskau gegeneinander ausspielen und/oder mit „individuellen“ Angeboten (d.h. bilateralen energiepolitischen Beziehungen) ködern kann. Und es gibt in der EU nicht wenige einflussreiche Lobbyisten für die (so offiziell) „Kooperation mit Russland“ (der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder ist nur der bekannteste), die gegen alles auftreten, was die EU-Abhängigkeit von Russland bei Energieträgern reduzieren könnte.
So zeichnet sich eine Strategie der EU oder auch nur einzelner ihrer Mitglieder zur Reduzierung der Abhängigkeiten von Russland nicht ab – im Gegenteil. Österreich liefert dafür gerade ein gutes Beispiel: Der neue Generaldirektor der OMV, der Deutsche Rainer Seele, strebt nach eigenen Worten eine Partnerschaft mit Gazprom „von Sibirien bis mitten nach Europa“ an.[4] Und wie steht es um die angeblich „weitreichenden Wirtschaftssanktionen“[5] der EU, die am 1. August und am 12. September 2014 erklärt wurden, wenn sie nicht einmal (den bis Ende 2015 abzuwickelnden) Verkauf sämtlicher Gasspeicher von BASF an Gazprom verhindern, womit dieses Zugriff auf ca. ein Viertel der deutschen Gasspeicher bekommt? Die gleiche Frage an die Effektivität der EU-Sanktionen lässt sich auch aus Anlass des Abschlusses eines bindenden Abkommens über eine Erweiterung der Nord Stream-Pipeline am 4. September 2015 stellen, die aus Moskauer Sicht auch und gerade das Ziel verfolgt, die Relevanz der Ukraine als Transitland für russländisches Gas zu reduzieren.
Die EU-Sanktionen sind weit mehr ein Symbol denn ein echter „Hebel“ zur Beeinflussung der russländischen Politik. Ganz sicher haben sie nicht die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Russlands verursacht; diese gehen auf den niedrigen Ölpreis und die enormen Rüstungs-, Militär- und Sicherheitsausgaben zurück. In Moskau verfolgt man jedoch zweifellos genau die in mehreren EU-Ländern immer wieder erhobenen Forderungen aus ganz verschiedenen politischen Lagern nach Aufhebung der Sanktionen. Der ehemalige Vizepremier Polens, Leszek Balcerowicz, warnte ausdrücklich davor:

„If the West lifts the sanctions, it de facto recognises Russia’s aggression. This would have negative consequences not only for Ukraine, but also for peace in the world. It would simply mean that aggression pays off. What Putin did is a violation of one of the principal rules of the modern world – respect for territorial integrity.“[6]

[1] Gabrielius Landsbergis: Report on the state of EU-Russia relations. Committee on Foreign Affairs, European Parliament, 13.5.2015, (abgerufen 20.9.2015).
[2] Winfried Schneider-Deters: Die Ukraine: Machtvakuum zwischen Russland und der Europäischen Union. Berlin 2012, S. 86.
[3] Andreas Umland: Eigene Atomwaffen? Lieber behalten! In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 2.8.2015, S. 3.
[4] Zitiert nach: Matthias Auer: OMV: Mehr Geld, mehr Risiko, mehr Russland. In: Die Presse, 13.8.2015, S. 15.
[5] Ulrich Schmid: UA – Ukraine zwischen Ost und West. Schriftenreihe der Vontobel-Stiftung, Zürich 2015, S. 91.
[6] Lyubashenko a.a.O., S. 140f.

ISSN 2305-2635
Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die der Autor arbeitet, überein.
Zitation
Malek, M. (2015). Die Ukraine-Krise und die Beziehungen zwischen der EU und Russland: Empfehlungen und Perspektiven. Wien. ÖGfE Policy Brief, 32’2015
Hinweis
Zu diesem Policy Brief ist auch eine Langfassung, sowie ein Gastkommentar in der Wiener Zeitung erschienen.

Dr. phil. Martin Malek

Dr. phil. Martin Malek promovierte 1991 in Politikwissenschaft an der Universität Wien. Ab 1998 (ziviler) wissenschaftlicher Mitarbeiter der Landesverteidigungsakademie (Wien), zunächst am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement, ab 2010 am Institut für Strategie und Sicherheitspolitik. Arbeitet u.a. am Monitoring von ethnischen Konflikten in der GUS, der Analyse von Sicherheits- und Militärpolitik der GUS-Staaten, den Beziehungen zwischen der GUS und der EU bzw. NATO, failed-states-Theorien sowie Energiepolitik in Eurasien. Gastforscheraufenthalte in Russland, der Ukraine, Deutschland und den USA. Lehrtätigkeit u.a. an der Landesverteidigungsakademie und der Universität Wien. Verfasser von ca. 300 in einem Dutzend Ländern erschienenen Publikationen. Letzte Buchveröffentlichung: „Der Zerfall der Sowjetunion“. Baden-Baden 2013 (Co-Herausgeber, mit Anna Schor-Tschudnowskaja).