Es gibt Dinge, die ändern sich nicht. Bei der Frage, wer ist schuld, bleibt „die EU“ Kult. Ihr immer wieder einmal den schwarzen Peter umzuhängen, kann schon zusammenschweißen. Sie soll sich bitte nicht „in jeden Schmarrn einmischen“. Irgendwann ist sie einfach „falsch abgebogen“ und man „verliert schon langsam die Geduld mit der EU“. Soll sie selber schauen, wie sie ihr Budgetloch nach dem britischen EU-Austritt stopft. Alles Weitere regeln wir schon entweder auf nationaler oder regionaler Ebene.
Schließlich waren wir es, die die EU als Erstes aufgefordert haben, die gemeinsamen Außengrenzen effektiver zu managen und Flüchtlingslager in Transitländern aufzubauen. Warum tut sie das dann nicht? Warum hört uns niemand zu, wenn wir regelmäßig erklären, was denn alles so geschehen sollte? Was bleibt einem da noch anderes übrig, als mit nationalen Alleingängen in Sachen Indexierung der österreichischen Familienbeihilfe zu kokettieren und einen Beschäftigungsbonus für Arbeitslose, aber eben auch andere, aufs Tapet zu bringen und damit dessen Europarechtskonformität zu riskieren?
Gehört es denn wirklich zum guten Ton, zum Schattenboxen gegen „die EU“ – also eigentlich gegen sich selbst – anzutreten? Zu deren Kern man sich, wenn es denn passt, dann doch wieder gerne dazuzählt?
Um dieses Europa zu verbessern, wären allerdings fundierte Kritik und Eigeninitiativen notwendiger, schlichtes EU-Bashing hilft hingegen wenig.
Es ist eben nicht irgendeine „ferne EU“, die uns da absichtlich das Bein stellt. Wer glaubt, dass europäische Regeln stets in Brüssel ihren Ursprung haben und wir nicht bei jeder Entscheidung mit am Tisch sitzen, sollte sich vielleicht doch besser informieren. Es ist auch nicht „die EU“, die sich an ihrer zögerlichen Handlungsfähigkeit erfreut. Die Blockierer sitzen nicht selten in den jeweiligen Hauptstädten und fördern ihre Partikularinteressen mit bescheiden ausgeprägter Solidarität- und Kompromissbereitschaft.
Die EU ist der rechtliche und politische Rahmen einer europäisch ausgerichteten Politik, die darauf abzielt, gemeinsame Lösungen zu finden. Diese Möglichkeit sollten wir nützen, uns zuweilen stärker der Überzeugungsarbeit zur Umsetzung unserer eigenen Anliegen widmen und etwaige Kollateralschäden nationaler Alleingänge vermeiden. Ansonsten riskieren wir, mit unserem nächsten Anliegen ohne die notwendige Unterstützung dazustehen – Stichwort Europäische Arzneimittelagentur. Themenübergreifende und grenzüberschreitende Strategien wären daher angesagt. Anders ausgedrückt: Spielen wir europäisches Fair Play mit weniger Defensive, dafür einem gut aufgestellten und offensiven Mittelfeld. Mehr sachpolitische Gelassenheit statt parteipolitischer Grabenkämpfe, die auf Kosten österreichischer Interessen geht, wäre der bessere Ansatz.
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