25 Jahre nach dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union ist die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft hoch und die Zahl jener, die sich für einen Austritt aus der Union aussprechen, so niedrig wie nie zuvor. Wenn auch die Bilanz einzelner Integrationsschritte ambivalent ausfällt, ist die Europa-Stimmung freundlicher, als dies etwa noch vor fünf Jahren – zum 20jährigen Jubiläum der österreichischen EU-Mitgliedschaft – der Fall war. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik.
Einstellung zur EU-Mitgliedschaft
75 Prozent der ÖsterreicherInnen sprechen sich aktuell dafür aus, dass unser Land Mitglied der EU bleiben soll. 8 Prozent plädieren für einen Austritt aus der Union. 17 Prozent beziehen keine Stellung.
Insgesamt 60 österreichweite ÖGfE-Befragungen seit Juni 1995 zeigen, dass die BefürworterInnen der EU-Mitgliedschaft stets in der Mehrheit waren. Im Durchschnitt lag ihre Zahl bei rund 70 Prozent, die Zahl jener, die sich für den EU-Austritt aussprachen, bei 22 Prozent. Die höchste Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft fand sich im Juni/Juli 2002 (80 Prozent), der stärkste Wunsch nach einem Austritt im Juni/Juli 2008 (33 Prozent).
Der aktuelle Wert von 8 Prozent deklarierter AustrittsbefürworterInnen ist der niedrigste seit Beginn der Zeitreihe. Während ihre Zahl seit Juli 2016 kontinuierlich (ausgehend von 23 Prozent) zurückgeht, steigt parallel die Zahl jener, die nicht wissen, ob Österreich Mitglied bleiben oder wieder austreten soll bzw. keine Angabe machen. Seit Februar 2019 ist die Zahl der Unentschiedenen höher als jene der dezidierten AustrittsbefürworterInnen.
Vor- und Nachteile der EU-Mitgliedschaft für einzelne Gruppen
54 Prozent sagen, dass die EU-Mitgliedschaft für SchülerInnen, Lehrlinge und Studierende „eher mehr Vorteile“ gebracht hat. Im November 2014 waren es 52 Prozent gewesen. Für 6 Prozent überwiegen die Nachteile, vor fünf Jahren lag dieser Wert noch bei 16 Prozent. Wie schon 2014 sieht ein knappes Fünftel (18 Prozent) weder Vor- noch Nachteile für diese Gruppen. Fast ein Viertel der Befragten (23 Prozent) antwortet auf diese Frage mit „weiß nicht/Keine Angabe“ (2014: 15 Prozent).
46 Prozent erkennen durch die EU-Mitgliedschaft „eher mehr Vorteile“ für ArbeitnehmerInnen (2014: 40 Prozent), 25 Prozent „eher mehr Nachteile“, ein Rückgang von 13 Prozentpunkten. 18 Prozent sehen weder Vor- noch Nachteile (2014: 16 Prozent).
Für 38 Prozent überwiegen die Vorteile für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) – ein Plus von 11 Prozentpunkten. Die Zahl jener, die für heimische KMUs mehr Nachteile durch die EU-Mitgliedschaft wahrnehmen, ist seit 2014 von 58 Prozent auf 35 Prozent zurückgegangen. 16 Prozent antworten „weder noch“ (2014: 9 Prozent).
Wie schon im November 2014 sagt etwa ein Drittel der Befragten, dass die heimischen LandwirtInnen von der EU-Mitgliedschaft eher profitiert hätten (2019: 33 Prozent / 2014: 30 Prozent). Dass der Beitritt zur EU für diese Gruppe eher mit Nachteilen verbunden war, wird heute deutlich seltener angenommen (2019: 31 Prozent / 2014: 56 Prozent). Ein knappes Viertel (23 Prozent) sieht aktuell für Österreichs Landwirte weder Vor- noch Nachteile überwiegen, womit sich der entsprechende Wert von 2014 mehr als verdoppelt hat (2014: 9 Prozent).
Dass die EU-Mitgliedschaft mehr Vorteile für PensionistInnen gebracht hat, sagen aktuell 14 Prozent (2014: 17 Prozent). Ebenso gering ist die Zahl jener, die die Nachteile für diese Gruppe überwiegen sehen (14 Prozent), 2014 war noch etwa ein Drittel dieser Ansicht (34 Prozent). Die Hälfte der Befragten sieht die Auswirkungen der EU-Mitgliedschaft auf SeniorInnen neutral, 2014 waren es 36 Prozent. Konnten im November 2014 noch 12 Prozent diese Frage nicht beantworten, so sind es heute fast doppelt so viele (22 Prozent).
Bilanz Euro – Schengen – Erweiterung
Insgesamt 71 Prozent sehen die „Einführung des Euro als gemeinsame Währung“ „sehr positiv“ (23 Prozent) bzw. „eher positiv“ (48 Prozent). 2014 lag der Wert bei 61 Prozent („sehr“: 20 Prozent / „eher“: 41 Prozent). Die Zahl jener, die die Gemeinschaftswährung negativ bewerten, ist zurückgegangen. Äußerten sich 2014 noch etwas mehr als ein Drittel skeptisch bis ablehnend („eher negativ“: 24 Prozent / „sehr negativ“: 11 Prozent), so sind es heute knapp ein Viertel der Befragten („eher negativ“: 21 Prozent / „sehr negativ“: 3 Prozent).
Das „Ende von Pass- und Grenzkontrollen“ sahen im November 2014 noch knapp mehr als die Hälfte „sehr“ (23 Prozent) bzw. „eher positiv“ (28 Prozent), heute sind es 46 Prozent („sehr positiv“: 15 Prozent / „eher positiv“: 31 Prozent). Die Zahl jener, die eine negative Bilanz ziehen, hat sich um 6 Prozentpunkte auf 49 Prozent erhöht (2014: „eher negativ“: 29 Prozent / „sehr negativ“: 14 Prozent – 2019: „eher negativ“: 33 Prozent / „sehr negativ“: 16 Prozent).
Positiver wird rückblickend wiederum die „Erweiterung der EU“ betrachtet. Beurteilten vor fünf Jahren noch insgesamt 31 Prozent die Erweiterungsrunden von 2004 und 2007 „sehr“ (7 Prozent) bzw. „eher positiv“ (24 Prozent), so sind es heute 43 Prozent („sehr“: 6 Prozent / „eher positiv“: 37 Prozent). Die Zahl jener, die sich skeptisch äußern, ist seit 2014 um 20 Prozentpunkte auf 41 Prozent gesunken (2014: „eher negativ“: 46 Prozent / „sehr negativ“: 34 Prozent – 2019: „eher negativ“: 34 Prozent / „sehr negativ“: 7 Prozent).
Die aktuelle Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 25. November bis 6. Dezember 2019 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 288). Befragt wurden österreichweit 519 Personen per Telefon (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahre/Gewichtung nach Geschlecht, Alter und Bildung). Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,3 Prozent. Fehlende Werte auf 100 Prozent = „weiß nicht/Keine Angabe“. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte. Vergleichsumfrage: Tel SWS 222, November 2014, N=1004.