Die EU-Stimmungslage in Österreich gestaltet sich zu Herbstbeginn ambivalent. Zwar steht eine überwiegende Mehrheit stabil hinter der EU-Mitgliedschaft, dennoch ist die Meinung geteilt, ob bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen nun mehr gemeinsames, europäisches oder mehr nationalstaatliches Handeln der richtige Weg ist. Dies zeigt eine aktuelle Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), die von market im Zeitraum 12. bis 18. September 2023 österreichweit online unter 1000 Befragten durchgeführt wurde.
Aktuell sprechen sich 65 Prozent der Befragten dafür aus, dass unser Land Mitglied der Europäischen Union bleibt. 27 Prozent plädieren für einen Austritt aus der Union. 8 Prozent antworten „weiß nicht“ oder machen keine Angabe. Die Einstellung zur EU-Mitgliedschaft hat sich damit in den vergangenen fünf Monaten nicht wesentlich verändert. Im April waren allerdings noch 67 Prozent für den Verbleib in der EU und 25 Prozent für den Austritt.
In den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Skeptiker der EU-Mitgliedschaft Österreichs kontinuierlich angestiegen. Der langfristige Trend von insgesamt 68 österreichweiten ÖGfE-Befragungen seit Juni 1995 macht deutlich, dass die Befürworter:innen der EU-Mitgliedschaft stets in der Mehrheit waren. Im Durchschnitt lag ihre Zahl bei rund 70 Prozent, die Zahl jener, die sich für den EU-Austritt aussprachen, bei knapp 22 Prozent. Seit Dezember 2019 ist der Prozentsatz der Austrittswilligen jedoch deutlich im Steigen begriffen. Damals hatten sich – ein historischer Tiefstand – nur 8 Prozent für einen EU-Austritt ausgesprochen, heute sind es 27 Prozent. Die höchste Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft fand sich im November 1999 (82 Prozent) sowie im Juni/Juli 2002 (80 Prozent), der stärkste Wunsch nach einem Austritt im Juni/Juli 2008 (33 Prozent) sowie im Juni 2015 (32 Prozent).
Was verstärktes gemeinschaftliches Handeln auf europäischer Ebene betrifft, ist die Bevölkerung geteilter Ansicht. Aktuell sagen 47 Prozent, dass es mehr gemeinsames Handeln braucht, 43 Prozent – und damit 8 Prozent mehr als noch im Mai 2022 – wollen, dass die Nationalstaaten stärker das Heft in die Hand nehmen. 11 Prozent können zu dieser Frage keine Stellung beziehen.
Insgesamt 52 Prozent der Befragten – und damit etwa genauso viele wie im April 2023 – halten es für „sehr“ oder „eher wichtig“ (je 26 Prozent), dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten die Ukraine weiter in ihrem Kampf gegen den russischen Angriff unterstützen. 39 Prozent sehen dies nicht so und geben an, dass sie den europäischen Rückhalt für Kiew „eher nicht“ (15 Prozent) oder „gar nicht“ (24 Prozent) wichtig finden. 9 Prozent äußern sich nicht.
Ob der Krieg gegen die Ukraine auch einen Einfluss auf die Zukunft einer Erweiterung der Europäischen Union hat, darüber sind sich die Befragten unschlüssig: So sagen 28 Prozent, dass das Vorantreiben der EU-Erweiterung um neue Mitgliedsländer infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine wichtiger geworden ist. 24 Prozent vertreten die gegenteilige Ansicht und geben an, dass die EU-Erweiterung dadurch an Bedeutung verloren hat. 35 Prozent sehen weder positive noch negative Auswirkungen auf den Erweiterungsprozess. 14 Prozent können dies aktuell nicht einschätzen.
Hintergrund:
Die aktuelle Umfrage wurde von market (www.market.at) von 12. bis 18. September 2023 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden österreichweit 1000 Personen online, österreichische Bevölkerung, 16 bis 80 Jahre, repräsentativ für Alter, Geschlecht, Region und Bildung. Maximale statistische Schwankungsbreite +/- 3,16 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte. Fehlende Werte auf 100 Prozent = „weiß nicht / keine Angabe“.