Seit Beginn der EU-Mitgliedschaft hat die ÖGfE in insgesamt 52 Umfragen regelmäßig die Frage gestellt, ob Österreich Teil der EU bleiben oder wieder austreten sollte. Bei jeder einzelnen Befragung war die absolute Mehrheit sowohl der Männer als auch der Frauen für einen EU-Verbleib. Frauen waren dabei stets EU-kritischer als Männer. Seit November 2014 ist jedoch eine gegenläufige Tendenz feststellbar.
Während die Zahl der EU-Befürworterinnen über die letzten Jahre hinweg leicht gestiegen ist, ging jene der Männer von Ende 2013 bis Mitte 2016 stark zurück. In der aktuellsten Umfrage vom Jänner 2017 liegt die EU-Zustimmung von Männern bei 64 Prozent – mehr als zehn Prozentpunkte unter dem 20-jährigen Mittel. Bei Frauen hingegen ist der jüngste „bleiben-Wert“ mit 70 Prozent vier Prozentpunkte höher als im Durchschnitt der letzten zwei Jahrzehnte. Dezidiert aus der EU austreten will derzeit knapp jeder dritte männliche, aber nur jede fünfte weibliche Befragte. Der Austrittswunsch nimmt bei Frauen tendenziell seit 2008 ab, während er bei Männern ab 2011 steigt und ab 2014 in die Höhe schnellt.
Ein ähnlicher Meinungstrend zeigt sich beim Euro. So steigt das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung bei den Österreicherinnen, während jenes der Österreicher sinkt. Im Jänner 2017 hatte genau die Hälfte der Frauen „sehr großes“ bzw. „großes“ Vertrauen in den Euro, und damit erstmals mehr als Männer (47 Prozent). Die Wichtigkeit des Euro, etwa für die Stellung der EU in der Weltwirtschaft, schätzen Frauen nun ebenfalls höher ein. Auch was den langfristigen Bestand des Euro betrifft, sind 72 Prozent der Frauen optimistisch – gegenüber 60 Prozent der Männer.
Die veränderte Einstellung zur EU zeigt sich auch darin, dass Männer diese gegenwärtig deutlich stärker mit negativen Begriffen assoziieren.
Männer halten die EU heute mehrheitlich für unsicher (56 Prozent), fern (62 Prozent) und sehen sie als „Zwang“ (53 Prozent), Frauen sehen sie hingegen mit teils deutlicher Mehrheit als sicher (53 Prozent), nahe (56 Prozent) und verbinden sie mit „Freiheit“ (60 Prozent). Frauen halten die EU auch deutlich stärker als Männer für demokratisch (64 Prozent zu 49 Prozent), sozial (67 Prozent zu 56 Prozent) und friedenstiftend (72 Prozent zu 57 Prozent). Das Meinungsbild von Frauen und Männern hat sich in diesen Punkten seit November 2014 völlig umgekehrt. So ist etwa die Anzahl der männlichen Befragten, die die EU als friedenstiftend ansieht, seit Herbst 2014 um 17 Prozentpunkte gesunken, die Zahl jener, die die EU als demokratisch betrachten, ist um 16 Prozentpunkte zurückgegangen. Dagegen ist die Zahl jener Frauen, die die EU mit „Freiheit“ assoziieren, im gleichen Zeitraum um 19 Prozentpunkte gestiegen, jene, die sie als „nahe“ sehen, sogar um 20 Prozentpunkte.
Die für diese Analyse verwendeten Umfragen wurden von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft im Auftrag der ÖGfE im Zeitraum 1995 bis 2017 durchgeführt (Nähere Informationen sind in den Download-Grafiken zu finden).
Im Rahmen der aktuellen Umfrage (durchgeführt 23. bis 28. Februar 2017) wurden österreichweit 574 Personen per Telefon befragt (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahre/Gewichtung nach Geschlecht, Alter und Bildung). Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,0 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte.
Weitere interessante Artikel
30. März 2023
Nein sagen ist zu wenig (Gastkommentar Kurier)
Sich die Illusion einer guten, heilen Welt zurückzuwünschen und Neues abzulehnen, wird dabei nicht helfen. Höchste Zeit also sich den Realitäten zu stellen. 2024 stehen Europawahlen und Nationalratswahlen an. Sollen diese in einem Umfeld von Europa-Skeptizismus, Selbstverzwergung und Politrezepten von anno dazumal stattfinden oder einen optimistischen, Chancen und Perspektiven betonenden Ideenwettstreit bieten?
30. März 2023
Climate Change and the Future of Europe : Views from the Capitals
While the ambitious objectives outlined in the EU’s Green Deal aim at making Europe the first climate-neutral continent by 2050, national implementation greatly varies depending on local geographies, history, culture, economics, and politics. This book analyses Member States’ and EU neighbours’ national efforts to combat climate change. It subsequently draws on these factors to highlight local challenges, tensions, and opportunities on the road towards climate neutrality. In the context of inter-country dependencies following Russia’s war against Ukraine, it addresses strategic questions regarding EU integration, the transformation of our economies, the reduction of energy dependencies, and public perception of the above. The book also makes concrete recommendations, in various policy areas, on how individual countries and the EU as a whole should deal with the climate crisis.
28. März 2023
ORFIII Aktuell: EU-Experte zum Gipfel in Brüssel (ORFIII, 24. 3. 2023)
Paul Schmidt, von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, geht im ORFIII AKTUELL Interview auf die Themen des EU-Gipfels in Brüssel ein.
Weitere interessante Artikel
30. März 2023
Nein sagen ist zu wenig (Gastkommentar Kurier)
Sich die Illusion einer guten, heilen Welt zurückzuwünschen und Neues abzulehnen, wird dabei nicht helfen. Höchste Zeit also sich den Realitäten zu stellen. 2024 stehen Europawahlen und Nationalratswahlen an. Sollen diese in einem Umfeld von Europa-Skeptizismus, Selbstverzwergung und Politrezepten von anno dazumal stattfinden oder einen optimistischen, Chancen und Perspektiven betonenden Ideenwettstreit bieten?
30. März 2023
Climate Change and the Future of Europe : Views from the Capitals
While the ambitious objectives outlined in the EU’s Green Deal aim at making Europe the first climate-neutral continent by 2050, national implementation greatly varies depending on local geographies, history, culture, economics, and politics. This book analyses Member States’ and EU neighbours’ national efforts to combat climate change. It subsequently draws on these factors to highlight local challenges, tensions, and opportunities on the road towards climate neutrality. In the context of inter-country dependencies following Russia’s war against Ukraine, it addresses strategic questions regarding EU integration, the transformation of our economies, the reduction of energy dependencies, and public perception of the above. The book also makes concrete recommendations, in various policy areas, on how individual countries and the EU as a whole should deal with the climate crisis.
28. März 2023
ORFIII Aktuell: EU-Experte zum Gipfel in Brüssel (ORFIII, 24. 3. 2023)
Paul Schmidt, von der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, geht im ORFIII AKTUELL Interview auf die Themen des EU-Gipfels in Brüssel ein.