Die Österreicherinnen und Österreicher sehen die Auswirkungen der Arbeitsmarktliberalisierung durchaus gelassen. Das ist eines der Hauptergebnisse einer österreichweiten Telefonumfrage, die im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) im April 2012 durchgeführt wurde.
ÖGfE-Umfrage: 1 Jahr Arbeitsmarktöffnung – Österreicher ziehen gelassen Bilanz
58 Prozent sehen keinen starken Zuzug – 81 Prozent ohne Arbeitsplatzsorgen – Jugend erkennt Chancen
Die Österreicherinnen und Österreicher sehen die Auswirkungen der Arbeitsmarktliberalisierung durchaus gelassen. Das ist eines der Hauptergebnisse einer österreichweiten Telefonumfrage, die im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) im April 2012 durchgeführt wurde. Eine Mehrheit sieht, ein Jahr nach der Öffnung des österreichischen Arbeitsmarkts, keinen starken Zuzug von Arbeitskräften aus unseren Nachbarländern. Lediglich eine Minderheit sorgt sich um den eigenen Arbeitsplatz. Die Wirksamkeit des Lohndumping-Gesetzes wird positiv beurteilt.
Bilanz positiver als erwartet
58 Prozent der Befragten meinen, dass es seit der Arbeitsmarktöffnung keinen starken Zuzug von Arbeitskräften aus der Slowakei, der Tschechischen Republik und Ungarn gegeben hat. 34 Prozent sind gegenteiliger Ansicht (“starker Zuzug”). Vor der Arbeitsmarktöffnung waren es 49 Prozent („kein starker Zuzug erwartet“) gegenüber 47 Prozent („starker Zuzug befürchtet“) der Befragten (ÖGfE-Umfrage, Jänner 2011).
Nach Angaben des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sind mit Ende Februar 2012, gegenüber dem Vorjahr, 24.187 Arbeitnehmer aus jenen 8 EU-Ländern zusätzlich nach Österreich gekommen, für die sich der heimische Arbeitsmarkt mit 1. Mai 2011 geöffnet hat. Der stärkste Zuwachs ist auf Arbeitnehmer aus Ungarn zurückzuführen (plus 11.097) – vgl. Slowakei (plus 4.631) und Tschechische Republik (plus 1.444).
Damit wird der Arbeitskräftezuzug heute realistischer eingeschätzt als noch vor einem Jahr. Manche, vor dem 1. Mai 2011, geäußerten Bedenken hinterlassen aber nach wie vor ihre Spuren.
Eigener Arbeitsplatz nicht gefährdet
Die aktuelle Umfrage zeigt ein positives Ergebnis. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass nach wie vor Arbeitnehmer mit Sorge auf die Arbeitsmarktöffnung blicken: 81 Prozent der Befragten, die zurzeit einer Beschäftigung nachgehen, sehen heute durch die Arbeitsmarktöffnung keine Gefährdung ihres eigenen Arbeitsplatzes (2011: 89 Prozent). 13 Prozent sind gegenteiliger Ansicht (2011: 8 Prozent).
Erste Bilanz zum Lohndumping-Gesetz
51 Prozent sind mit der bisherigen Wirkung des 2011 in Kraft getretenen Lohndumping-Gesetzes zufrieden. Für 32 Prozent ist dies jedoch noch nicht der Fall. Die Erwartungen an das neue Gesetz waren im Jänner 2011 hoch: 68 Prozent hatten mit positiven Auswirkungen auf die Eindämmung von Lohndumping gerechnet, 23 Prozent waren damals skeptisch.
Jeder zweite Jugendliche sieht Chancen
53 Prozent der Befragten bis 25 Jahre könnten sich vorstellen, jenseits der Grenze zu arbeiten. (2011: 51 Prozent). Insgesamt wäre das jedoch nur für 16 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher denkbar (2011: 23 Prozent); 56 Prozent schließen es aus, in einem unserer „östlichen“ Nachbarländer zu arbeiten (2011: 53 Prozent).
Arbeitsplätze für Österreicher in den Nachbarländern
58 Prozent der Befragten glauben, dass durch die Arbeitsmarktöffnung auch Arbeitsplätze für Österreicher in den Nachbarländern entstehen (2011: 51 Prozent). 34 Prozent sind skeptisch (2011: 44 Prozent).
Auch hier nehmen die Befragten bis 25 Jahre mit 70 Prozent eine sehr positive Sicht ein (2011: 61 Prozent).
Arbeitsmarkt für Rumänien und Bulgarien weiter beschränken
Kaum verändert hat sich das Meinungsbild hinsichtlich der Beschränkung des österreichischen Arbeitsmarktes für Arbeitskräfte aus Rumänien und Bulgarien bis Ende 2013: 77 Prozent plädieren dafür, sie beizubehalten (2011: 75 Prozent), 14 Prozent sind für eine frühere Öffnung (2011: 18 Prozent).
Die Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden insgesamt 514 ÖsterreicherInnen per Telefon im April 2012.