Unsere Heimat heißt Europa (Gastkommentar, Oberösterreichische Nachrichten)

Oberösterreicher und Europäer zu sein ist kein Widerspruch. Im Gegenteil, es ergänzt sich.

Auf EU-Zukunftstour durch alle österreichischen Bundesländer, ging es im September per Zug und Rad auch quer durch Oberösterreich. Die vielen und vor allem lehrreichen Gespräche vor Ort kombinierten wir auf unserer Tour mit einer Meinungsumfrage, um das EU-Stimmungsbild in Oberösterreich demoskopisch erheben und besser einordnen zu können.

Dabei zeigt sich in den Umfrageergebnissen eines ganz klar: Im österreichischen Exportbundesland Nummer eins ist das Interesse an europäischen Entwicklungen durchaus hoch. Stolze drei Viertel der Bevölkerung bestätigen das. Ebenso hat die große Mehrheit der befragten Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher genaue Vorstellungen, worum sich die Europäische Union aktuell vorrangig kümmern sollte: Nämlich um Klima- und Umweltschutz. Es ist das Top-EU-Thema und steht ganz oben auf der oberösterreichischen Prioritätenliste. Drei von vier Befragten wollen sich übrigens auch an der Debatte über die Zukunft Europas aktiv beteiligen – nicht des Plauderns wegen, sondern dann, wenn etwas Konkretes und Handfestes dabei herauskommt. Spannend sind im Industriebundesland Oberösterreich aber auch die geschlechterspezifischen Unterschiede. So ist etwa das Interesse an Ereignissen in der EU bei den Oberösterreicherinnen, gemäß unserer Daten, deutlich geringer ausgeprägt als bei den Oberösterreichern. Der Klima- und Umweltschutz ist den Frauen dafür wichtiger als ihren männlichen Gegenübern. Bei Weichenstellungen, die ihre Zukunft betreffen, ist ihr Vertrauen in regionale Entscheidungsträger – wenn auch auf hohem Niveau – um einiges niedriger als jenes der Männer. Eine Zielgruppe also, die es von Seiten der Politik noch stärker zu berücksichtigen gilt. Insgesamt ist die regionale Politik für jeden Zweiten in Oberösterreich trotzdem die entscheidende Ebene mit hoher Glaubwürdigkeit. Abgeschlagen dahinter die Bundes- sowie die europäische Politik. Gerade die regionale Ebene ist daher ganz besonders gefordert, europäische Zusammenhänge in den Vordergrund zu rücken und den Menschen in ihrem Bundesland darzulegen. Sie zu negieren bzw. aus taktischen Überlegungen allzu leichtfertig zu kritisieren wäre kontraproduktiv. Ein funktionierendes Zusammenspiel der unterschiedlichen Ebenen ist heute jedenfalls entscheidend, um Europa gemeinsam besser aufzustellen. Denn letztlich sind wir ja alle ein Teil davon.

 

Paul Schmidt ist Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik und derzeit mit Martin Selmayr, dem Leiter der Europäischen Kommission in Wien, unterwegs auf EU-Zukunftsradtour.