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Was hat eigentlich Österreich der EU gebracht? (Gastkommentar Paul Schmidt, Wiener Zeitung)

Die heimische Politik könnte ein stärkeres europäisches Engagement durchaus vertragen.

20 Jahre nach dem EU-Beitritt Österreichs dreht sich die Debatte um eine Frage: Was hat uns die diese Mitgliedschaft gebracht? Kaum thematisiert wird, was eigentlich Österreich zur EU-Integration beitragen konnte.

Seitens der Union wurde so einiges erwartet. Österreich sollte Nettozahler sein und mithelfen, die Wirtschafts- und Währungsunion voranzubringen. Die EU sollte von unseren Verbindungen zu den neu entstandenen Demokratien in Mittel- und Osteuropa profitieren. Mit der Erwartung, besonders erweiterungsfreundlich zu sein, tat sich Wien jedoch nicht leicht. Zwar war die Wirtschaft von Beginn der “Ostöffnung” an sehr engagiert. Auch von politischer Seite wurde die Erweiterung grundsätzlich begrüßt und Initiativen wie die Regionale Partnerschaft und die Donauraum-Strategie gefördert. In der tagespolitischen Auseinandersetzung aber dominierten nicht selten Zweideutigkeit und öffentliche Bedenken. Österreich setzte sich bewusst für das Kriterium der Aufnahmefähigkeit der EU bei künftigen Erweiterungen ein und verpflichtete sich zu einer Volksabstimmung über einen etwaigen zukünftigen Türkei-Beitritt. Gleichzeitig ist heute die Heranführung der Länder des westlichen Balkans an die EU eine dezidierte Priorität der heimischen Außenpolitik.

Auf EU-Ebene konnte Österreich durchaus Akzente setzen. Mit Schlüsselressorts in der EU-Kommission, mit – vor allem aufgrund persönlicher Leistungen – einflussreichen parlamentarischen Positionen und Initiativen, wie etwa die Senkung der Roaminggebühren oder das Verbot von grenzüberschreitenden Gigaliner-Fahrten. Und auch unter österreichischem EU-Ratsvorsitz wurde so manche Weiche gestellt. So etwa 1998 mit dem Startschuss zu den Beitrittsverhandlungen mit Polen, Ungarn, Slowenien, Lettland und Zypern, dem Abschluss der bilateralen Verträge zwischen der EU und der Schweiz oder den letzten Schritten zur Einführung des Euro.

Österreich setzte sich für eine Jugendgarantie auf EU-Ebene ein, verweist regelmäßig auf sein duales Ausbildungssystem, den Kampf gegen Lohndumping und sein erfolgreiches sozialpartnerschaftliches Modell. Gentechnikfreiheit sowie alternative bzw. erneuerbare Energien und Atomkraft-Ausstieg waren und sind weitere österreichische Prioritäten. Dasselbe gilt für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Demokratisierung privater Schiedsgerichte in zukünftigen internationalen Handelsabkommen.

Die österreichische Politik hat sämtliche wichtigen Integrationsschritte – wenn auch nicht immer kritiklos und mit einer Stimme – mitgetragen. Das, obwohl “Brüssel” vielfach innenpolitisch als Sündenbock herhalten muss. Unser europapolitisches Engagement hat daher sehr wohl noch Spielraum nach oben. Einfluss ist nicht nur eine Frage der Größe, sondern auch von Einsatz und Argumenten. Beschäftigungspolitik, Wählen mit 16, das Rederecht von EU-Abgeordneten im Nationalrat, und Initiativen für ein faires Asylsystem wären nur einige Beispiele, wo Österreich Vorbild sein könnte. Die Liste jener Bereiche, in denen Österreich europapolitisch aktiv werden könnte, ist jedenfalls noch lange nicht erschöpft.