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Trotz Kritik ist Österreichs EU-Mitgliedschaft unbestritten (Gastkommentar Paul Schmidt, Wiener Zeitung)

Befragt man die Österreicher 20 Jahre nach den Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union, zeigt sich folgendes Meinungsbild: Die Idee der europäischen Integration ist gut, die Ausführung aber noch deutlich verbesserbar.

Am 30. März ist es 20 Jahre her, dass die EU-Beitrittsverhandlungen Österreichs offiziell abgeschlossen wurden. Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher sprachen sich am 12. Juni 1994 für den EU-Beitritt aus – zwei Jahrzehnte, in denen sich die Lebenswirklichkeit der Menschen grundlegend verändert hat.

Die Einführung des Euro, der Beitritt der mittel- und osteuropäischen Nachbarländer, der Wegfall der Grenzen, die Folgen von 9/11, die Wirtschafts- und Finanzkrise, die Entwicklungen in der Ukraine sowie die sich immer schneller vollziehende Globalisierung und Digitalisierung sind einige der Markierungen, die deutlich machen, wie sehr sich unser Lebensumfeld weiterentwickelt. Die Unterscheidung zwischen nationaler und europäischer Ebene fällt zusehends schwer. Die Übersicht zu bewahren und die Ereignisse auch bewerten zu können, wird anspruchsvoller.

Daher überrascht es kaum, dass bei einer Bilanz der österreichischen EU-Mitgliedschaft die Meinungen auseinandergehen: 44 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sehen in einer aktuellen Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) mehr Vorteile, 35 Prozent sehen mehr Nachteile, für ein Sechstel ist die Bilanz ausgeglichen.

Als positive Aspekte der Mitgliedschaft werden spontan der “Euro als gemeinsame Währung”, der “Wegfall des Geldwechsels” und der “freie Personenverkehr durch offene Grenzen” genannt. Auch der “gemeinsame Wirtschaftsraum/freier Waren- und Dienstleistungsverkehr”, “Frieden und Sicherheit” sowie “Gemeinsamkeit/Zusammenarbeit und Integration” sind Bereiche, die mit der EU assoziiert werden.

In der Kritik stehen der “Umgang mit der Krise” und die “Rettungspakete zur Stützung einzelner Länder”, dicht gefolgt von “EU-Regelungswut”, “Teuerungen durch den Euro”, “Kriminalität” und “offenen Grenzen”.

Eine Beurteilung der EU-Mitgliedschaft Österreichs kann also nicht einhellig ausfallen. Die EU ist “work in progress” und muss – in einer sich rasch verändernden Welt – die Standpunkte und Interessen von nunmehr 28 Ländern unter einen Hut bringen. Kritik und Skepsis sind daher normal und notwendig. Die Grundidee der EU, aber auch die Mitgliedschaft an sich wird jedoch nicht in Frage gestellt.

Aktuell sind nämlich 64 Prozent dafür, dass unser Land EU-Mitglied bleibt, 24 Prozent sind dagegen. An diesem Meinungsbild hat sich – trotz diverser anlassbezogener Schwankungen – über die Jahre wenig geändert: In insgesamt 46 Umfragen der ÖGfE seit 1995 lag die durchschnittliche Zahl der EU-Mitgliedschaftsbefürworter bei 71 Prozent und jener, die für den Austritt plädierten, bei 23 Prozent.

Die Einstellung gegenüber der EU hierzulande könnte man daher wie folgt auf den Punkt bringen: Die Idee der europäischen Integration ist gut, die Ausführung aber noch deutlich verbesserbar.