Positive Nachrichten kann Europa gut gebrauchen (Gastkommentar Wiener Zeitung)

Kroatiens Euro- und Schengen-Beitritt bedeuten mehr als eine Währung und grenzenloses Reisen.

Mit der Einführung des Euro und der Schengen-Teilnahme setzt Kroatien – fast zehn Jahre nach dem EU-Beitritt – zwei weitere große Integrationsschritte. Es ist damit das 20. Land, das die Gemeinschaftswährung einführt, sowie das 27. Mitglied des Schengen-Raums, in dem Personen in der Regel ohne Grenzkontrollen reisen können. Der Euro bringt Kroatien ein Ende von Wechsel- und Transaktionsgebühren, eine bessere Vergleichbarkeit von Preisen, Währungsstabilität sowie die Möglichkeit, die europäische Geldpolitik mitgestalten zu können. Darüber hinaus sollte das Land von den Erfahrungen des Währungstausches in anderen EU-Ländern profitiert haben und wissen, wie es sich gegen etwaige ungerechtfertigte Preiserhöhungen zur Wehr setzen kann. Mit dem Beitritt zum Schengen-Raum sind endlich auch Wartezeiten und Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen Schnee von gestern, die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz wird intensiviert und die Verwaltung der kroatischen Schengen-Außengrenze auf neue Beine gestellt.

Besonders für Österreich, als wichtigsten Investor in Kroatien, sind das gute Neuigkeiten. Da Kroatien darüber hinaus als eine der beliebtesten Tourismusdestinationen hierzulande gilt, ist auch die positive Resonanz auf das neue Euro-Mitglied wenig überraschend. 56 Prozent der Bevölkerung in Österreich begrüßen die Euro-Einführung in Kroatien, während 21 Prozent die Entscheidung für schlecht halten – 23 Prozent haben sich zu dieser Frage keine Meinung gebildet.

Die Unterstützung basiert auf der Beliebtheit Kroatiens sowie auf dem beachtlichen Vertrauen, das dem Euro in Österreich entgegengebracht wird. Ende 2021 hatten immerhin 57 Prozent der Menschen in Österreich sehr großes oder großes Vertrauen in die gemeinsame Währung. Und kurz vor dem kroatischen EU-Beitritt im Juli 2013 sprachen sich – im sonst durchaus erweiterungskritischen Österreich – 48 Prozent der Bevölkerung für die Aufnahme des Landes aus, während sie damals von 29 Prozent dezidiert abgelehnt wurde.

Mit dem Euro trägt man nun auch in Kroatien ein Stück europäische Identität in der Hosentasche. Er macht Europa angreifbar – im doppelten Sinne des Wortes. Die gemeinsame Währung ist ein Symbol der Einheit und Stabilität, fungiert aber auch als Blitzableiter für jegliche Kritik und somit für so manches, für das eine Währung gar nicht verantwortlich ist. Der Schengen-Beitritt wiederum ist für ein Land, dass im Vergleich zu seiner Bevölkerungsgröße eine der größten Diasporas der Welt hat, ein Zeichen der Freiheit und Gleichheit. Nach Hause zu kommen, ohne mühsam in der Warteschlange zu stehen und Geld wechseln zu müssen, macht das Leben einfacher.

Auch die Europäische Union kann in instabilen Zeiten positive Nachrichten gebrauchen. Sichtbare Erfolge, die zum Zusammenhalt Europas beitragen, sind rar und von besonderem Wert. Die Euro-Einführung Kroatiens und die Erweiterung des Schengen-Raums lassen die Menschen in der EU ein weiteres Stück zusammenrücken. Gut so! Gerade jetzt sollte der Integrationszug nicht stehenbleiben, sondern weiter an Fahrt gewinnen.