Aus aktuellem Anlass haben wir eine kurze Hintergrundinformation zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zusammengestellt.
Mit dem ESM wird eine internationale Finanzinstitution geschaffen, die Euro-Mitgliedstaaten mit Finanzierungsproblemen, unter Einhaltung wirtschaftspolitischer Auflagen, unterstützt. Ziel ist es, im Notfall die Stabilität der Eurozone als Ganzes zu sichern. Ein ESM-Beitritt steht auch anderen EU-Mitgliedstaaten offen, sobald sie dem Euroraum beitreten.
Eigenstaatlichkeit wird nicht berührt
Österreich ist stimmberechtigtes Mitglied in den ESM-Leitungsgremien. Die Eigenstaatlichkeit wird durch die Mitgliedschaft im ESM eben so wenig angetastet wie etwa durch die Mitgliedschaft im Internationalen Währungsfonds (IWF), in dem Österreich seit 1948 Mitglied ist.
Obergrenze für Zahlungen der Mitgliedsländer
Der ESM erhält ein Stammkapital von 700 Mrd. Euro, wovon 80 Mrd. Euro einzuzahlen sind. Der jeweilige Anteil der Mitglieder richtet sich nach der Höhe ihres Kapitalanteils an der Europäischen Zentralbank (EZB). Für Österreich (mit einem EZB-Anteil von rd. 2,8%) ergibt sich daraus eine Beteiligung von knapp 19,5 Mrd. Euro am Stammkapital und etwas mehr als 2,2 Mrd. Euro am einzuzahlenden Kapital. Eine Veränderung des Stammkapitals und der Abruf von nicht eingezahltem Stammkapital wird nur mit Zustimmung des österreichischen Parlaments erfolgen können.
Kontrolle durch die nationalen Finanzminister
Über die Genehmigung von ESM-Geldern entscheidet der Gouverneursrat, dem die jeweiligen FinanzministerInnen angehören. Jedes Land besitzt grundsätzlich ein Vetorecht. Nur in Notsituationen, die von der Europäischen Kommission und der EZB zu begründen sind und die ein Dringlichkeitsverfahren erforderlich machen, reicht eine qualifizierte Mehrheit (85% der abgegeben Stimmen). Selbst dann kann der ESM nur jene Mittel einfordern, die bereits vertraglich vereinbart und explizit begrenzt wurden.
Nationale Parlamente entscheiden mit
Der österreichische Nationalrat beschäftigt sich aktuell damit, wie das Parlament in zukünftige Entscheidungen eingebunden werden kann. U.a. soll zukünftig die/der FinanzministerIn dazu verpflichtet sein, die Zustimmung des Nationalrates bei Entscheidungen des ESM einzuholen. Damit würde das österreichische Parlament in vielen Fällen über ein Vetorecht zu geplanten ESM-Maßnahmen verfügen.
Europäisches Parlament nicht beteiligt
Anders als die nationalen Parlamente hat das Europäische Parlament (bisher) keine Möglichkeit der Mitbestimmung bei ESM-Entscheidungen. Der ESM wird mit wenigen Ausnahmen (z.B. Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs bei Schlichtungsverfahren) derzeit in kein vorhandenes EU-System der Gewaltenteilung eingebunden.
Inkrafttreten des ESM
Der ESM soll am 9. Juli in Kraft treten. Allerdings kann er seine Arbeit erst aufnehmen, wenn so viele Länder den ESM-Vertrag ratifiziert haben, dass sie 90 Prozent des Kapitals des dauerhaften Euro-Rettungsfonds stellen. Das ist ohne eine Ratifizierung in Deutschland nicht der Fall.