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Hintergrundinformation zur aktuellen Diskussion über Atomenergie in Europa

Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über Atomenergie in Europa, insbesondere in Bezug auf die AKW-Laufzeitverlängerung in Deutschland und dem angekündigten Volksbegehren zu einem Euratom-Ausstieg Österreichs möchte die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik Ihnen gerne folgende Hintergrundinformationen liefern. 

Insgesamt sind in der Europäischen Union derzeit 58 Atomkraftwerke in Betrieb. Von den 27 EU-Mitgliedern betreiben aktuell 14 Länder AKWs. Der Anteil der Kernenergie an der Gesamtstromerzeugung schwankt in diesen Ländern zwischen 4% (Niederlande) und 78% (Frankreich). Polen und Litauen haben derzeit zwar keine AKWs am Netz, planen die Meiler aber bereits. In Estland und Italien wird der Wiedereinstieg in die Kernenergie diskutiert. Ein Drittel der EU-Länder (Österreich, Griechenland, Irland, Portugal, Lettland, Dänemark, Luxemburg, Zypern und Malta) hat keine Atomkraftwerke und plant diese auch nicht.

Unklare Stromkennzeichnung für österreichische Verbraucher
Aber auch im AKW-freien Österreich fließt Atomstrom durch die Leitungen, denn die Energielieferanten können aus dem Ausland Kernenergie importieren. Die genaue Menge an Kernenergie ist für den österreichischen Verbraucher allerdings nicht so einfach ersichtlich. Zwar besteht grundsätzlich die Pflicht zur Stromkennzeichnung, aber wenn für eine Strommenge kein gesetzeskonformer Nachweis erbracht werden kann (z.B. durch Einkauf über Strombörsen), wird dieser als „Strom unbekannter Herkunft“ ausgewiesen.

Rund sechs Prozent Atomstrom in Österreich
Im Jahr 2009 wurden in Österreich insgesamt 17,5% der gesamten Strommenge als „Strom unbekannter Herkunft“ gekennzeichnet. Statistisch sind davon 28,89% Kernenergie, auf die Gesamtstrommenge gerechnet wären das rund 6 Prozent Atomstrom in Österreich. Tatsächlich, kann der Anteil an nuklearer Energie allerdings höher sein als der statistische Anteil vorgibt. So schätzt Greenpeace den Anteil an Atomstrom in Österreich auf 20%. Wer glaubt, seinen Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu beziehen, kann also durchaus auch einen gewissen Anteil an Atomstrom im Strommix haben.

Euratom-Ausstieg nicht realistisch
Ein österreichischer Ausstieg aus Euratom wird immer wieder diskutiert. Zwar ermöglicht Artikel 49a des Vertrags von Lissabon einen EU-Ausstieg, ob damit auch ein einseitiger Ausstieg aus Euratom ohne EU-Ausstieg ermöglicht wird, ist völkerrechtlich umstritten. Abgesehen von den rechtlichen Unwegsamkeiten hinterfragen selbst Atomgegner die Sinnhaftigkeit eines solchen theoretischen Ausstiegs, sichert doch ein Verbleib Österreichs bei Euratom die Teilnahme an Sicherheitsprüfungen und die Ausübung eines entsprechenden Einflusses. Dies ist insbesondere in Hinblick auf die AKWs in den Grenzgebieten zu Österreich von Bedeutung.