Die Frage der britischen EU-Mitgliedschaft sollte rasch geklärt werden
Congratulations David Cameron!
Der Wahlkampf ist geglückt. Trotzdem: Aus innenpolitischen und innerparteilichen Gründen ein EU-Austrittsreferendum zu versprechen, war ein Fehler. Denn trotz seines – für viele unerwarteten – Erfolgs ist die Mandatsmehrheit für die Tories im britischen Unterhaus zwar absolut, aber denkbar knapp. Und die großen EU-Austrittsbefürworter sitzen in den eigenen Reihen auf den Hinterbänken der Konservativen.
London-Bashing ist jetzt jedoch wenig sinnvoll. Großbritannien hat sich noch lange nicht aus Europa verabschiedet. Vielmehr sollte Premierminister Cameron unterstützt und die Frage der britischen EU-Mitgliedschaft ein für alle Mal beantwortet werden.
Die Wahlen sind vorbei. Somit kann die Wahlkampfrhetorik wieder in der Mottenkiste verstaut und in der europäischen Schicksalsfrage mit der Labour-Partei, den schottischen Nationalisten und den Liberalen an einer gemeinsamen Strategie gefeilt werden. Die Auseinandersetzung um die britische EU-Mitgliedschaft wird letztlich nur gemeinsam zu gewinnen sein. Dafür gehören die europäischen Fakten auf den Tisch. Nur so wird der Drahtseilakt zwischen realistischen Reformideen, europäischer Einflussnahme und dem Alptraum einer “Splendid Isolation” – in Kombination mit einem unabhängigen Schottland – letztlich gelingen.
Aber Illusionen sollte sich auf der Insel niemand machen. Es wird so schnell keine EU-Vertragsänderung geben, ebenso wenig ein Zurückholen von europäischen Kompetenzen. Großbritannien genießt bereits Ausnahmeregeln in den Bereichen Euro, Schengen sowie Justiz und Inneres. Überdies umfasst ein großer Teil der europäischen Rechtsakte die Ausgestaltung des Binnenmarkts, die zentrale Priorität der Briten auf europäischer Ebene.
Und in den Bereichen Außen-, Sicherheits- und Steuerpolitik herrscht nach wie vor das Einstimmigkeitsprinzip.
Cameron könnte sich jedoch den von der Europäischen Kommission geplanten Bürokratierückbau symbolisch auf seine Fahnen heften. Er könnte sich Spielraum im Kampf gegen den imaginären Sozialtourismus und die von ihm wenig geliebte Arbeitszeitrichtlinie erstreiten.
Nachdem die Regierung in London zum Beispiel im Ringen um eine Lösung der Ukraine-Krise bisher keine Rolle spielt, könnte sie im Nahen Osten und in Nordafrika dringend notwendige außenpolitische Akzente setzen. Ebenso könnten weiterführende und ambitionierte Reformvorschläge in den Bereichen Finanzmarkt, Energie, Klimaschutz und Digitalunion durchaus auch in Europa Gehör finden. Nicht Gegnerschaft und Ablehnung wären hier gefragt, sondern Leadership und Lösungskompetenz.
Das Referendum über den EU-Verbleib sollte jedenfalls so rasch als möglich stattfinden. Die britische Wirtschaft braucht Planungssicherheit für Investitionen und den Zugang zum Binnenmarkt, sonst sind Firmenzentralen auf Dauer nicht in Großbritannien zu halten. Daher muss auch sie aktiver als bisher öffentlich Stellung beziehen. Höchste Zeit also, Klarheit zu schaffen, wobei keine der beiden Seiten überfordert werden sollte.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.