Die Briten und Britinnen haben sich entschieden: Ihr Land soll aus der EU austreten. Besonders bemerkenswert an dieser Richtungsentscheidung ist die große Kluft zwischen Jung und Alt. Während die britische Jugend einem vereinten Europas den Vorzug gibt – 62 Prozent der 25- bis 34-Jährigen und sogar 73 Prozent der 18- bis 24-Jährigen sprachen sich für einen EU-Verbleib aus – sinkt mit steigendem Alter der Zuspruch zur EU. Nur knapp über die Hälfte der 35- bis 44-Jährigen, 44 Prozent der 45- bis 54- Jährigen, 43 Prozent der 55- bis 64-Jährigen und lediglich 40 Prozent der über 65-Jährigen wollten weiterhin in der EU bleiben. Haben damit letztlich die Alten den Jungen ihre europäische Zukunft verbaut?
Trotz der Tragweite der Entscheidung war die Beteiligung der Jugend am britischen EU-Referendum letztlich vergleichsweise bescheiden. So lag die Wahlbeteiligung bei den 18- bis 24-Jährigen bei mageren 36 Prozent und bei den 25- bis 34-Jährigen bei 58 Prozent. Jene der 35- bis 44-Jährigen lag schon deutlich über der Hälfte bei 72 Prozent. In der Gruppe der 45- bis 54-Jährigen nahmen 75 Prozent am Referendum teil – und bei den über 55-Jährigen waren es mehr als 81 Prozent. Für die Jungen überwiegen grundsätzlich die Vorteile der EU. Sie sind mit ihnen aufgewachsen und daher zur Selbstverständlichkeit geworden.
Die Kehrseite dieser Selbstverständlichkeit ist jedoch, dass sie keinen besonderen Grund sehen, mehrheitlich aktiv für die EU einzutreten. Sie bleiben europaweit – also auch hierzulande – viel eher den Wahlurnen fern als die ältere Generation. Ihre politische Apathie mag auch daher rühren, dass viele von ihnen sich nicht vertreten fühlen und nicht glauben, durch Wahlen etwas verändern zu können.
Auch hierzulande steht die Jugend der EU-Integration mehrheitlich positiv gegenüber. Laut aktueller Österreichischer-Gesellschaft-für-Europapolitik-Schulumfrage meinen 60 Prozent der Befragten, dass die EU-Mitgliedschaft eine gute Sache ist. Ganze 80 Prozent fühlen sich als EU-BürgerIn. Gleichzeitig meinen lediglich 18 Prozent, dass Entscheidungen, die für ihr Leben wichtig sind, auf EU-Ebene getroffen werden. 63 Prozent glauben, dass für sie wesentliche Beschlüsse in Österreich gefasst werden.
Wie kann also das Interesse der Jugendlichen an politischen Prozessen geweckt werden?
Ein Schulfach “Europa” wäre jedenfalls ein Schritt in Richtung europäische Lebenswirklichkeit. Neben der Beteiligung an Wahlen sollten auch weitere Möglichkeiten der politischen Partizipation diskutiert werden. Der Ausbau von eVoting-Systemen wäre ebenso eine Option, den Weg zu den traditionellen Wahlurnen abzukürzen. In Estland etwa hat man damit positive Erfahrungen gemacht. Während bei den estnischen Parlamentswahlen 2007 lediglich 3,4 Prozent eVoting benutzten, waren es 2011 15,4 Prozent und 2015 gaben schon 30,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme elektronisch ab.
Schließlich wäre auch hier ein Quotensystem für Jugendliche überlegenswert. Sie würden sich dadurch besser vertreten fühlen und müssten selbst vermehrt zeigen, was sie für ihre Generation zu leisten imstande sind.
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