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Dem nächsten EU-Budget fehlt noch ein Happy End (Gastkommentar Paul Schmidt, Wiener Zeitung)

Der Mehrwert der Europäischen Union darf nicht auf die Position der Nettozahler reduziert werden.

Mit den politisch und medial inszenierten Dramen kann das zukünftige EU-Budget nicht mithalten. Die Aufregung steht in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Zahlen. Zugegeben: 908 Milliarden Euro als Zahlungsobergrenze sind eine Menge Geld. Aber wir diskutieren hier über einen schon reduzierten siebenjährigen EU-Finanzrahmen in der Höhe von weniger als einem Prozent der EU-Wirtschaftsleistung für mehr als 500 Millionen Menschen. Über einen Betrag, von dem übrigens 94 Prozent wieder in die EU-Länder und -Regionen in Form von Investitionen und Förderungen zurückfließen. 99 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung bleiben also in direkten Händen der EU-Mitglieder. Aber magische 1000 Milliarden machen sich anscheinend gut als Schlagzeile.

Im Grunde ist für alle nachvollziehbar, dass Österreich, eines der reichsten EU-Länder, etwas zur EU-Finanzierung beiträgt. Umso mehr, als wir seit der letzten Finanzplanung unseren Wohlstand relativ zu den anderen EU-Partnern ausbauen konnten. Wer den Mehrwert einer EU-Mitgliedschaft jedoch allein an Budgetrückflüssen misst, verkennt die Realität und erweist der nationalen Debatte einen Bärendienst.

Als exportorientiertes Land würde es uns ohne EU-Binnenmarkt und Euro ziemlich miserabel gehen. Wenn unsere EU-Partner nichts mehr kaufen, verlieren wir weit mehr an Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen, als der Anstieg unseres Nettobeitrags je ausmachen würde. Mit einer jährlichen Nettoposition von maximal 0,31 Prozent des Bruttoinlandsprodukts leisten wir daher einen fairen Beitrag.

Solange das Europäische Parlament nicht zustimmt, gibt es jedoch keinen neuen EU-Finanzrahmen. Eine Ablehnung des mehrjährigen EU-Haushalts scheint zwar unwahrscheinlich, aber die Abgeordneten werden alle verfügbaren Möglichkeiten nützen, das Gipfelergebnis in ihrem Sinne weiterzuentwickeln.

Beispielsweise könnte die Flexibilität zwischen den Ausgabekategorien verbessert werden, um nicht abgerufene EU-Gelder in Zukunft wirkungsvoller zu nutzen und auf aktuelle Herausforderungen besser reagieren zu können.

Weiters könnte eine regelmäßige Überprüfung des Finanzrahmens die Effizienz der Budgetstruktur der Europäischen Union erhöhen. Woher sollen wir heute denn wissen, welche budgetären Prioritäten in den nächsten sieben Jahren auf uns zukommen?

In Verhandlungen sollte zudem ein zukünftiger Finanzierungsmechanismus über eigene Einnahmen angestrebt werden, um die EU-Mitglieder zu entlasten und die Debatten über nationale Ein- und Auszahlungen zu überwinden.

Letztlich geht es aber um eine grundsätzliche Frage: nämlich, was eigentlich diese Europäische Union in Zukunft leisten soll. Wollen wir ein “Mini-Europa”, das sich auf den Binnenmarkt reduzieren lässt? Oder streben wir doch die Weiterentwicklung der EU an?

Inhaltlicher Gestaltungswille wurde vom Gipfelfeilschen der EU-Staats- und Regierungschefs kaum überliefert. Jetzt ist das Europäische Parlament am Zug.