Der Countdown läuft: In rund einem Jahr – am 26. Mai 2019 – finden in Österreich zum sechsten Mal die Wahlen zum Europäischen Parlament statt. Obwohl es als Co-Gesetzgeber in Europa eine entscheidende Rolle spielt, ist es in der öffentlichen Wahrnehmung hierzulande allerdings weiterhin wenig präsent. Der Wissensstand und die Beteiligung an den EU-Wahlen sind – nicht nur in Österreich – traditionell niedrig. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE).
Insgesamt 38 Prozent der Befragten geben in der Anfang Mai durchgeführten Befragung an, „sehr oft“ (12 Prozent) bzw. „oft“ (26 Prozent) in den Medien Nachrichten oder Informationen über das Europaparlament zu registrieren. Eine Mehrheit von 61 Prozent nimmt das EU-Parlament hingegen „selten“ (42 Prozent) oder „sehr selten“ (19 Prozent) in den Medien wahr. ÖGfE-Umfragen im Vorfeld der letzten EU-Wahlen 2014 machen allerdings deutlich, dass mit näher rückendem Wahltermin das Europäische Parlament medial stärker in den öffentlichen Fokus rückt.
Der gefühlte Informationsstand über die Arbeit und Aufgaben des Europaparlaments bewegt sich über die letzten Jahre hinweg auf konstant niedrigem Niveau. Aktuell sagt ein knappes Drittel der befragten ÖsterreicherInnen, dass sie sich „sehr gut“ (5 Prozent) bzw. „eher gut“ (27 Prozent) über die Tätigkeit der einzig direkt gewählten EU-Institution informiert fühlen. Fast zwei Drittel fühlen sich hingegen „eher schlecht“ (49 Prozent) bzw. „sehr schlecht“ (14 Prozent) informiert. Im Vorfeld der EU-Wahlen 2009 und 2014 zeigen ÖGfE-Umfragen eine ähnliche Datenlage, wobei der Informationsstand sich damals als noch etwas schwächer erwies.
44 Prozent der Befragten haben den Eindruck, dass das Europäische Parlament einen „sehr großen“ (9 Prozent) bzw. „eher großen“ (35 Prozent) Einfluss auf die Entscheidungen der Europäischen Union hat. 36 Prozent können sich dieser Ansicht nicht anschließen und geben an, das EU-Parlament habe „eher geringen“ (26 Prozent) bzw. „sehr geringen“ (10 Prozent) Einfluss. Rund ein Fünftel (21 Prozent) kann zu dieser Frage aktuell keine Stellung beziehen. Im Jahresvergleich zeigt sich, dass die Zahl jener, die dem EU-Parlament sehr/großen Einfluss in der EU zubilligen, stets höher war als der Anteil jener, die dies verneinten.
Die Chancen sind allerdings gegeben, die Wahlbeteiligung bei den nächsten Europawahlen zu verbessern. Die derzeitige (innen?)politische Konstellation, der heimische EU-Ratsvorsitz und eine europaweite Wahlauseinandersetzung sind dafür eine gute Voraussetzung und Gelegenheit, offen und umfassend unterschiedliche Konzepte zur Zukunft Europas zu diskutieren, Bürgerdialoge zu initiieren und dabei nicht zuletzt den Stellenwert des EU-Parlaments und die Expertise seiner Abgeordneten in den Mittelpunkt zu rücken. Das EU-Parlament ist nicht nur Gesetzgeber, sondern hat auch bei der Kür der nächsten EU-Kommission und ihres Präsidenten das letzte Wort. Gerade europäisch-interessierte Kräfte sollten daher ihre Kräfte bündeln, um den Reformprozess der EU konstruktiv zu gestalten und zu verhindern, dass europäische Errungenschaften nationalen Egoismen geopfert werden.
Die Umfrage wurde von der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft vom 2. bis 9. Mai 2018 im Auftrag der ÖGfE durchgeführt (Tel SWS 275). Befragt wurden österreichweit 531 Personen per Telefon repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahre/Gewichtung nach Geschlecht, Alter und Bildung). Maximale Schwankungsbreite ca. +/- 4,25 Prozent. Rest auf 100 Prozent = „weiß nicht/Keine Angabe“. Vergleichsumfragen 2008 bis 2013: IFES und SWS.