Die letzte Plenarsitzung des Europäischen Parlaments im Jahr 2013 hat von 9. bis 12. Dezember in Straßburg stattgefunden.
Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten aller österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die untersuchten namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Programm „Rechte und Unionsbürgerschaft“ 2014 bis 2020 ***I
- Wohnimmobilienkreditverträge
- Treibhausgasemissionszertifikate: zeitlicher Ablauf von Versteigerungen
- Sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte
- Europäischer Fonds für die Anpassung an die Globalisierung 2014-2020
Unionsbürgerschaftsprogramm: Der Verordnungs-Vorschlag zum Programm „Rechte, Gleichstellung und Unionsbürgerschaft“ in der nächsten Finanzperiode, mit dem unter anderem die tatsächliche Sicherstellung der Rechte, die aus der Unionsbürgerschaft entstehen und die Information darüber verstärkt werden soll, wurde vom Plenum angenommen und fand auch bei den österreichischen Abgeordneten eine Mehrheit.
Wohnimmobilienkreditverträge: Vor einem Hauskauf müssen die KonsumentInnen von Kreditinstituten künftig besser über die tatsächlichen Kosten und die Gefahren und Bedingungen bei Hypotheken informiert werden. Dies wurde mit großer Mehrheit beschlossen und hat auch bereits die Zustimmung des Rats.
Treibhausgasemissionszertifikate: In einer relativ knappen Abstimmung (385 Ja, 284 Nein, 24 Enthaltungen) verabschiedete das Plenum Eingriffe in das Emissionshandelssystem. Im Kern ging es dabei um eine verzögerte Versteigerung von Zertifikaten („Backloading“), die den Preisverfall stoppen soll, damit die Anreize für Unternehmen, in klimaschonende Technologien zu investieren, nicht verloren gehen. Die Bedingungen dafür waren bis zuletzt umstritten. Unter den österreichischen Abgeordneten ging die Abstimmung mit fünfzehn Ja zu vier Nein aus.
Sexuelle und reproduktive Gesundheit: Nach der Ablehnung des umkämpften Berichts des Ausschusses für Frauenrechte fand ein alternativer Entschließungantrag der Europäischen Volkspartei und der Konservativen/Reformisten eine knappe Mehrheit (334 Ja, 327 Nein, 35 Enthaltungen). Unter den österreichischen VertreterInnen wäre er mit zehn zu neun Stimmen abgelehnt worden. Die kritischen Punkte betrafen insbesondere gesundheitliche und rechtliche Sicherheit für Frauen und medizinisches Personal bei Schwangerschaftsabbrüchen sowie sexuelle Aufklärung junger Menschen.
Globalisierungsfonds: Im Zuge der Budgetkürzungen wird der Fonds in den Jahren 2014 bis 2020 entgegen der Empfehlung des EU-Parlaments wesentlich weniger Mittel umfassen (1,05 statt bisher 3,5 Milliarden Euro). Ziel bleibt die Unterstützung von Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, um die Auswirkungen der Globalisierung und der Krise abzufedern – neuerdings u.a. auch für Selbständige und vor allem junge Arbeitslose. Eine große Mehrheit des Plenums (543) und mit ihr fünfzehn österreichische Abgeordnete stimmte für diese Neuerungen.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche:
- Eine nicht namentlich abgestimmte Entscheidung betraf die Annahme eines Gesetzesvorschlags zu Bankkonten. Demnach haben alle legal in der EU sich aufhaltenden Menschen das Recht, unabhängig von Nationalität und Wohnort ein Basis-Bankkonto zu transparenten Konditionen zu eröffnen. Dies ermöglicht die grundlegende Teilnahme am Zahlungsverkehr im Binnenmarkt sowie den Empfang von Sozialleistungen etc. Schätzungen zufolge verfügen ca. 58 Millionen EU-BürgerInnen derzeit über kein Konto.
- Das Parlament stimmte der Ernennung von Daniele Nouy zur Chefin der neuen europäischen Bankenaufsicht in Frankfurt mit der Mehrheit von 555 Abgeordneten zu (50 Gegenstimmen, 52 Enthaltungen).
- Der diesjährige LUX-Filmpreis des Europäischen Parlaments wurde an den belgischen Regisseur Felix van Groeningen vergeben für “The Broken Circle Breakdown”.
Die nächste Plenartagung findet von 13. bis 16. Jänner 2014 statt.