Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Verbesserung des grenzüberschreitenden Pakettransportes
- Mehr Unterstützung für arme Regionen in der EU
- Brexit: Parlament empfiehlt Assoziierungsabkommen
- EU-Haushalt für die Zeit nach 2020
- Einheitliches und faires EU-Körperschaftssteuersystem
Verbesserung des grenzüberschreitenden Pakettransportes
Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte neuen Vorschriften zu, die grenzüberschreitende Einkäufe und den Online-Handel in der EU stärken sollen. Paketdienstleister sollen künftig ihre Tarife auf einer eigens dafür eingerichteten Website veröffentlichen. VerbraucherInnen und Unternehmen haben dadurch die Möglichkeit, zwischen den Anbietern und den Mitgliedstaaten zu vergleichen und sich für das beste Angebot zu entscheiden. Darüber hinaus soll eine bessere Regulierungsaufsicht für ein reibungsloses Funktionieren des Marktes sorgen.
Mehr Unterstützung für arme Regionen in der EU
Rund jede/r sechste EU-BürgerIn lebt in einer Region, die im EU-Vergleich wirtschaftlich schlechter gestellt ist. Für diese strukturschwachen Regionen sollen es auch in Zukunft angemessene finanzielle Unterstützung sowie spezifische Entwicklungsprogramme geben, so die Mehrheit der Abgeordneten. Trotz absehbarer Budgetkürzungen müsse die Kohäsions- und Regionalpolitik auch nach 2020 eine Priorität der EU bleiben.
Brexit: Parlament empfiehlt Assoziierungsabkommen
Das Parlament sprach sich für ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Großbritannien nach dem Brexit aus. Dieses solle auf vier Säulen beruhen: Handels- und Wirtschaftsbeziehungen, Innere Sicherheit, Zusammenarbeit in der Außen- und Verteidigungspolitik, thematische Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Projekten. Das Abkommen müsse die Integrität des Binnenmarktes, der Zollunion und der vier Freiheiten wahren. Auch die Gleichbehandlung von EU-BürgerInnen, die im Vereinigten Königreich leben, und BritInnen, die in der EU leben, müsse sichergestellt werden. Die Abgeordneten forderten außerdem, dass die Rechte der irischen BürgerInnen gemäß dem Karfreitagsabkommen auch nach dem Brexit gewahrt werden sollen.
EU-Haushalt für die Zeit nach 2020
Das Parlament nahm zwei Entschließungen zum EU-Haushalt für die Zeit nach 2020 an. Die Abgeordneten forderten eine Anhebung des Budgets von 1% auf 1,3% des Bruttonationaleinkommens der EU. So sollen neue Schwerpunktbereiche (Migration, Verteidigung, Sicherheit, Klimawandel) finanziert werden können, ohne dass dabei die Unterstützung für die Agrar- und Kohäsionspolitik zurückgeschraubt werden müsse. Zusätzlich sollten die Mittel für Jugendliche, KMU und Forschungsprogramme aufgestockt werden. Um die direkten Beiträge der Mitgliedstaaten zu senken und die durch den Brexit entstehende Finanzierungslücke zu schließen, plädierten die Abgeordneten für die schrittweise Einführung neuer Eigenmittel. Dafür kämen z.B. zusätzliche Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer, einer Steuer in der digitalen Wirtschaft und Umweltsteuern infrage.
Einheitliches und faires EU-Körperschaftssteuersystem
Ein einheitliches Körperschaftssteuersystem soll dafür sorgen, dass Unternehmen ihre Steuern dort bezahlen, wo sie Gewinne machen. Steuerschlupflöcher innerhalb der EU sollen geschlossen werden indem künftig auch ermittelt wird, ob ein Unternehmen in einem EU-Mitgliedsland digital präsent und somit steuerpflichtig ist. Auch die immer wichtiger werdenden personenbezogenen Daten, mittels derer Unternehmen wie z.B. Facebook, Amazon und Google Gewinne erzielen, sollen zur Berechnung der Steuerschuld herangezogen werden. Sobald die neuen Regelungen in Kraft treten, würden in allen Mitgliedstaaten einheitliche Steuervorschriften gelten und die Unternehmen wären nur noch einer Steuerverwaltung gegenüber rechenschaftspflichtig.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Die Berufung des Deutschen Martin Selmayr zum höchsten EU-Kommissionsbeamten führte zu Kontroversen im Parlament. Selmayer war drei Jahre lang Kabinettschef von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gewesen. Anfang März wurde er mittels Blitzbeförderung zum Generalsekretär ernannt.
Die Fraktionen des Parlaments verurteilten das Vorhaben der USA, neue Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte einzuführen. Es müsse eine Lösung gefunden werden welche darauf beruhe, gemeinsam die Ursachen der weltweiten Stahl-Überkapazitäten sowie unlautere Handelspraktiken zu bekämpfen. Obwohl man einen Handelskrieg vermeiden wolle müsse die EU bereit sein Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sollte der Dialog mit den USA scheitern.
Anlässlich des Internationalen Frauentages forderte die Mehrheit der Abgeordneten die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, die Konvention des Europarates zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu ratifizieren. Sie trat 2014 in Kraft und wurde 2017 von der EU unterzeichnet. Bislang haben elf EU-Mitgliedstaaten die Konvention noch nicht ratifiziert.
Die Abgeordneten verurteilten die Morde am slowakischen Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova. Sie forderten eine unabhängige Untersuchung unter vollständiger Einbindung von Europol. Dabei solle insbesondere dem angeblichen Missbrauch von EU-Geldern in der Slowakei nachgegangen werden. Es brauche bessere EU- und nationale Vorschriften, um die Sicherheit von JournalistInnen zu gewährleisten.
Die nächste Plenarsitzung findet von 16. bis 19. April 2018 in Straßburg statt.