Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Urheberrecht: Erteilung des Verhandlungsmandats
- Modernisierung des EU-Wahlrechts: Endgültige Abstimmung
- Erster EU-Fonds für Verteidigungsindustrie
- Grenzsicherheit: Strengere Kontrollen
- Mehr Geld für Flüchtlingskinder in der Türkei
Urheberrecht: Erteilung des Verhandlungsmandats
Eine knappe Mehrheit der Abgeordneten lehnte das vom Rechtsausschuss des Parlaments ausgearbeitete Verhandlungsmandat zur Reform des Urheberrechts ab. Neue Regelungen für ein modernes und digitales Urheberrecht seien zwar notwendig – der Schutz der KünstlerInnen und ihrer Werke sowie die freie Informationsaustausch im Internet müssten aber unter einen Hut gebracht werden. Die Mehrheit der Abgeordneten sah die Meinungsfreiheit insbesondere durch die geplanten Upload-Filter gefährdet. Darunter versteht man eine Software, die Daten beim Hochladen überprüft und illegale bzw. nicht regelkonforme Inhalte abweist bzw. vor der Veröffentlichung anpasst. Das Mandat wird nun überarbeitet und voraussichtlich im September dem Plenum erneut zur Abstimmung vorgelegt.
Modernisierung des EU-Wahlrechts: Endgültige Abstimmung
Das Parlament billigte neue Maßnahmen zur Modernisierung des EU-Wahlrechts. Ziel des aktualisierten Wahlrechts ist es, die Beteiligung der EU-BürgerInnen an der Europawahl zu erhöhen und den europäischen Charakter der Wahl stärker hervorzuheben. Zu den neuen Bestimmungen gehört u.a. die Einführung einer verpflichtenden Sperrklausel für alle größeren EU-Länder mit mehr als 35 Sitzen. Bislang konnte jedes Land frei entscheiden, ob es eine Sperrklausel einführt. Von den EU-Ländern mit mehr als 35 Sitzen haben alle eine Sperrklausel außer Spanien und Deutschland. Diese beiden Mitglieder sind nun verpflichtet, bis spätestens zu den Europawahlen 2024 eine solche Schwelle einzuführen. Eine doppelte Stimmabgabe soll mit Sanktionen geahndet werden.
Erster EU-Fonds für Verteidigungsindustrie
Das Plenum verabschiedete ein Programm zur Förderung der Innovation in der europäischen Verteidigungsindustrie. Mit einem Budget von 500 Millionen Euro für den Zeitraum 2019-2020 wird es dazu beitragen, die Entwicklung neuer und verbesserter Produkte und Technologien zu finanzieren. So soll die EU im Bereich Verteidigungsgüter unabhängiger und wettbewerbsfähiger gemacht werden.
Grenzsicherheit: Strengere Kontrollen
Nicht EU-BürgerInnen, die von der Visumpflicht befreit sind, müssen vor der Einreise in die EU künftig eine Reisegenehmigung beantragen. Die Reisegenehmigung kostet sieben Euro uns ist drei Jahre gültig. Informieren müssen AntragstellerInnen die Behörden über Verurteilungen, Aufenthalte in Kriegs- oder Konfliktgebieten oder über eine frühere behördliche Entscheidung, das Land zu verlassen. Reisenden, mit deren Einreise ein Sicherheitsrisiko, ein Risiko der illegalen Einwanderung oder ein hohes Epidemierisiko verbunden ist, wird die Einreise verweigert. Das neue Europäische Reiseinformations- und Genehmigungssystem (ETIAS) soll 2021 in Kraft treten.
Mehr Geld für Flüchtlingskinder in der Türkei
Das Plenum sprach sich mehrheitlich dafür aus, Flüchtlingskinder in der Türkei weiterhin finanziell zu unterstützen. 500 Millionen Euro sollen dafür als erste Tranche bereitgestellt werden. Gleichzeitig wird das Hilfsprogramm für Flüchtlinge in der Türkei um drei Milliarden Euro erweitert. Ziel ist es, den insgesamt 300.000 Flüchtlingskindern in der Türkei eine Schulausbildung zu garantieren.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Am 1. Juli 2018 hat Österreich den EU-Ratsvorsitz übernommen. Aus diesem Anlass hielt Bundeskanzler Sebastian Kurz eine Rede vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments. Während der sechsmonatigen Ratspräsidentschaft möchte sich die österreichische Regierung in erster Linie für einen effizienteren Schutz der EU-Außengrenzen, eine bessere Wettbewerbsfähigkeit sowie eine aktive Nachbarschaftspolitik einsetzen undf die EU-Annäherung der Westbalkan-Staaten unterstützen. Österreich wolle während des Ratsvorsitzes als „Brückenbauer“ im Interesse der Europäischen Union fungieren.
Die nächste Plenarsitzung findet von 10. bis 13. September 2018 in Straßburg statt.