Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 11. bis 14. März 2019)

Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Cybersicherheit in der EU
  • Besseres EU-Visa-Informationssystem
  • Besserer Informationsaustausch über Drittstaatsangehörige
  • Kampf gegen Desinformationskampagnen
  • EU und Russland: Weitere Sanktionen nicht ausschließen

Cybersicherheit in der EU
Das Parlament gab grünes Licht für ein System von EU-Cybersicherheitszertifikaten für Produkte, Verfahren und Dienstleistungen. So soll gewährleistet werden, dass Produkte, die in der EU verkauft werden, den europäischen Cybersicherheitsstandards entsprechen. Besonders betont wird die Notwendigkeit der Zertifizierung kritischer Infrastrukturen. Dazu zählen beispielsweise die Wasser- und Energieversorgung sowie Bankensysteme. Der Rechtsakt sieht überdies ein ständiges Mandat und mehr Mittel für die EU-Cybersicherheitsagentur ENISA vor. Gleichzeitig verabschiedete das Plenum eine Resolution zu Sicherheitsbedrohungen durch Informationstechnologie aus China. Insbesondere bei der Einrichtung von 5G-Netzen müssten die höchsten Sicherheitsstandards eingehalten werden, um Cyberbedrohungen aus China abzuwehren.

Besseres EU-Visa-Informationssystem
Das Visa-Informationssystem (VIS) ist eine EU-Datenbank, die zur Überprüfung von Drittstaatsangehörigen verwendet wird, die für die Einreise in den Schengen-Raum ein Visum benötigen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte einer Reform des VIS zu, um die Herausforderungen in den Bereichen Sicherheit und Migration künftig besser bewältigen und die EU-Außengrenzen besser verwalten zu können. Die Reform umfasst u.a. verstärkte obligatorische Sicherheitskontrollen in allen EU-Datenbanken, eine genaue Überprüfung von Visa für einen langfristigen Aufenthalt, eine Herabsetzung des Alters für die Abnahme von Fingerabdrücken bzw. die Beschaffung von Gesichtsbildern von 12 auf 6 Jahre und ein besserer Zugang Europol und den Strafverfolgungsbehörden zu VIS-Daten.

Besserer Informationsaustausch über Drittstaatsangehörige
Das Parlament billigte die Einrichtung einer neuen zentralisierten Datenbank für Drittstaatsangehörige (ECRIS-TCN). Mit dieser Datenbank soll der Austausch von Informationen aus den Strafregistern von Drittstaatsangehörigen in der gesamten EU verbessert werden. Die neue Datenbank wird das Europäische Strafregisterinformationssystem (ECRIS) ergänzen, welches den Austausch von Informationen über die Vorstrafen von EU-BürgerInnen ermöglicht.

Kampf gegen Desinformationskampagnen
Das Plenum verurteilte die zunehmenden Desinformationskampagnen Russlands, Chinas, des Irans und Nordkoreas. Vor dem Hintergrund der jüngsten Anstrengungen der EU, solch feindseliger Propaganda entgegenzuwirken, forderten die Abgeordneten einen neuen EU-Rechtsrahmen, um noch besser auf Desinformationskampagnen reagieren zu können. Insbesondere gegen die Einmischung von Dritten in Wahlen und Referenden in Europa müsse entschieden und proaktiv vorgegangen werden. Auch die Mitgliedstaaten der assoziierten Länder der EU und die Länder des westlichen Balkans sollten dabei unterstützt werden, Wahlen vor Propagandatätigkeiten und der Einflussnahme Dritter zu schützen.

EU und Russland: Weitere Sanktionen nicht ausschließen
Das Plenum verabschiedete eine Resolution zu den Beziehungen zwischen der EU und Russland. Seit 2015 seien neue Spannungsfelder zwischen der EU und Russland entstanden: Die Intervention Russlands in Syrien, die Einmischung in Libyen und der zentralafrikanischen Republik, das fortgesetzte aggressive Vorgehen in der Ukraine und die Unterstützung von EU-feindlichen und rechtsextremen Bewegungen. Vor diesem Hintergrund müsse die EU auch bereit sein, weitere Sanktionen gegen Russland in Erwägung zu ziehen. Eine engere Zusammenarbeit werde nur möglich sein, wenn Russland die territoriale Integrität der Ukraine widerherstelle.
 
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Das Parlament verabschiedete mehrere Sondermaßnahmen für den Fall eines Brexit ohne Abkommen. Es geht um Notfallregelungen in den Bereichen Reise-, Luft- und Straßenverkehr, Erasmus, soziale Sicherheit und Fischerei.
Die Mehrheit der Abgeordneten unterstützte neue EU-Rechtsvorschriften zum Schutz der Landwirte vor unfairen Handelspraktiken von Supermarktketten und großen Käufern. Die neuen Vorschriften enthalten eine schwarze Liste mit unlauteren Handelspraktiken, die künftig verboten sind – beispielsweise verspätete Zahlungen, späte und einseitige Stornierungen, rückwirkende Auftragsänderungen und der Missbrauch vertraulicher Informationen. LebensmittelherstellerInnen sollen überdies das Recht auf einen schriftlichen Liefervertrag erhalten.
Vor dem Hintergrund schwerer politischer und demokratischer Rückschritte in den letzten Jahren empfahl das Parlament die offizielle Aussetzung der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Nichts desto trotz sollte die Tür für die Modernisierung der 1995 zwischen der EU und der Türkei vereinbarte Zollunion offen bleiben. Auch die türkische Zivilgesellschaft sollte weiterhin von der EU unterstützt werden.

Die nächste Plenarsitzung findet von 25. bis 28. März 2019 in Straßburg statt.