Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Sicherer Straßenverkehr: Lebensrettende Technik für Fahrzeuge
- Neue Regeln für den EU-weiten Schutz von Whistleblowern
- Stärkung der Arbeitsrechte von atypisch Beschäftigten
- Frontex-Aufstockung: Ständige Reserve von 10.000 GrenzbeamtInnen
- Terrorpropaganda im Internet: Eine Stunde zum Löschen
Sicherer Straßenverkehr: Lebensrettende Technik für Fahrzeuge
Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, Lkw und Busse sollen künftig mit fortschrittlichen Sicherheitsfunktionen ausgestattet werden, so die Mehrheit der Abgeordneten. Das sind z.B. intelligente Geschwindigkeitsassistenten, Vorrichtungen zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre, Warnsysteme bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit des/der FahrerIn, Notbremslichter und Rückfahrassistenten. Die meisten dieser Technologien und Systeme sollen ab Mai 2022 für alle neuen Fahrzeuge und ab Mai 2024 für bestehende Modelle verbindlich werden. Auch Direktsicht-Technologien, welche die Direktsicht auf ungeschützte VerkehrsteilnehmerInnen vom Fahrersitz aus verbessern, sind ab November 2025 in neue und ab November 2028 in bestehende Lkw und Busse einzubauen.
Neue Regeln für den EU-weiten Schutz von Whistleblowern
Das Parlament verabschiedete neue Vorschriften zum EU-weiten Schutz von InformantInnen (Whistleblowern), die Verstöße gegen das EU-Recht aufdecken. Um die Sicherheit potenzieller Whistleblower zu gewährleisten, dürfen diese in Zukunft Verstöße über innerhalb ihrer Organisation angesiedelte oder externe Kanäle melden. Die neuen Regeln verbieten überdies ausdrücklich Repressalien und führen Schutzmaßnahmen ein, damit HinweisgeberInnen nicht entlassen, degradiert, eingeschüchtert oder in anderer Weise angegriffen werden können.
Stärkung der Arbeitsrechte von atypisch Beschäftigten
Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich für die Einführung von Mindestrechten für Arbeitende in Gelegenheits- oder Kurzzeitjobs, bei Anstellungen auf Abruf, auf Grundlage von Gutscheinen oder bei Online-Plattformen wie Uber oder Deliveroo aus. Auch bezahlte PraktikantInnen und Auszubildende sind eingeschlossen. Alle Arbeitenden müssen vom ersten Tag an, in Ausnahmefällen spätestens am siebten Tag, über die wesentlichen Aspekte ihres Arbeitsvertrags informiert werden. Die Probezeit wird auf sechs Monate begrenzt und ArbeitgeberInnen müssen künftig kostenlose, verpflichtende Weiterbildungen anbieten. Die Abgeordneten unterstützten außerdem die Einrichtung einer EU-Arbeitsbehörde. Sie soll ArbeitnehmerInnen im EU-Ausland schützen und gegen Lohn- und Sozialdumping vorgehen.
Frontex-Aufstockung: Ständige Reserve von 10.000 GrenzbeamtInnen
Das Parlament verabschiedete ein neues Gesetz zur Stärkung der Europäischen Grenz- und Küstenschutzagentur (Frontex) und zum besseren Schutz der EU-Außengrenzen. Bis 2027 soll eine neue ständige Reserve von 10.000 GrenzbeamtInnen voll einsatzfähig sein und die EU-Länder vor Ort bei Grenzkontrollen und Rückführungsaufgaben sowie beim Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität unterstützen. Die Zusammenarbeit mit Nicht-EU-Ländern soll ebenfalls gestärkt werden. Die Einhaltung der Grundrechte und des persönlichen Datenschutzes wird mit Hilfe bestimmter Sicherheitsmaßnahmen gewährleistet.
Terrorpropaganda im Internet: Eine Stunde zum Löschen
Das Plenum unterstützte einen Gesetzesvorschlag gegen den Missbrauch von Internet-Hosting-Diensten für terroristische Zwecke. Künftig sollen Internetunternehmen terroristische Inhalte innerhalb einer Stunde nach Erhalt einer Anweisung entfernen, um Radikalisierung zu bekämpfen und zur öffentlichen Sicherheit beizutragen. Sie sind jedoch nicht generell verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen. Unternehmen, die sich systematisch und dauerhaft nicht an das Gesetz halten, können mit bis zu 4 Prozent ihres weltweiten Umsatzes bestraft werden.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Die 16-jährige schwedische Schülerin und Klimaaktivistin Greta Thunberg besuchte das Parlament in Straßburg. Sie forderte die Abgeordneten dazu auf, sich gegen den Klimawandel und die sukzessive Zerstörung der Umwelt einzusetzen. Das Ziel müsse sein, innerhalb der nächsten zehn Jahre die CO2-Emissionen um 50% zu reduzieren. Noch gebe es ein Zeitfenster, um gegen den Klimawandel zu handeln. Doch dieses Fenster werde nicht mehr lange geöffnet bleiben. Vor diesem Hintergrund rief Thunberg auch zur Teilnahme an der Europawahl auf.
Das Parlament stimmte einem Reformpaket zur Stärkung der Widerstandskraft und Abwicklungsfähigkeit von EU-Banken zu. Es gilt als wichtiger Schritt zum Abbau von Risiken im Bankensystem und zur Schaffung der Bankenunion. Damit soll nicht zuletzt die Wettbewerbsfähigkeit des EU-Bankensektors weiter erhöht werden.
Die Mehrheit der Abgeordneten unterstützte neue EU-Vorschriften, die sicherstellen sollen, dass die Risikobewertungsverfahren der EU für die Lebensmittelsicherheit zuverlässiger, transparenter und objektiver werden. Mit den neuen Regeln wird u.a. ein gemeinsames europäisches Register für Studien geschaffen, damit künftig keine für die AuftraggeberInnen nachteiligen Studien mehr zurückgehalten werden können.
Die nächste Plenarsitzung findet von 01. bis 04. Juli 2019 in Straßburg statt.