Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 25. bis 28. November 2019)

Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • EU-Parlament bestätigt neue EU-Kommission
  • Endgültige Abstimmung über EU-Budget 2020
  • Weniger billiges Hühnerfleisch aus der Ukraine – Parlament schließt Rechtslücke
  • Parlament ruft Klimanotstand aus
  • Gewalt gegen Frauen: EU-Länder sollen Istanbul-Konvention ratifizieren

EU-Parlament bestätigt neue EU-Kommission
Das Parlament gab grünes Licht für die neue EU-Kommission. Vor der Abstimmung kündigte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Rede einen umfassenden Wandel in Europa an. Dabei verwies sie abermals auf die von ihr bereits im Juli präsentierten Ziele: Ein ehrgeiziger Klimaschutz im Rahmen eines „Green Deal“, eine stärkere Rolle Europas in der Welt und ein europäischer Weg ins digitale Zeitalter angesichts der fortschreitenden Digitalisierung. Im Bereich der EU-Erweiterung sprach sich die Kommissionspräsidentin für eine europäische Perspektive für die Staaten des Westbalkans aus. Mit von der Leyen steht erstmals eine Frau an der Spitze der Europäischen Kommission und der Anteil weiblicher Kommissarinnen ist so hoch wie nie zuvor. Die neue Kommission wird ihre Arbeit am 1. Dezember aufnehmen.

Endgültige Abstimmung über EU-Budget 2020
Das Plenum verabschiedete den EU-Haushalt für 2020. Die Abgeordneten haben sich erfolgreich für mehr Klimaschutz, Forschungsförderung, Infrastrukturinvestitionen sowie eine bessere Unterstützung von Jugendlichen im Rahmen von Erasmus plus und der Jugendbeschäftigungsinitiative eingesetzt. Die Verpflichtungsermächtigungen für 2020 belaufen sich auf insgesamt 168,7 Milliarden Euro (1,5% Steigerung gegenüber 2019); die Zahlungsermächtigungen belaufen sich auf 153,6 Milliarden Euro (+3,4 % gegenüber 2019).

Weniger billiges Hühnerfleisch aus der Ukraine – Parlament schließt Rechtslücke
Das Parlament stimmte einer Änderung im Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Ukraine zu. Die Änderung wurde als notwendig erachtet, da ukrainische Geflügelkonzerne eine Rechtslücke im Abkommen ausnutzten und Unmengen an vergleichsweise billigem Hühnerfleisch zollfrei in die EU exportierten. Die Änderung im Abkommen trägt dazu bei, europäische Geflügelkonzerne künftig vor billigen Massenimporten zu schützen. Die Menge an zollfrei exportierbarem Hühnerfleisch aus der Ukraine wird dennoch von insgesamt 20.000 Tonnen auf 70.000 Tonnen erhöht.

Parlament ruft Klimanotstand aus
Im Vorfeld der UNO-Klimakonferenz (2.-3. Dezember 2019) verabschiedete das Parlament eine Resolution, mit der es den Klima- und Umweltnotstand für die EU ausruft. Die Kommission solle gewährleisten, dass alle neuen Gesetzes- und Haushaltsvorschläge mit dem Ziel übereinstimmen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Auch die weltweiten Emissionen aus Schifffahrt und Luftfahrt müssten dringend verringert werden. Die Abgeordneten forderten die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dazu auf, in den von ihr angekündigten „Green Deal“ für Europa eine Vorgabe von 55% CO2-Emissionsreduzierung bis 2030 aufzunehmen. Die EU müsse Klimaneutralität so bald wie möglich, spätestens aber bis 2050 erreichen.

Gewalt gegen Frauen: EU-Länder sollen Istanbul-Konvention ratifizieren
Laut Erhebungen der EU-Grundrechteagentur hat jede dritte Frau in Europa mindestens einmal im Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Vor diesem Hintergrund und anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen (25. November) fordert das Parlament den Rat der EU sowie sieben säumige EU-Mitgliedstaaten dazu auf, die sogenannte „Istanbul-Konvention“ unverzüglich zu ratifizieren. Sie wurde 2011 vom Europarat als erstes internationales Rechtsinstrument zur Verhinderung geschlechtsspezifischer Gewalt verabschiedet. Darüber hinaus solle Gewalt gegen Frauen in den Katalog der von der EU anerkannten Straftaten aufgenommen werden.

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Der Film „Gott existiert, ihr Name ist Petrunya“ der nordmazedonischen Regisseurin Teona Mitevska erhielt den 13. LUX-Filmpreis des Europäischen Parlaments. Der Film erzählt die Geschichte einer jungen arbeitslosen Frau, die während der orthodoxen Dreikönigszeremonie das Rennen um das Heilige Kreuz gewinnt. Sie hat plötzlich Zugang zu einer religiösen Tradition, die normalerweise nur Männern offensteht.

Zum 30-jährigen Bestehen der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes hat das Parlament eine Entschließung verabschiedet, in der die Abgeordneten alle Formen von Gewalt gegen Kinder – einschließlich Zwangsheirat, weiblicher Genitalverstümmelung, Menschenhandel und psychologischer Gewalt – verurteilen. Darüber hinaus wird ein besserer Schutz von Kindern in Kriegsgebieten sowie von minderjährigen MigrantInnen gefordert. Um das Problem der Staatenlosigkeit zu bekämpfen, sollte jedes Neugeborene von einem Staat anerkannt werden.

Die nächste Plenarsitzung findet von 16. bis 19. Dezember 2019 in Straßburg statt.