Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug im elektronischen Geschäftsverkehr
- Parlament verurteilt „LGBTI-freie Zonen“ in Polen
- Mehr Steuergerechtigkeit in der digitalisierten Wirtschaft
- Malta: Ermittlungen nach Mord an Journalistin Daphne Caruana Galizia
- Nicaragua: Parlament verlangt ein Ende der Unterdrückung von Oppositionellen
Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug im elektronischen Geschäftsverkehr
In der EU gehen jährlich 137 Mrd. Euro durch Mehrwertsteuerbetrug verloren. Vor diesem Hintergrund hat das Parlament zwei Rechtsakte angenommen, welche die Mehrwertsteuerhinterziehung im elektronischen Geschäftsverkehr eindämmen sollen. Die neuen Vorschriften werden den Informationsaustausch zwischen den Betrugsbekämpfungsstellen in den Mitgliedstaaten verbessern und die Strafverfolgung effektiver gestalten. Auch die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden und den Zahlungsdienstleistern wird verstärkt. Durch diese Maßnahmen sollen sich die Mehrwertsteuereinnahmen der EU-Mitgliedstaaten um 7 Mrd. Euro erhöhen.
Parlament verurteilt „LGBTI-freie Zonen“ in Polen
Die Abgeordneten zeigten sich besorgt über die wachsende Zahl von Angriffen auf lesbische, schwule, bisexuelle, Transgender und intersexuelle (LGBTI) Menschen in der EU. Dabei verurteilten sie insbesondere die Anfang 2019 begonnene Einrichtung von „LGBTI-freien Zonen“ in Dutzenden von Gemeinden im Südosten Polens. Das Parlament forderte die polnischen Behörden dazu auf alle Handlungen zu verurteilen, in denen die Rechte von LGBTI-Personen angegriffen werden. Darüber hinaus sollte die Kommission dafür sorgen, dass EU-Gelder nicht für die Diskriminierung von Minderheiten verwendet werden.
Mehr Steuergerechtigkeit in der digitalisierten Wirtschaft
Das Parlament sprach sich für mehr Steuergerechtigkeit in der digitalisierten und globalisierten Welt aus. Die EU müsse dafür eintreten, dass Unternehmen dort, wo ihre eigentliche wirtschaftliche Tätigkeit und Wertschöpfung tatsächlich stattfindet, einen fairen Steueranteil zahlen. Die Steuereinnahmen müssten wiederum gerecht auf alle Mitgliedstaaten aufgeteilt werden. Die Abgeordneten forderten die EU dazu auf, sich an den internationalen Bemühungen zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft zu beteiligen. Sollten diese internationalen Verhandlungen scheitern, müsse die EU im Alleingang handeln.
Malta: Ermittlungen nach Mord an Journalistin Daphne Caruana Galizia
Die Abgeordneten äußerten Bedenken hinsichtlich der Integrität und Glaubwürdigkeit der Ermittlungen rund um die Ermordung von Daphne Caruana Galizia. Die investigative Journalistin war im Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet worden. Solange der maltesische Premierminister Joseph Muscat im Amt sei, seien die Ermittlungen im Mordfall gefährdet, so die Abgeordneten. Muscat und weitere Regierungsmitglieder stehen in Verdacht, in den Mord verwickelt zu sein. Das Parlament zeigte sich darüber hinaus besorgt darüber, dass die Entwicklungen der vergangene Jahre in Malta zu einer ernsthaften Bedrohung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Grundrechten geführt haben. Insbesondere müsse auch die in Malta gängige Praxis des Verkaufs von Staatsbürgerschaften an Investoren eingestellt werden.
Nicaragua: Parlament verlangt ein Ende der Unterdrückung von Oppositionellen
Die Abgeordneten sprachen sich für ein sofortiges Ende der Unterdrückung, brutalen Verfolgung und Verhaftung von Oppositionellen und DemonstrantInnen in Nicaragua aus. Der Dialog zwischen Regierung und Opposition müsse umgehend wieder aufgenommen werden. Angesichts der anhaltenden Konflikte müsse Nicaragua vom Assoziierungsabkommen der EU mit Zentralamerika vorübergehend ausgeschlossen werden. Nicaragua kommt seit fast einem Jahr nicht zur Ruhe. Im April 2018 hatte eine geplante Pensionsreform heftige Proteste ausgelöst, die gewaltsam niedergeschlagen wurden.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Die Abgeordneten forderten die Kommission in einer Entschließung dazu auf, neue und gezieltere Maßnahmen zum Schutz von Bienen und anderen Bestäubern vorzuschlagen. Insbesondere eine Verringerung der für Bienen schädlichen Pestizide sollte zu einem grundlegenden Ziel der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik der EU werden.
Der Sacharow-Preis 2019 wurde an den Wirtschaftsprofessor Ilham Toti verliehen. Er macht sich für die Rechte der muslimisch-uigurischen Minderheit in China stark und verbüßt seit 2014 wegen „Separatismus” eine lebenslange Haftstrafe. Die Tochter des uigurischen Menschenrechtsaktivisten hat den Preis im Namen ihres inhaftierten Vaters in Straßburg entgegengenommen
Die nächste Plenarsitzung findet von 13. bis 16. Jänner 2019 in Straßburg statt.