Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung, 26.-29. Februar 2024)

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 26. bis 29. Februar 2024 stattgefunden.

Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen

  • Anpassung des EU-Langzeithaushaltes & Budgethilfe für die Ukraine
  • Parlament verabschiedet EU-Renaturierungsgesetz
  • Schutz von kritischen Stimmen vor Einschüchterungen durch die Justiz
  • Neue Transparenzregeln für politische Werbung
  • Reform der EU-Führerscheinvorschriften

Anpassung des EU-Langzeithaushaltes & Budgethilfe für die Ukraine

Die Mehrheit der Abgeordneten gab grünes Licht für die Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens der EU. Der EU-Haushalt wird insbesondere in den Bereichen Migration, außenpolitische Herausforderungen und Krisenvorsorge aufgestockt. Ziel ist, besser auf einen sich wandelnden Bedarf und unvorhergesehene Umstände reagieren zu können. Darüber hinaus sprach sich das Parlament für eine langfristige finanzielle Unterstützung der Ukraine im Rahmen der Ukraine-Fazilität aus. Auch eine Plattform für strategische Technologien für Europa soll als Teil des Pakets zur Überarbeitung des EU-Haushalts eingerichtet werden.

Parlament verabschiedet EU-Renaturierungsgesetz

Das Parlament verabschiedete das EU-Renaturierungsgesetz, dessen Ziel die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in allen Mitgliedstaaten ist. Es trägt zur Verwirklichung der Klima- und Artenschutzziele der EU bei und soll für mehr Ernährungssicherheit sorgen. Die Mitgliedstaaten müssen bis 2030 mindestens 30 % der Lebensräume, für die die neuen Vorschriften gelten (von Wäldern, Grünland und Feuchtgebieten bis hin zu Flüssen, Seen und Korallenriffen) von schlechtem in guten Zustand versetzen; bis 2040 sollen es 60 % sein, bis 2050 sogar 90 %. Wie vom Parlament gefordert, ist in dem Gesetz eine Notbremse vorgesehen. Das heißt, dass die Zielvorgaben für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen ausgesetzt werden können – wenn dadurch z.B. die Fläche stark verringert würde, die nötig ist, um genug Lebensmittel für die VerbraucherInnen in der EU zu erzeugen.

Schutz von kritischen Stimmen vor Einschüchterungen durch die Justiz

Das Parlament sprach sich dafür aus, JournalistInnen, AktivistInnen und WissenschaftlerInnen sowie ihre Organisationen künftig vor Klagen zu schützen, die sie einschüchtern sollen. Dieser Schutz soll für alle länderübergreifenden Fälle gelten, außer wenn der/die Beklagte und der/die KlägerIn aus demselben EU-Staat kommen wie das Gericht oder der Fall nur in einem Mitgliedstaat relevant ist. Das Parlament setzte zwei Schutzmechanismen durch: die frühzeitige Abweisung unbegründeter Klagen und die Möglichkeit, vom Kläger zu verlangen, dass er/sie die geschätzten Verfahrenskosten trägt und gegebenenfalls Schadenersatz zahlt. Die neuen Regeln sollen u.a. auch verhindern, dass KlägerInnen den Gerichtsstand wählen, der die besten Erfolgsaussichten bietet. Darüber hinaus sollen sie sicherstellen, dass Opfer von missbräuchlichen Klagen sämtliche Informationen über Verfahrensgarantien und Rechtsbehelfe erhalten.

Neue Transparenzregeln für politische Werbung

Das Parlament hat neue Regeln für die Transparenz und die Ausrichtung politischer Werbung angenommen. Nach den neuen Vorschriften muss politische Werbung künftig klar gekennzeichnet werden. So soll das Vertrauen der BürgerInnen in Wahlkampagnen gestärkt und Desinformation sowie externe Einflussnahme bekämpft werden. Um die Einflussnahme aus dem Ausland auf die demokratischen Prozesse in Europa zu begrenzen, wird das Sponsoring von Werbung aus Ländern außerhalb der EU in den drei Monaten vor einer Wahl oder einem Referendum verboten sein. Darüber hinaus sollen Techniken der personalisierten Werbung in Zukunft strenger reguliert werden.

Reform der EU-Führerscheinvorschriften

Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich für eine Reform der EU-Führerscheinvorschriften aus. Ziel ist es, die Verkehrssicherheit zu erhöhen sowie den ökologischen und digitalen Wandel zu unterstützen. Die Führerscheinprüfungen sollen daher künftig Aspekte wie Fahren bei Schnee und Eis, sichere Handynutzung beim Fahren, den toten Winkel, Fahrassistenzsysteme und das sichere Öffnen der Autotüren abdecken. Darüber hinaus sollen FahrerInnen ihre Fahrtüchtigkeit selbst bewerten, wobei die Mitgliedstaaten entscheiden können, ob eine ärztliche Untersuchung erforderlich ist. FahranfängerInnen müssen eine Probezeit von mindestens zwei Jahren absolvieren, während der sie bestimmten Beschränkungen unterworfen sind. Darüber hinaus sprachen sich die Abgeordneten für die Einführung eines digitalen Führerscheins aus, der dem physischen Führerschein völlig gleichwertig ist.

 

Weitere Höhepunkte

Julia Nawalnaja, die Witwe des vor kurzem ermordeten russischen Korruptionsbekämpfers Alexei Nawalny, hielt eine Ansprache vor dem Plenum. Sie beschuldigte die russischen Behörden unter der Führung von Präsident Wladimir Putin, die Ermordung ihres Ehemannes inszeniert zu haben. Sie äußerte ihre Besorgnis darüber, dass keine der derzeitigen restriktiven Maßnahmen der EU die russische Aggression in der Ukraine wirksam gestoppt habe. Vor diesem Hintergrund forderte sie mehr innovative Ideen, um Putins Regime zu besiegen, und zwar sowohl im eigenen Land als auch im Hinblick auf sein Verhalten gegenüber den Nachbarländern.

Das Parlament verabschiedete eine Resolution, in der es den Mord an Alexei Nawalny aufs Schärfste verurteilt und die EU dazu aufruft, die demokratische Opposition in Russland aktiv zu unterstützen. Die Abgeordneten betonten, dass die Regierung Russlands und Wladimir Putin persönlich die strafrechtliche und politische Verantwortung für den Tod des Regimekritikers trügen, der ein weiteres Zeichen für die zunehmende und systematische Unterdrückung in Russland sei. Die Bevölkerung Russlands dürfe aber nicht mit dem „kriegslüsternen, autokratischen und kleptokratischen Kreml-Regime” verwechselt werden. Die Abgeordneten forderten die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen um die Freilassung von Gefangenen zu intensivieren. Dies gelte insbesondere für Personen, die von den Haftbedingungen am stärksten betroffen sind, wie politische Gefangene, die krank sind oder gefoltert werden.

Die nächste Plenarsitzung findet von 11. bis 14. März 2024 statt.