Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Europäische Verteidigungsunion
- Parlament gegen Anti-EU-Propaganda aus Russland & vom Islamischen Staat
- Beitrittsgespräche mit der Türkei aussetzen
- Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung
- Strengere Grenzwerte für Luftschadstoffe
Europäische Verteidigungsunion
Die weltweite Sicherheitslage hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Auch Europa ist zunehmend mit neuen verteidigungspolitischen Herausforderungen, wie etwa Terrorismus, hybriden Bedrohungen sowie Bedrohungen der Cybersicherheit und der Energieversorgungssicherheit konfrontiert. Da die Mitgliedstaaten nicht in der Lage seien, diese neuen Herausforderungen alleine zu meistern, sprach sich die Mehrheit der Abgeordneten für eine stärkere sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit zum Schutze Europas aus. Ziel sei auf lange Sicht die Errichtung einer europäischen Verteidigungsunion mit einem zentralen EU-Hauptquartier zur Planung und Koordinierung gemeinsamer Operationen. Die Mitgliedstaaten sollten 2% des BIP für Verteidigung ausgeben und multinationale Streitkräfte aufstellen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen EU und NATO solle ebenfalls anvisiert werden.
Parlament gegen Anti-EU-Propaganda aus Russland & vom IS
Die Mehrheit der Abgeordneten forderte eine stärkere Bekämpfung von Anti-EU-Propaganda aus Russland und von nicht-staatlichen Akteuren, wie dem Islamischen Staat (IS). Die EU müsse mehr in Sensibilisierungsmaßnahmen, investigativen Journalismus sowie Maßnahmen zur Erhöhung der Informationskompetenz investieren, um die BürgerInnen zu einem kritischen Umgang mit Medieninhalten zu befähigen. Überdies solle die EU-Task Force für strategische Kommunikation verstärkt und erweitert werden. Sie konzentrierte sich bislang darauf, Falschmeldungen aus Russland aufzuspüren.
Beitrittsgespräche mit der Türkei aussetzen
Das Plenum sprach sich dafür aus, die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei vorübergehend auszusetzen. Seit dem gescheiterten Putsch im Juli dieses Jahres habe die türkische Regierung unverhältnismäßig repressive Maßnahmen ergriffen, die gegen die grundlegenden Rechte und Freiheiten sowie die demokratischen Werte verstoßen würden. Die Entschließung ist rechtlich allerdings nicht bindend. Die Abgeordneten betonten trotz allem, dass sie sich weiterhin für eine Annäherung der Türkei an Europa einsetzen wollen.
Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerhinterziehung
Das Plenum stimmte einer Überarbeitung der Richtlinie über die Zusammenarbeit im Bereich der Besteuerung zu. Künftig wird es den Steuerbehörden in der EU möglich sein, automatisch Daten über KontoinhaberInnen auszutauschen. Die neuen Vorschriften sollen den Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung EU-weit erleichtern.
Strengere Grenzwerte für Luftschadstoffe
Schlechte Luftqualität führt jährlich zu ca. 400.000 vorzeitigen Todesfällen in der EU. Das Plenum gab darum grünes Licht für eine EU-Richtlinie, welche strengere nationale Grenzwerte für Emissionen bestimmter Schadstoffe festlegen soll.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Der 10. LUX-Filmpreis des Parlaments ging an den Film „Toni Erdmann“ von Regisseurin Maren Ade. Die deutsch-österreichisch-rumänische Koproduktion behandelt die komplexe Beziehung zwischen einer im Ausland lebenden Tochter und ihrem Vater. Gemeinsam mit den beiden anderen Filmen, die es in die Endauswahl schafften, wird „Toni Erdmann“ bis Dezember 2016 in allen EU-Mitgliedstaaten vorgeführt.
Martin Schulz gibt seinen Posten als Präsident des Europaparlaments auf und wechselt in die deutsche Bundespolitik. Der SPD-Politiker war seit 1994 Mitglied des Europäischen Parlaments und seit 2012 dessen Präsident. Entsprechend einer Vereinbarung mit den europäischen Christdemokraten könnte nun ein/e PolitikerIn aus den Reihen der EVP das Amt für die zweite Hälfte der Legislaturperiode übernehmen. Martin Schulz möchte sich auch von der nationalen Ebene aus weiterhin für Europa einsetzen.
Die nächste Plenarsitzung findet von 12. bis 15. Dezember 2016 in Straßburg statt.