Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung, 17.-20. Jänner 2022)

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 17. bis 20. Jänner 2022 stattgefunden.

Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen

  • Gesundheitsunion: Stärkere Rolle für EU-Arzneimittelagentur
  • Gesetz über digitale Dienste: Mehr Sicherheit dank Regeln für Online-Plattformen
  • Tiere müssen beim Transport besser geschützt werden
  • Die Lage in Kasachstan
  • Missachtung der Grundfreiheiten in Hongkong

Gesundheitsunion: Stärkere Rolle für EU-Arzneimittelagentur

Das Parlament billigte die im vergangenen Jahr mit dem Rat erzielte vorläufige Einigung über die Erweiterung der Befugnisse der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Die EMA wird künftig besser auf Gesundheitskrisen vorbereitet sein, indem sie Engpässe bei Arzneimitteln und Medizinprodukten wirksamer bekämpfen kann. Dafür soll eine neue EU-Plattform zur Überwachung der Arzneimittelversorgung eingerichtet werden. Diesbezügliche Informationen sollen auf einer Website auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Mehr Transparenz soll es darüber hinaus bei Daten zu klinischen Prüfungen sowie Produktinformationen über zugelassene Arzneimittel geben.

Gesetz über digitale Dienste: Mehr Sicherheit dank Regeln für Online-Plattformen

Das Parlament verabschiedete sein Verhandlungsmandat für ein Gesetz über digitale Dienste. Der Gesetzesentwurf sieht Schutzmaßnahmen vor, um illegale Waren, Dienstleistungen oder Inhalte aus dem Internet zu entfernen. Die Abgeordneten sehen Online-Marktplätze in der Pflicht, im Hinblick auf das Waren- und Dienstleistungsangebot für die Sicherheit der VerbraucherInnen zu sorgen. Der Gesetzesentwurf sieht darüber hinaus mehr Transparenz im Zusammenhang mit gezielter Werbung vor. So sollen NutzerInnen von digitalen Dienstleistungen etwa Informationen darüber bekommen, wie ihre Daten zu Geld gemacht werden. Außerdem soll es ein Verbot der Nutzung der Daten von Minderjährigen für gezielte Werbung geben. Online-Plattformen sollen für Algorithmen zur Verantwortung gezogen und Inhalte besser moderiert werden. Wenn eine Plattform ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachkommt und dadurch Schäden entstehen, haben die NutzerInnen Anspruch auf Schadenersatz.

Tiere müssen beim Transport besser geschützt werden

Die derzeit gültigen EU-Vorschriften für Tiertransporte sind veraltet, irreführend und werden nur unzureichend durchgesetzt, so die Einschätzung des Parlaments nach 18-monatiger Untersuchung der Thematik in einem eigens dafür eingerichteten Untersuchungsausschuss. Um Abhilfe zu schaffen, haben die Abgeordneten entsprechende Empfehlungen angenommen. Sie fordern die Kommission und die EU-Länder auf, ihre Bemühungen zur Einhaltung des Tierschutzes beim Transport zu verstärken, die EU-Vorschriften zu aktualisieren und eine/n EU-KommissarIn zu ernennen, der/die für den Tierschutz zuständig ist. Konkret müsste die Beförderungsdauer von Tieren begrenzt werden, die Transportbedingungen für die Tiere verbessert und Exporte strenger kontrolliert werden. Auf lange Sicht sollte man außerdem dazu übergehen, Fleisch anstelle von lebenden Tieren zu befördern.

Die Lage in Kasachstan

Das Parlament verabschiedete eine Resolution zur aktuellen Lage in Kasachstan. Die Mehrheit der Abgeordneten verurteilt darin die zunehmende Gewalt, die sich nach friedlichen Protesten zu Beginn dieses Jahres im Land ausbreitete. Sie fordern die kasachischen Behörden u.a. dazu auf, die Menschen- und Grundrechte zu achten und willkürlich gefangen genommene DemonstrantInnen sofort freizulassen. Es brauche eine internationale Untersuchung der Verbrechen, die gegenüber der Bevölkerung von Kasachstan verübt wurden.

Missachtung der Grundfreiheiten in Hongkong

Das Parlament verurteilte die zunehmende Missachtung von Menschenrechten und Grundfreiheiten in Hongkong aufs Schärfste. Die Abgeordneten forderten die chinesischen Behörden dazu auf, das Gesetz zur nationalen Sicherheit wieder aufzuheben und kritisierten die zunehmenden Versuche Chinas, sein autoritäres System zu legitimieren und zu verfestigen. Darüber hinaus verurteilten sie die jüngsten Abänderungen des Hongkonger Wahlrechts sowie die Festnahme und Verfolgung von VertreterInnen der pro-demokratischen Opposition. Sie forderten den Rat der EU dazu auf, Sanktionen gegen Hongkong sowie chinesische FunktionärInnen zu verhängen, die für die anhaltende Verletzung von Menschenrechten verantwortlich seien. Außerdem brauche es einen diplomatischen und politischen Boykott der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking.

 

Weitere Höhepunkte

Die Abgeordneten wählten Roberta Metsola (EVP, MT) mit 458 Stimmen im ersten Wahlgang zur neuen Präsidentin des Europäischen Parlaments. Metsola wird das Parlament in der zweiten Hälfte der laufenden Legislaturperiode leiten, bis sich nach der Europawahl 2024 ein neues Parlament konstituiert. Darüber hinaus wählten die Abgeordneten auch das neue Präsidium des Europäischen Parlaments, welches aus 14 VizepräsidentInnen sowie fünf QuästorInnen besteht. Zu den neu bzw. wiedergewählten VizepräsidentInnen zählen auch zwei österreichische EU-Abgeordnete: Othmar Karas (EVP) und Evelyn Regner (S&D).

Der französische Präsident Emmanuel Macron präsentierte die wichtigsten Ziele und die politische Strategie des französischen EU-Ratsvorsitzes. Er versicherte den Abgeordneten, dass die französische Ratspräsidentschaft Gesetzesvorhaben zur Verbesserung der Qualität der Beschäftigung, zur Gewährleistung angemessener Löhne, zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles, zur Gewährung von Rechten für PlattformarbeiterInnen, zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Gewährleistung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen von Unternehmen Priorität einräumen werde. Er schlug außerdem vor, das Recht auf Abtreibung in die Europäische Charta der Grundrechte aufzunehmen. Präsident Macron verwies auch auf die Herausforderungen in den Bereichen Klima, Digitalisierung und Sicherheit. Im Bereich der Verteidigung betonte er, dass Europa gegenüber Einmischungs- und Destabilisierungsversuchen – insbesondere aus Russland – standhaft bleiben und diejenigen, die gegen internationale Regeln verstoßen, wirksam bestrafen müsse.

Die nächste Plenarsitzung findet von 14. bis 17. Februar 2022 statt.