Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Ungarn: Artikel-7-Verfahren wegen Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit
- Verschwendung von Lebensmitteln in der EU verringern
- Importstopp für Erzeugnisse aus gentechnisch verändertem Mais
- Zugriff auf Online-Filme und -TV im EU-Ausland
- Schnellere Umverteilung von Flüchtlingen in der EU
Ungarn: Artikel-7-Verfahren wegen Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit
Die jüngsten Entwicklungen in Ungarn haben zu einer erheblichen Verschlechterung der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte vor Ort geführt. Die Mehrheit der Abgeordneten forderte deshalb die Auslösung des Artikel-7-Verfahrens. Mittels dieses Verfahrens wird festgestellt, ob die Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundsätze der Union durch einen Mitgliedstaat besteht. Am Ende können Sanktionen gegen das betroffene Land verhängt werden. In der Entschließung wird zudem festgehalten, dass die ungarische Regierung umstrittene Gesetze aufheben solle – z.B. jene gegen Asylsuchende und NGOs. Auch die bedrohte „Central European University“ solle in Budapest weiterhin als freie Einrichtung bestehen bleiben können. Die Kommission müsse die Verwendung von EU-Mitteln für Ungarn streng überwachen.
Verschwendung von Lebensmitteln in der EU verringern
In der EU gehen pro Jahr rund 88 Mio. Tonnen an Lebensmitteln verloren. Das entspricht einer Menge von ca. 173 Kilogramm pro EU-BürgerIn. Das Plenum unterstützte eine Entschließung, in der eine Verringerung der Lebensmittelverschwendung bis 2030 um 50% anvisiert wird. Da die meisten Lebensmittel in der EU im Vertrieb oder bei dem/der VerbraucherIn verschwendet werden, sei es wichtig, den Unterschied zwischen dem „Mindesthaltbarkeitsdatum“ und dem „Verbrauchsdatum“ besser zu erklären. Lebensmittel seien auch nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum noch genießbar. Darüber hinaus solle die Kommission Erleichterungen bei Lebensmittelspenden zustimmen.
Importstopp für Erzeugnisse aus gentechnisch verändertem Mais
Das Plenum lehnte mehrheitlich den Vorschlag der Kommission ab, demzufolge Importe von Erzeugnissen aus gentechnisch verändertem Mais in der EU zugelassen werden sollen. Gleichzeitig wurde auch eine weitere Entschließung angenommen, in der sich die Abgeordneten gegen die Einfuhr von Erzeugnissen aus genetisch veränderter Baumwolle aussprechen. Unabhängigen ForscherInnen zufolge könnten sowohl der Mais als auch die Baumwolle fortpflanzungsgefährdende Wirkungen aufweisen. Das Parlament forderte die Kommission zudem auf, das Verfahren zur Genehmigung von Erzeugnissen, die genetisch veränderte Organismen enthalten, gründlich zu überarbeiten.
Zugriff auf Online-Filme und -TV im EU-Ausland
EU-BürgerInnen mit einem Abo für Online-Filme und –Fernsehen sollen künftig auch bei kurzen Aufenthalten im EU-Ausland auf diese Inhalte zugreifen können. Das legt eine neue Verordnung fest, die vom Parlament angenommen wurde. Um Urheberrechtsverletzungen zu verhindern, sollen AnbieterInnen von Online-Inhalten überprüfen können, ob der/die AbonnentIn nicht dauerhaft in ein anderes EU-Land umgezogen ist. Datenschutz sowie der Schutz der Privatsphäre der NutzerInnen müssen dabei gewährleistet bleiben, so die Abgeordneten.
Schnellere Umverteilung von Flüchtlingen in der EU
Die schwere Migrations- und Flüchtlingskrise stellt insbesondere die Länder an der südlichen EU-Außengrenze vor große Herausforderungen. Darum sollen bis September 2017 insgesamt 160.000 Asylsuchende von Italien und Griechenland in andere EU-Länder umgesiedelt werden. Die Umverteilung gehe aber nur sehr schleppend voran, bis dato wurden lediglich 18.770 Personen umgesiedelt, kritisierte die Mehrheit der Abgeordneten. Sie forderten die Mitgliedstaaten dazu auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und dabei v.a. unbegleiteten Minderjährigen den Vorrang zu geben. Die Kommission solle bei Nichterfüllung zudem Vertragsverletzungsverfahren in Erwägung ziehen.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Die Abgeordneten begrüßten die weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Parlament und dem Rat der EU im Hinblick auf die Bedingungen der bevorstehenden Brexit-Verhandlungen. Die EU-Institutionen und die 27 Mitgliedstaaten müssten zusammenarbeiten, um eine ausgewogene Vereinbarung zu erreichen. Gleichzeitig wurde eine Reform der EU zum Nutzen aller BürgerInnen gefordert. Sie solle zeitgleich mit den Brexit-Verhandlungen erfolgen, um keine Zeit zu verlieren.
In einer Plenardebatte erörterten die Abgeordneten die Auswirkungen der Globalisierung. Sie betonten, dass die Globalisierung Beschäftigung, Löhne und Standards unter Druck setze und gleichzeitig dem Populismus Vorschub leiste. Man müsse die EU-BürgerInnen darum besser vor ihren negativen Auswirkungen schützen. Gleichzeitig solle die EU aber auch versuchen, bei der Förderung des fairen Welthandels eine Führungsrolle zu übernehmen und die Globalisierung mitzugestalten.
Die nächste Plenarsitzung findet von 12. bis 15. Juni 2017 in Straßburg statt.