Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 14. bis 18. Dezember 2020 in Brüssel stattgefunden.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
- Parlament billigt EU-Haushalt 2021-2027
- Parlament billigt Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität für Zugang zu EU-Geldern
- REACT-EU: Fast 50 Mrd. Euro an Coronahilfen für EU-Regionen
- Asyl: Mehr Solidarität in der EU & Unterstützung für Staaten an Außengrenzen
- Parlament unterstützt Europäische Bürgerinitiative zur Förderung der Vielfalt
Parlament billigt EU-Haushalt 2021-2027
Die Abgeordneten stimmten dem mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für die kommenden sieben Jahre zu. Er umfasst insgesamt 1,8 Bio. Euro, darunter 750 Mrd. Euro für den Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“. Das Parlament konnte umfassende finanzielle Aufstockungen von EU-Schlüsselprogrammen in den Bereichen Gesundheit, Forschung und Digitalisierung durchsetzen. Darüber hinaus einigte man sich auf einen verbindlichen Fahrplan zur Einführung neuer EU-Einnahmequellen. Mindestens 30% des Geldes müssen in den Klimaschutz und den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft fließen. Weitere Schwerpunkte des MFR sind die Förderung der Geschlechtergleichstellung und ein stärkerer Einsatz der EU im Bereich der Förderung der biologischen Vielfalt. Das Parlament soll überdies überwachen, wie die Mittel des Corona-Wiederaufbaufonds ausgegeben werden.
Parlament billigt Rechtsstaatlichkeits-Konditionalität für Zugang zu EU-Geldern
Das Parlament stimmte einer neuen Verordnung zu, der zufolge künftig Zahlungen aus dem EU-Haushalt für Länder zurückgehalten werden können, die gegen die Rechtsstaatlichkeit verstoßen. Die Mehrheit der Abgeordneten bewertete das Gesamtpaket aus langfristigem EU-Haushalt, Corona-Wiederaufbaufonds und Rechtsstaatlichkeitsmechanismus als Schritt von „historischer Bedeutung“. Es müsse nun sichergestellt werden, dass der Rechtsstaatlichkeitsmechanismus ohne Verzögerung am 1. Jänner 2021 in Kraft treten könne.
REACT-EU: Fast 50 Mrd. Euro an Coronahilfen für EU-Regionen
Mit REACT-EU hat das Parlament ein 47,5 Mrd. Euro schweres Paket gebilligt, das die unmittelbaren Auswirkungen der Coronakrise in den Regionen der EU lindern soll. Die Hilfsgelder werden im Rahmen der Strukturfonds der EU bereitgestellt. Für 2021 sind 37,5 Mrd. Euro vorgesehen, für 2022 sind es 10 Mrd. Euro. Die Mittel sind bis Ende 2023 verwendbar. Investiert werden soll vor allem in jene Branchen, die am stärksten unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie leiden.
Asyl: Mehr Solidarität in der EU & Unterstützung für Staaten an Außengrenzen
Die aktuelle Asylgesetzgebung sorgt weder für eine faire Aufteilung der Verantwortung zwischen den EU-Mitgliedsstaaten, noch für einen schnellen Zugang zu Asylverfahren. Die Mehrheit der Abgeordneten forderte darum einen solidarischen Mechanismus, der sicherstellt, dass das Grundrecht auf Asyl in der EU respektiert und die Verantwortung gleichmäßig auf die Mitgliedsstaaten verteilt wird. Die Verteilung der Asylsuchenden belastet derzeit insbesondere bestimmte Mitgliedstaaten an den Außengrenzen (Griechenland, Italien, Malta, Zypern und Spanien). Die Abgeordneten bedauerten überdies, dass der Rat im Gegensatz zum Parlament noch keinen Standpunkt zum Vorschlag von 2016 zur Reform der Dublin-Verordnung angenommen habe.
Parlament unterstützt Europäische Bürgerinitiative zur Förderung der Vielfalt
Nationale und sprachliche Minderheiten sind mit einer immer schneller werdenden Entwicklung hin zur Assimilation und zum Verlust ihrer Sprache konfrontiert. Das schlägt sich zunehmend in einer sprachlichen und kulturellen Verarmung in der EU nieder. Vor diesem Hintergrund forderte das Parlament die Kommission dazu auf, auf die Vorschläge der Europäischen Bürgerinitiative „Minority SafePack-one million signatures for diversity in Europe“ zu reagieren. Die Bürgerinitiative hat sich die Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt in der EU zum Ziel gesetzt. Sie ruft die EU dazu auf, Minderheitensprachen, Mehrsprachigkeit und die kulturelle Vielfalt stärker zu unterstützen.
Weitere Höhepunkte
Das Parlament hat grünes Licht für die neue EU-Trinkwasserrichtlinie gegeben. Die neuen Regeln sollen dafür sorgen, dass es in der gesamten EU hochwertiges Leitungswasser gibt. Erfüllt wird damit die Forderung von mehr als 1,8 Millionen EuropäerInnen, die die europäische Bürgerinitiative „Right2Water“ unterzeichnet haben.
Der diesjährige Sacharow-Menschenrechtspreis wurde der weißrussischen Opposition verliehen. Die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja und weitere AktivistInnen haben ihn stellvertretend für die demokratische Opposition in Weißrussland entgegengenommen.
In der Debatte zum Post-Brexit-Handelspakt mit Kommissionsvizepräsident Maroš Šefčovič und EU-Chefunterhändler Michel Barnier betonten fast alle RednerInnen, dass das Parlament eine Einigung mit dem Vereinigten Königreich vorziehe, aber nicht um den Preis, die Integrität des Binnenmarktes zu gefährden. Sie begrüßten eine Abstimmung des Parlaments über Notfallmaßnahmen zur Vorbereitung auf einen möglichen „No-Deal“.
Der Vizepräsident der Kommission, Margaritis Schinas, präsentierte die EU-Strategie für Corona- Impfungen vor dem Plenum. Sofern die Europäische Arzneimittel-Agentur am 21.12. grünes Licht für den Impfstoff von BionTech/Pfizer gebe, könne am 23.12. mit einer offiziellen Impferlaubnis seitens der Kommission gerechnet werden. Ab diesem Zeitpunkt können alle 27 EU-Mitgliedstaaten mit den Impfungen beginnen.
Die nächste Plenarsitzung findet von 18. bis 21. Jänner 2021 statt.