Die ÖGfE hat sich das Abstimmungsverhalten der österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung angesehen. Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- EU-Investitionsplan wird verlängert und aufgestockt
- Reform der EU-Agrarpolitik: Besserer Schutz für Landwirte
- Online-Übertragung von Rundfunkprogrammen
- Panama-Papers: Beseitigung illegaler Steuerpraktiken
- Brexit-Fortschrittsbericht: Start der zweiten Verhandlungsphase
EU-Investitionsplans wird verlängert und aufgestockt
Der EU-Investitionsplan sollte ab 2015 Investitionen im Ausmaß von 315 Mrd. Euro anstoßen und dadurch zum wirtschaftlichen Aufschwung in der EU beitragen. Seine Laufzeit wird nun bis 2020 verlängert, um ein Investitionsziel von nunmehr 500 Mrd. Euro zu erreichen. Vorrang haben Investitionen in innovative Projekte und solche, die die besten wirtschaftlichen und sozialen Erträge versprechen. Die Investitionen sollen überdies in risikoreiche Projekte fließen, die andernfalls nicht unterstützt würden.
Reform der EU-Agrarpolitik: Besserer Schutz für Landwirte
Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte einer Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik zu. Die neuen Regeln sollen Landwirte gegenüber Supermärkten stärken und ihnen überdies bessere Instrumente zur Bewältigung von Markt- und Produktionsrisiken in die Hand geben. Gleichzeitig werden den Mitgliedstaaten künftig mehr Möglichkeiten eingeräumt, junge Landwirte mittels Aufstockung der EU-Agrarsubventionen zu unterstützen und so die Arbeit im Agrarsektor attraktiver zu machen.
Online-Übertragung von Rundfunkprogrammen
Die Mehrheit der Abgeordneten gab grünes Licht für neue Regeln, die einen besseren grenzüberschreitenden Zugang zu Online-Fernseh- und Radionachrichten für den/die VerbraucherIn sicherstellen. Die neuen Vorschriften geben Rundfunkanstalten künftig die Möglichkeit, ihre Online-Nachrichten oder sonstige aktuelle Online-TV- und Radioprogramme auch in anderen EU-Ländern anzubieten. Gleichzeitig soll das Verfahren zur Klärung des Urheberrechts vereinfacht werden. Geoblocking soll allerdings weiterhin erlaubt sein, wenn dies vertraglich festlegelegt wird.
Panama-Papers: Beseitigung illegaler Steuerpraktiken
Der Untersuchungsausschuss zu Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung wurde nach den Enthüllungen der Panama Papers vom Parlament mit dem Ziel eingesetzt, EU-weite Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung auszuarbeiten. Das Plenum nahm die abschließenden Empfehlungen des Untersuchungsausschusses an. Gefordert werden u.a. ein öffentlich zugängliches Register der wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften, Stiftungen, Trusts etc., neue Vorschriften bzw. Sanktionen für Vermittler wie etwa Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer, die eine aggressive Steuerplanung unterstützen, ein wirksamerer Schutz von InformantInnen sowie die Einsetzung eines ständigen Untersuchungsausschusses zu Steuerfragen.
Brexit-Fortschrittsbericht: Start der zweiten Verhandlungsphase
Das Parlament begrüßte den Fortschrittsbericht zum Brexit und empfahl den Staats- und Regierungschefs der EU-27, in die zweite Phase überzugehen. Die britische Regierung müsse die Verpflichtungen, die sie im gemeinsamen Bericht eingegangen sei, in vollem Umfang einhalten, um ein Vorankommen in der zweiten Phase zu ermöglichen. Vor Abschluss des Austrittabkommens müssten jedenfalls einige derzeit noch offene Punkte geklärt sein, um die Zustimmung des Parlaments zu gewährleisten – u.a. die Garantie der Rechte von in Großbritannien lebenden EU-BürgerInnen und von in der EU lebenden BritInnen sowie die Einhaltung der Zusage der britischen Regierung, keine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland einzuführen.
Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche
Die von US-Präsident Donald Trump angekündigte Anerkennung von Jerusalem als Hauptstadt Israels stand ebenfalls auf der Tagesordnung des Parlaments. In einer Aussprache mit der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, bezogen die Abgeordneten Stellung. Mogherini betonte, dass es keine Alternative zur Zwei-Staaten-Lösung gebe. Die EU werde den internationalen Konsens im Hinblick auf Jerusalem weiterhin respektieren und die Stadt nicht als Hauptstadt Israels anerkennen.
Keine absolute Mehrheit fand sich im Parlament für eine Resolution, mit der die Zulassung von Phosphatzusätzen in Dönerfleisch verhindert hätte werden sollen. Die Kommission kann nun die Verwendung von Phosphorsäure in Dönerfleisch zulassen. Die Säure sorgt dafür, dass die Fleischstücke sich miteinander verbinden, was das Einfrieren und Braten erleichtert. Das Parlament wollte die Zulassung eigentlich aufgrund von gesundheitlichen Bedenken verhindern, bis die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Ende 2018 eine wissenschaftliche Überprüfung der Zusatzstoffe veröffentlicht hat.
Der Sacharow-Preis für geistige Freiheit wurde an VertreterInnen der demokratischen Opposition Venezuelas verliehen. Parlamentspräsident Antonio Tajani forderte eine Rückkehr zu freien Wahlen unter Beteiligung aller.
Die nächste Plenarsitzung findet von 15. bis 18. Jänner 2018 in Straßburg statt.