Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 09. bis 12 März 2015)

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 09. bis 12. März in Straßburg stattgefunden.

Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten aller österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die untersuchten namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Gleichstellung von Frauen und Männern in der EU
  • Deckelung der Kreditkartengebühren
  • Europäische langfristige Investmentfonds
  • EU-Haushaltsprioritäten für 2016
  • EU-Haushalt: verstärkte Betrugsbekämpfung

Gleichstellung von Frauen und Männern in der EU:
Das EU-Parlament bewertete auch heuer wieder den Fortschritt bei der Gleichstellung von Frauen und Männern in der EU. Handlungsbedarf gibt es vor allem beim geschlechtsspezifischen Lohngefälle, bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und bei der sogenannten „gläsernen Decke“ in der weiblichen Berufslaufbahn. Im Text wird zudem eine gerechtere Aufteilung der beruflichen und familiären Verpflichtungen zwischen Männern und Frauen eingemahnt und die seit 2010 andauernde Blockade der Mutterschutzrichtlinie im Rat der EU scharf kritisiert. Die Abgeordneten fordern die Einhaltung des kontrovers diskutierten Rechts von Frauen auf sexuelle und reproduktive Gesundheit – inklusive Zugang zu Empfängnisverhütung und Abtreibung. Die Entschließung wurde mit 441 Stimmen (205 Gegenstimmen, 52 Enthaltungen) angenommen. Die Hälfte der insgesamt 18 österreichischen EU-Abgeordneten stimmte dafür, die andere Hälfte stimmte dagegen.

Deckelung der Kreditkartengebühren:
Das Plenum verabschiedete mit großer Mehrheit neue, EU-weit geltende Vorschriften zur Deckelung von Kreditkartengebühren. Die Obergrenzen sollen sowohl für grenzüberschreitende als auch für im Inland getätigte Kartenzahlungen gelten. Die neuen Regelungen schaffen gleiche Bedingungen für alle Beteiligten in der EU, erhöhen die Transparenz bei den Gebühren und sollen Einsparungen für VerbraucherInnen bringen. Der Rat der EU muss den Text nun auch noch formell annehmen, damit die Verordnung in sechs Monaten in Kraft treten kann.

Europäische langfristige Investmentfonds:
Die Abgeordneten befürworteten mehrheitlich die Schaffung Europäischer langfristiger Investmentfonds (ELTIFs). Analog zum Investitionsplan der Kommission sollen ELTIFs öffentliche und private Fonds in langfristige Projekte leiten, welche die europäische Wirtschaft ankurbeln. Im Kern geht es um die Finanzierung langfristiger Investitionen in Infrastruktur, Bildung/Forschung, Maschinen und Anlagen sowie langfristiges Wachstum für KMUs. Die neuen Regeln müssen noch vom Rat der EU formell angenommen werden, bevor die Verordnung in Kraft treten kann.

EU-Haushaltsprioritäten für 2016:
Die Haushaltsleitlinien sind das erste Dokument des EU-Parlaments im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens. Die Abgeordneten legen darin fest, welche Stoßrichtung der Haushaltsentwurf der Kommission haben und wo das Geld im kommenden Jahr hinfließen sollte. Schwerpunkte für 2016 sind: Förderung des Wirtschaftswachstums durch Schaffung neuer Arbeitsplätze und Unterstützung von Unternehmen, Solidarität mit anderen EU-Ländern und Drittländern, Sanierung der EU-Finanzen.

EU-Haushalt: verstärkte Betrugsbekämpfung
Korruption und Betrug im Zusammenhang mit dem EU-Haushalt müssen stärker bekämpft werden. Das forderten die Abgeordneten in einer Entschließung, die sich auf einen Kommissionsbericht von 2013 über Betrugsfälle zu Lasten des EU-Haushalts bezieht. Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Kommission werden dazu aufgefordert, sich stärker für die Rückforderung von durch Betrug verloren gegangenen EU-Geldern einzusetzen. Um Betrugs- und Korruptionsfälle in Zukunft zu vermeiden, sollten darüber hinaus die Möglichkeiten zum Schutz der EU-Mittel besser eingesetzt werden.

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche:

  • Das Plenum verurteilte die Ermordung des russischen Oppositionsführers Boris Nemzov und verlangte die Durchführung einer unabhängigen, internationalen Untersuchung. Die Abgeordneten zeigten sich besorgt über den zunehmenden Druck, den die russische Regierung auf Oppositionelle, VertreterInnen der Zivilgesellschaft und unabhängige Medien ausübe. Der Rat der EU solle eine starke und einheitliche Position der EU-28 gegenüber Russland ausarbeiten, welche die Verletzung von Menschen- und BürgerInnenrechten klar verurteile.
  • Die Abgeordneten stimmten mehrheitlich für den Gigaliner-Bericht, der dem grenzüberschreitenden Verkehr von überlangen LKWs eine Absage erteilt. Längere Laster sind nur dann erlaubt, wenn es nachweisbar der Verkehrssicherheit und der Umwelt dient. (Berichterstatter: MdEP Jörg Leichtfried)
  • Das EU-Parlament stimmte einer Entschließung zur europäischen Integration des Kosovo zu. Im Bericht wird einerseits die wirtschaftliche und soziale Stabilisierung des Landes eingemahnt, um den Menschen im Kosovo eine Zukunft zu ermöglichen. Andererseits müsse die Visaliberalisierung vorangetrieben werden – der Kosovo ist das einzige Land des Westbalkans, dessen BürgerInnen noch nicht frei in die EU reisen dürfen. Schließlich fordert der Bericht die verbleibenden fünf EU-Mitgliedstaaten dazu auf, den Kosovo anzuerkennen. (Berichterstatterin: MdEP Ulrike Lunacek)

Die nächste Plenarsitzung findet von 27. bis 30. April 2015 in Straßburg statt.