Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 08. bis 11. Februar 2021 in Brüssel stattgefunden.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
- Grünes Licht für 672,5 Mrd. Euro Coronahilfe
- EZB soll sich auf wirtschaftliche Schwierigkeiten vorbereiten
- Weißrussland: Inbetriebnahme von Atomkraftwerk Astrawez aussetzen
- Kreislaufwirtschaft: Strengere EU-Regeln für Verbrauch und Recycling
- Noch ein langer Weg bis zur Geschlechtergleichstellung
Grünes Licht für 672,5 Mrd. Euro Coronahilfe
Das Parlament gab grünes Licht für die Aufbau- und Resilienzfazilität – das Kernstück des insgesamt 750 Mrd. Euro schweren Aufbauplans „NextGenerationEU“. Zuschüsse und Kredite in Höhe von 672,5 Mrd. Euro sollen den Mitgliedstaaten dabei helfen, die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie zu mindern. Die Fördergelder können nur ausbezahlt werden, wenn bei den Plänen der Mitgliedstaaten die zentralen Politikbereiche der EU im Mittelpunkt stehen: Der Umstieg auf eine umweltfreundliche und moderne Wirtschaft, der digitale Wandel sowie Investitionen in Kinder- und Jugendprojekte. Die Achtung des Rechtsstaatsprinzips und der Grundwerte der EU sind ebenfalls eine wesentliche Voraussetzung für den Zugriff auf die Fördermittel.
EZB soll sich auf wirtschaftliche Schwierigkeiten vorbereiten
Die Abgeordneten zeigten sich besorgt über den drohenden wirtschaftlichen Abschwung in der EU, der sowohl Maßnahmen der EZB als auch Reformen der Mitgliedsstaaten erfordern werde. Die EZB solle dabei prüfen, ob im Rahmen ihres Mandats weitere Möglichkeiten zur Stimulierung der Wirtschaft genützt werden können.
Weißrussland: Inbetriebnahme von Atomkraftwerk Astrawez aussetzen
Das Atomkraftwerk Astrawez liegt 50 km von Vilnius (Litauen) entfernt und in unmittelbarer Nähe zu anderen EU-Ländern wie Polen, Lettland und Estland. Trotz bestehender Sicherheitsbedenken hat die Anlage am 3. November 2020 mit der Stromerzeugung begonnen – ohne die Empfehlungen, welche die EU im Rahmen der Peer-Review von 2018 und die Internationale Atomenergie-Organisation ausgesprochen haben, vollständig umzusetzen. Vor diesem Hintergrund forderte das Parlament, die Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes so bald wie möglich wieder auszusetzen.
Kreislaufwirtschaft: Strengere EU-Regeln für Verbrauch und Recycling
Das Parlament hat Empfehlungen angenommen, um bis spätestens 2050 eine CO2-neutrale, nachhaltige, giftfreie und geschlossene Kreislaufwirtschaft zu erreichen. Es brauche bindende EU-Ziele für 2030, mit denen der Materialfußabdruck und der Konsumfußabdruck der EU erheblich verringert werden. Darüber hinaus forderten die Abgeordneten die Kommission dazu auf, den Geltungsbereich der Ökodesign-Richtlinie so zu erweitern, dass auch Produkte ohne Energiebezug erfasst werden.
Noch ein langer Weg bis zur Geschlechtergleichstellung
Die Abgeordneten bedauerten, dass noch keines der EU-Länder alle Ziele der 1995 verabschiedeten Erklärung von Peking erreicht habe. Frauen sind in Europa und auf der ganzen Welt immer noch mit Gewalt, wirtschaftlicher Ungleichheit, mangelnder Vertretung in Entscheidungsgremien und Angriffen auf ihre Grundrechte konfrontiert. Die COVID-19-Pandemie habe die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern noch zusätzlich verschärft. Die EU müsse darum weiterhin Anstrengungen unternehmen, um insbesondere den zu verzeichnenden Anstieg bei häuslicher Gewalt gegen Frauen in den Griff zu bekommen. Aber auch die Unterrepräsentation von Frauen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung sowie die ungleiche Bezahlung seien Themen, die Priorität haben sollten. Vor dem Hintergrund des de facto Abtreibungsverbotes in Polen forderte die Mehrheit der Abgeordneten den uneingeschränkten Zugang von Frauen zu Gesundheitsdienstleistungen in der gesamten EU ein.
Weitere Höhepunkte
In einer Debatte über die aktuelle Lage in Russland mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell verteidigten einige Abgeordnete dessen Besuch in Russland, während andere seine Reise nach Moskau verurteilten. Vor dem Hintergrund der sich seit Jahren verschlechternden Beziehungen zwischen der EU und Russland habe sie zu einem schwierigen Zeitpunkt stattgefunden. Die Abgeordneten wiesen auch auf die Probleme der EU-Mitgliedstaaten im Rat hin, stärkere Maßnahmen gegen Russland zu ergreifen, einschließlich weiterer Sanktionen.
In einer Plenardebatte mit der portugiesischen Ratspräsidentschaft und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerten sich die Abgeordneten zum Stand der COVID-19-Impfstrategie der EU. Betont wurde, dass die EU die richtigen Entscheidungen getroffen habe – insbesondere in Bezug auf den gemeinsamen europäischen Ansatz bei Impfungen. Die Abgeordneten räumten allerdings auch ein, dass die EU die Herausforderungen der Massenproduktion von Impfstoffen unterschätzt habe. Darum müssten nun dringend konkrete Maßnahmen zum Hochfahren der Produktion ergriffen werden. Die EU trage darüber hinaus auch Verantwortung für den Rest der Welt und müsse sicherstellen, dass Impfstoffe gerecht über den Globus verteilt werden.
Die nächste Plenarsitzung findet von 08. bis 11. März 2021 statt.