Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 06. bis 09. Juni 2022 stattgefunden.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
- „Fit für 55“: Emissionsneutralität für neue Pkw und Lieferwagen ab 2035
- Parlament fordert vollwertiges Initiativrecht
- Zukunft Europas: Parlament fordert Überarbeitung der EU-Verträge
- Rechtsstaatlichkeit: Aufbaumittel für Polen erst, wenn Bedingungen erfüllt sind
- Sorge über weltweite Bedrohung des Rechts auf Abtreibung
„Fit für 55“: Emissionsneutralität für neue Pkw und Lieferwagen ab 2035
Die Abgeordneten verabschiedeten ihren Standpunkt zu den vorgeschlagenen Regeln zur Überarbeitung der CO2‑Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge. Mit dem angenommenen Text, der das Mandat des Parlaments für die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten darstellt, unterstützen die Abgeordneten den Vorschlag der Kommission, bis zum Jahr 2035 eine emissionsfreie Mobilität im Straßenverkehr zu erreichen. Die Zwischenziele für 2030 liegen bei 55% für Pkw und 50% für die Lieferwagen. Der Gesetzesentwurf ist Teil des EU-Klimapakets „Fit für 55“, das darauf abzielt, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Andere Gesetzesvorschläge des Klimapaketes wurden hingegen von der Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt und an den zuständigen Parlamentsausschuss zurückverwiesen, darunter die Reform des CO2-Emissionshandelssystems, die CO2-Grenzabgabe und der Klimasozialfonds.
Parlament fordert vollwertiges Initiativrecht
Das Recht, auf EU-Ebene Gesetze zu initiieren, ist fast ausschließlich der Kommission vorbehalten. Sowohl der Rat als auch das Parlament verfügen über ein indirektes Initiativrecht: Sie können die Kommission auffordern, einen Legislativvorschlag vorzulegen. Diese ist jedoch nicht verpflichtet, tätig zu werden. Vor diesem Hintergrund fordert das Parlament, dass es als einziges direkt gewähltes EU-Organ das Recht haben muss, Gesetze vorzuschlagen. Die Abgeordneten wollen auch eine neue interinstitutionelle Vereinbarung mit der Kommission und dem Rat aushandeln, um Blockaden zu vermeiden, wenn das Parlament seine derzeitigen Möglichkeiten nutzt.
Zukunft Europas: Parlament fordert Überarbeitung der EU-Verträge
Das Parlament hat eine Entschließung angenommen, in der der Europäische Rat aufgefordert wird, einen Konvent zur Überarbeitung der EU-Verträge einzuleiten. Die Abgeordneten weisen insbesondere nach den jüngsten Krisen darauf hin, dass die Verträge „dringend geändert“ werden müssen, um sicherzustellen, dass die Union auf künftige Krisen wirksamer reagieren kann. Dabei legten sie u.a. die folgenden Vorschläge für einen neuen institutionellen Aufbau der EU vor: Abschaffung der Einstimmigkeit im Rat, Ausweitung der EU-Befugnisse in den Bereichen Gesundheit, Energie, Verteidigung sowie Sozial- und Wirtschaftspolitik. Darüber hinaus soll das Parlament ein volles und direktes Initiativrecht bekommen und eine Stärkung des Verfahrens zum Schutz der Grundwerte der EU eingeführt werden.
Rechtsstaatlichkeit: Aufbaumittel für Polen erst, wenn Bedingungen erfüllt sind
Das Parlament kritisierte die Kommission für ihre Zustimmung zum 35,4 Mrd. Euro schweren Corona-Aufbauplan der polnischen Regierung. Dabei verwiesen die Abgeordneten erneut auf die bestehenden und anhaltenden Verletzungen der EU-Grundwerte durch Polen, darunter die Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Justiz, und forderten den Rat auf, den Plan nicht zu billigen, bevor nicht alle Bedingungen erfüllt sind.
Sorge über weltweite Bedrohung des Rechts auf Abtreibung
Die Abgeordneten verurteilen den Rückschritt in Bezug auf die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen weltweit, vor allem aber in den USA. In einer Resolution fordern sie den Obersten Gerichtshof der USA dazu auf, das grundlegende Urteil aufrecht zu erhalten, welches das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in der Verfassung des Landes festschreibt. Mit Blick auf die Union fordern die Abgeordneten die Mitgliedstaaten dazu auf, Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren und Hindernisse abzubauen, die einem sicheren und legalen Schwangerschaftsabbruch im Weg stehen.
Weitere Höhepunkte
Das Parlament hat endgültig grünes Licht für das neue internationale Beschaffungsinstrument gegeben, das die Öffnung der globalen Beschaffungsmärkte fördern soll. Das Instrument führt Maßnahmen ein, die den Zugang von Nicht-EU-Unternehmen zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten der EU einschränken, wenn die Regierungen dieser Länder Unternehmen aus der EU keinen vergleichbaren Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen gewähren. Durch die Förderung der Gegenseitigkeit sollen geschützte Märkte geöffnet und die Diskriminierung von EU-Unternehmen in Drittländern beendet werden.
Der LUX-Filmpreis 2022 geht an den Film „Quo Vadis, Aida?” der bosnischen Regisseurin Jasmila Žbanić. Der Film ist ein Aufruf für Gerechtigkeit für die Frauen und Mütter von Srebrenica, die die grausame Ermordung von mehr als 8.000 ihrer Angehörigen miterlebt haben.
Die nächste Plenarsitzung findet von 04. bis 07. Juli 2022 statt.