Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung, 02.-05. Mai 2022)

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 02. bis 05. Mai 2022 stattgefunden.

Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen

  • Kreislaufwirtschaft: Weniger schädliche Chemikalien im Abfall
  • Neue Regeln für die Europawahl: EU-weiter Wahlkreis gefordert
  • Schutz des Binnenmarktes vor ausländischen Subventionen
  • Stärkung des Mandats von Europol
  • Besserer Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen

Kreislaufwirtschaft: Weniger schädliche Chemikalien im Abfall

Das Parlament nahm seine Verhandlungsposition für neue Regeln für persistente organische Schadstoffe (POPs) und den Umgang mit Abfällen, die diese enthalten, an. Um eine giftfreie Umwelt und eine echte Kreislaufwirtschaft zu schaffen, fordern die Abgeordneten strengere Grenzwerte für solche Schadstoffe in Abfällen. Materialien, die einen zu hohen POP-Gehalt aufweisen, müssen zerstört oder verbrannt werden und dürfen nicht recycelt werden. Darüber hinaus sollen neue Chemikalien in die Liste der POPs aufgenommen werden, z.B. Perfluorhexansulfonsäure (PFHxS).

Neue Regeln für die Europawahl: EU-weiter Wahlkreis gefordert

Das Parlament hat die Reform des EU-Wahlaktes eingeleitet. Die Abgeordneten schlagen ein Zweistimmensystem für die Europawahl vor: Eine Stimme für die Wahl der Abgeordneten in den Wahlkreisen der Mitgliedstaaten und eine weitere für einen EU-weiten Wahlkreis, in dem 28 zusätzliche Sitze vergeben werden. Diese 28 zusätzlichen Abgeordneten sollen mithilfe EU-weiter, geografisch ausgewogener Listen gewählt werden. Um gegen die Unterrepräsentation von Frauen, vorzugehen, sollen die Listen außerdem nach dem Reißverschlusssystem erstellt (d. h. abwechselnd weibliche und männliche KandidatInnen) bzw. Frauenquoten eingeführt werden. Der 9. Mai soll künftig als EU-weiter Wahltag fungieren, die Briefwahl soll in allen Mitgliedstaaten möglich sein, es soll eine gemeinsame Sperrklausel geben und das passive Wahlrecht soll EU-weit ab 18 Jahren gelten. Darüber hinaus sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, den/die KommissionspräsidentIn auch in Zukunft nach dem SpitzenkandidatInnensystem über EU-weite Listen wählen zu lassen.

Schutz des Binnenmarktes vor ausländischen Subventionen 

Das Parlament hat seine Verhandlungsposition zu Rechtsvorschriften festgelegt, die marktverzerrende drittstaatliche Subventionen für in der EU tätige Unternehmen verhindern sollen. Während die EU-Staaten sich an die Regeln für staatliche Beihilfen halten müssen, gab es bisher keine vergleichbare Regelung für die von Nicht-EU-Ländern gewährten Hilfen für Unternehmen. Vor diesem Hintergrund verlangen die Abgeordneten, dass die Kommission künftig in die Lage versetzt werden soll, die Auswirkungen solcher unfairen Hilfen zu untersuchen und abzumildern. Dazu gehören etwa ausländische Kapitalzuflüsse, Darlehen, steuerlichen Anreize, Steuerbefreiungen und der Erlass von Schulden.

Stärkung des Mandats von Europol

Die Abgeordneten billigten die Stärkung des Mandats von Europol, dem Europäischen Polizeiamt. Die neuen Regeln sollen es Europol u.a. ermöglichen, Forschungsprojekte durchzuführen und – in Fällen von terroristischem oder Kinderpornographischem Material – Daten von privaten Firmen zu erhalten. Die Behörde soll künftig einen Grundrechtsbeauftragten haben. Darüber hinaus wird der Europäische Datenschutzbeauftragte die Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch Europol überwachen.

Besserer Schutz der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen

Das Parlament forderte sowohl die Kommission als auch den Rat der EU dazu auf, sich stärker dafür einzusetzen, dass Polen und Ungarn die gemeinsamen Werte der EU und die Rechtsstaatlichkeit nicht weiterhin mit Füßen treten. Gegen beide Länder läuft ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags zum Schutz der Grundwerte der EU. Trotz der sich verschlechternden Lage hätten es die Mitgliedstaaten bis dato nicht zustande gebracht festzulegen, ob eine „eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung“ gemeinsamer Werte in Ungarn und Polen bestehe. Darüber hinaus forderten die Abgeordneten die Kommission dazu auf, den EU-Rechtsstaatsmechanismus, der im April gegenüber Ungarn ausgelöst wurde, auch für Polen zu starten.

Weitere Höhepunkte

Die Plenarversammlung der Konferenz zur Zukunft Europas hat am 30. April 2022 ihre insgesamt 49 Vorschläge für die künftige Entwicklung der EU angenommen. Die Abgeordneten unterstützten die ehrgeizigen, von den EU-BürgerInnen getragenen Vorschläge, die EU tiefgreifend zu reformieren. Sie stellten fest, dass einige dieser Vorschläge Vertragsänderungen erfordern und sprachen sich dafür aus, einen Konvent zur Änderung der Verträge einzuberufen. Es brauche künftig mehr Integration in Bereichen wie Energie, Verteidigung, EU-Institutionen, inklusives und widerstandsfähiges Wachstum. Eine vertiefte politische Integration und echte Demokratie könnten nur durch ein Initiativrecht für das Parlament und die Abschaffung des Grundsatzes der Einstimmigkeit im Rat erreicht werden. Die große Mehrheit der Abgeordneten betonte, dass die Erwartungen, Prioritäten und Sorgen der BürgerInnen bei dieser einzigartigen Gelegenheit, die partizipative Demokratie zu leben, laut und deutlich gehört wurden und dass das Ergebnis respektiert werden müsse.

 

Die nächste Plenarsitzung findet von 06. bis 09. Juni 2022 statt.