Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten – EP-Plenartagung 11.-14. Juni 2012

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 11. bis 14. Juni 2012 in Straßburg stattgefunden.   Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten aller österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die untersuchten namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Wirtschafts- und haushaltspolitische Überwachung von Mitgliedstaaten mit gravierenden Schwierigkeiten in Bezug auf ihre finanzielle Stabilität im Euro-Währungsgebiet
  • Überwachung und Bewertung der Übersichten über die gesamtstaatliche Haushaltsplanung und Gewährleistung der Korrektur übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten im Euro-Währungsgebiet
  • Inanspruchnahme des Solidaritätsfonds der Europäischen Union – Überschwemmungen in Ligurien und der Toskana
  • Grenzüberschreitende Freiwilligenaktivitäten in der EU
  • Energiepolitische Zusammenarbeit mit Partnern außerhalb der EU

Die Berichte zu den ersten beiden Themen – die mit deutlicher Mehrheit angenommen wurden – positionieren das Europäische Parlament hinsichtlich des sogenannten Doppelpack zur wirtschaftspolitischen Steuerung (Regeln für Mitgliedstaaten unter dem Rettungsschirm sowie in Defizitverfahren), das verstärkt auf Wachstum ausgerichtet wird. Die Europäische Kommission soll umfassende Kontrollbefugnisse erhalten, die jedoch auch verstärkter demokratischer Kontrolle unterliegen. Das Parlament ergänzt den Legislativvorschlag außerdem um Instrumente zur Schuldenreduktion wie einen Schuldentilgungsfonds, der die Belastungen für betroffene Euro-Länder abfedern soll und sieht die Erstellung eines Fahrplans für die Einführung von Eurobonds vor.

Die österreichischen Abgeordneten stimmten mehrheitlich für das Paket (vier der sechs fraktionslosen Vertreter waren dagegen).

Geschlossen mit der Mehrheit von 658 Abgeordneten befürworteten sie eine Entschließung zur Bewilligung von finanzieller Hilfe für die Bewältigung der Überschwemmungsschäden in Italien. Auch bei der Aufwertung von Qualifikationen, die durch grenzüberschreitenden Freiwilligendienst erworben werden, stimmten fast alle mit „Ja“ (FPÖ-Abgeordnete zeigten sich skeptisch).

Sehr kontrovers ging es dagegen bei der Abstimmung über eine Entschließung zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten im Bereich Energiepolitik zu. Nur die Abgeordneten Swoboda und Stadler schlossen sich der parlamentarischen Mehrheit von 470 Abgeordneten an, während sich alle anderen entweder enthielten oder dagegen votierten.

Das Plenum verabschiedete weiters eine Resolution, die in Vorausschau auf den EU-Gipfel Ende des Monats an die Staats- und Regierungschefs gerichtet ist und im Kern mehr Flexibilität für den mehrjährigen Finanzrahmen für die Periode 2014-20 fordert. Mehr Spielraum im EU-Haushalt sei notwendig um besser auf neue Herausforderungen reagieren zu können. Eine Reform des Eigenmittelsystems, speziell der Direktbeiträge der Mitgliedstaaten, wird als Bedingung für die Zustimmung des Parlaments für den Finanzrahmen genannt.

Das EP-Präsidium (mit Karas und Swoboda) entschied, fünf legislative Entscheidungen, die thematisch mit der Reisefreiheit zusammenhängen, auf Eis zu legen. Dies geschah in Reaktion auf den kürzlich gefassten Beschluss der Innenminister, die rechtliche Grundlage zur Kontrolle des Schengen-Abkommens zu ändern. Das EP möchte in diesem Bereich mitentscheiden können und nicht lediglich informiert werden.

Die nächste Plenartagung findet von 02. bis 05. Juli in Straßburg statt.