Die Österreicherinnen und Österreicher wünschen sich, dass die Europäische Union auf der Weltbühne geeinter auftreten soll. Deutschland und – mit großem Abstand – die USA werden als wichtigste strategische Partner Österreichs gesehen. Großbritannien hingegen, kürzlich noch EU-Mitglied, liegt gleichauf mit Russland, unter ferner liefen. Die starke wirtschaftliche Position Chinas wird mit Sorge betrachtet. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage, die im Rahmen einer 10-Länder-Analyse des slowakischen Think Tanks GLOBSEC (www.globsec.org) mit der ÖGfE als österreichischem Partner in Auftrag gegeben wurde.
Die Österreicherinnen und Österreicher sind fast einhellig (zu 93 Prozent) der Ansicht, dass die Europäische Union auf der Weltbühne als Einheit auftreten sollte. 74 Prozent stimmen dieser Aussage „sehr“, 19 Prozent „eher“ zu. Nur 5 Prozent sind nicht dieser Ansicht („stimme eher nicht zu“: 2 Prozent | „stimme gar nicht zu“: 3 Prozent).
Deutschland wird von den Befragten mit Abstand als wichtigster strategischer Partner unseres Landes wahrgenommen. Insgesamt 86 Prozent nennen unser Nachbarland (maximal zwei Nennungen auf Basis einer vorgegebenen Liste von Ländern), die Vereinigten Staaten folgen mit 35 Prozent deutlich dahinter, ebenso wie das EU-Partnerland Frankreich mit 30 Prozent. Noch klarer ist die Differenz zu Russland (11 Prozent) und China (10 Prozent), das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien wird von 8 Prozent unter die wichtigsten strategischen Partner gereiht.
Fragt man die Österreicherinnen und Österreicher, welche Persönlichkeiten der Weltpolitik sie positiv oder negativ wahrnehmen, so nimmt der neue US-Präsident Joe Biden die Führungsposition ein. Insgesamt 77 Prozent haben von ihm einen „sehr positiven“ (28 Prozent) bzw. „eher positiven“ (49 Prozent) Eindruck. Auf insgesamt 14 Prozent ist der Eindruck „eher negativ“ (10 Prozent) bzw. „sehr negativ“ (4 Prozent). An die zweite Stelle reihen die Befragten die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sieben von zehn (71 Prozent) haben einen „sehr positiven“ (28 Prozent) bzw. „eher positiven“ (43 Prozent) Eindruck, etwa ein Viertel (26 Prozent) äußert sich „eher“ (14 Prozent) oder „sehr negativ“ (12 Prozent). Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron erhält von 61 Prozent gute Zensuren: Ein Zehntel sieht ihn „sehr“, 51 Prozent „eher positiv“. Etwa drei von zehn ÖsterreicherInnen stellen dem Mann im Elysée-Palast ein schlechtes Zeugnis aus („eher negativ“: 24 Prozent | „sehr negativ“: 7 Prozent). Knapp dahinter folgt Ursula von der Leyen. Von der EU-Kommissionschefin haben 55 Prozent einen „sehr“ (12 Prozent) und 43 Prozent einen „eher positiven“ Eindruck. Für knapp vier von zehn Befragten (38 Prozent) ist ihr Bild hingegen „eher“ (23 Prozent) oder „sehr negativ“ (15 Prozent).
Drei weitere Staats- und Regierungschefs werden mit deutlich mehr Vorbehalt beurteilt. So ist der Eindruck der ÖsterreicherInnen vom britischen Premier Boris Johnson zu insgesamt 27 Prozent („sehr“: 3 Prozent | „eher“: 24 Prozent) positiv, für zwei Drittel (67 Prozent) ist die Wahrnehmung von ihm negativ („eher“: 45 Prozent | „sehr“: 22 Prozent). Kaum anders ist die Bewertung des russischen Präsidenten Vladimir Putin – 5 Prozent haben einen „sehr positiven“, 22 Prozent einen „eher positiven“ Eindruck, etwas mehr als zwei Drittel (68 Prozent) teilen diese Meinung nicht („eher negativ“: 39 Prozent | „sehr negativ“: 29 Prozent). Am Ende der Skala findet sich aktuell der chinesische Staatspräsident Xi Jinping: Ein knappes Zehntel (9 Prozent) hat ein „sehr“ (1 Prozent) oder „eher positives“ (8 Prozent) Bild, sieben von zehn Befragten sehen ihn „eher“ (36 Prozent) bzw. „sehr negativ“ (34 Prozent). 12 Prozent geben an, den chinesischen Politiker nicht zu kennen, bei allen anderen Personen auf der Liste waren es 5 Prozent oder weniger.
Das wirtschaftliche Potential Chinas wird mehrheitlich mit Skepsis betrachtet: 62 Prozent geben an, dass sie „besorgt über die wachsende chinesische Wirtschaftsmacht“ sind („stimme sehr zu“: 33 Prozent | „stimme eher zu“: 29 Prozent). Etwa ein Drittel (34 Prozent) hat hingegen keine Bedenken („stimme eher nicht zu“: 21 Prozent | „stimme gar nicht zu“: 13 Prozent).
Dass das „chinesische Regime eine Inspiration für unser Land“ sein könnte, bejahen nur 8 Prozent („stimme sehr zu“: 3 Prozent | „stimme eher zu“: 5 Prozent). Fast neun von zehn ÖsterreicherInnen (88 Prozent) teilen diese Ansicht nicht („stimme eher nicht zu“: 19 Prozent | „stimme gar nicht zu“: 69 Prozent).
Wenn es zu einer verstärkten Konfrontation zwischen den USA und China kommen würde, plädieren drei Viertel der befragten ÖsterreicherInnen dafür, dass sich die EU neutral verhalten sollte. 22 Prozent würden es vorziehen, dass sich die EU in dieser Situation näher zu den Vereinigten Staaten positionieren sollte, 2 Prozent sehen die Union eher an der Seite Pekings.
Ein knappes Viertel der Befragten (23 Prozent) würde sich derzeit für den Beitritt unseres Landes zur NATO aussprechen. 62 Prozent wären gegen einen solchen Schritt. 15 Prozent beziehen zu dieser Frage nicht Stellung.
Auf die Frage, in welche Richtung sich Österreich geopolitisch und ideologisch ausrichten sollte, antworten 40 Prozent, dass unser Land Teil des „Westens“ sein sollte, 2 Prozent sehen Österreich als Teil des „Ostens“, eine Mehrheit von 51 Prozent jedoch „irgendwo dazwischen“ („weiß nicht/Keine Angabe“: 7 Prozent).
Insgesamt 95 Prozent stimmen der Aussage zu, dass „die Demokratie als ein System, das auf Gleichheit, Menschenrechten und Freiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit basiert, gut für mein Land ist“ („stimme sehr zu“: 85 Prozent | „stimme eher zu“: 10 Prozent). Lediglich 3 Prozent können sich dieser Meinung nicht anschließen („stimme eher nicht zu“: 2 Prozent | „stimme gar nicht zu“: 1 Prozent).
Hintergrund: Die aktuelle Umfrage wurde im Rahmen der GLOBSEC Trends 2021, einem vom GLOBSEC Institut Bratislava initiierten 10-Länder umfassenden Projekt, durchgeführt, bei dem die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik als österreichischer Partner beteiligt war. Das Projekt wurde vom National Endowment for Democracy unterstützt. In den Projektländern Österreich, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn wurden je 1000 Personen in Form von Computer Assisted Telephone Interviews (CATI) befragt. Die Befragung in Österreich wurde von Research Affairs in der Zeit von 5. – 18. März 2021 unter 1000 Befragten (repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ab 18 Jahre) durchgeführt. Max. statistische Schwankungsbreite +/- 3,2 Prozent. Differenz auf 100 Prozent aufgrund gerundeter Werte.