Lehren des Brexit für eine Reform von Art. 50 EUV

Handlungsempfehlungen

  1. Art. 50 EUV sollte reformiert werden, um Unklarheiten betreffend die Austrittsvoraussetzungen und das Austrittsverfahren zu beseitigen. Diese Reform sollte einerseits die gelebte Praxis der Austrittsverhandlungen abbilden sowie andererseits bzw. darüber hinaus auch eigene unionsrechtliche Mindestanforderungen für die Gültigkeit einer Austrittsentscheidung formulieren.
  2. Ein neuer Art. 50a EUV sollte die Grundzüge der einem austretenden Staat nach Austritt offenstehenden Optionen vorgeben, beispielsweise entlang der jetzt im Zuge des Brexit formulierten „roten Linien“.
  3. Bei der Bewältigung der Polykrise der EU führt kein Weg an einer Stärkung der europapolitischen Beteiligung der Zivilgesellschaft vorbei. Die diesbezüglich von den Mitgliedstaaten und Institutionen erarbeiteten Vorschläge zu einer tiefgreifenden Reform der Institutionen und Verfahren müssen ernst genommen werden.

Zusammenfassung

Der Anlassfall des Brexit zeigt Unzulänglichkeiten der Austrittsklausel des Art. 50 EUV auf, die es zu beseitigen gilt. Dabei geht es nur zum geringeren Teil um eine Präzisierung juristischer Details: Der Brexit ist ein Lehrbeispiel für den Missbrauch direkter Demokratie und europapolitischer Fragen im sogenannten postfaktischen, also von Fakten losgelösten bzw. von „fake news“ und „fake promises“ dominierten, zivilgesellschaftlichen Diskurs. Das europäische Recht kann und soll klare Antworten geben, um europapolitische Debatten, z.B. Austrittsdebatten, in den Mitgliedstaaten möglichst sachlich zu halten. Das Anliegen einer Versachlichung der demokratischen Meinungsbildung könnte zunächst eine Reform der Austrittsklausel anleiten, darüber hinaus aber auch eine anstehende, tiefgreifende Reform der europäischen Institutionen und Verfahren.

****************************

Lehren des Brexit für eine Reform von Art. 50 EUV

Ungewiss ist, wie der am 29. 3. 2019 erfolgende Austritt Großbritanniens aus der EU letztlich verlaufen wird, v.a. mit oder ohne Austrittsabkommen, Übergangsphase und Folgeabkommen. Gewiss sind dagegen bereits erste Lehren aus der Brexit-Erfahrung für die Handhabe der nicht ganz vor zehn Jahren über Art. 50 EUV erstmals eröffneten Austrittsmöglichkeit.
Im rechtswissenschaftlichen wie im politikwissenschaftlichen Schrifttum[1] ist etwa die Ansicht verbreitet, dass die Austrittsdynamik sowohl auf politischer als auch auf konstitutioneller Ebene deutliche integrationsfördernde Effekte hatte. Abgebildet ist dies etwa in der völlig geschlossenen Verhandlungsposition der EU-27, in der in den meisten Mitgliedstaaten gestiegenen Zustimmung zur EU oder in der starken Stellung der Kommission und des Unionsinteresses im Austrittsverfahren.

EU-Exit als Spektakel des Irrationalen

Eine weitere Lehre ist aber auch, dass der Austrittsprozess merklich von irrationalen Elementen geprägt ist. Ausdruck dessen sind einerseits die sehr heterogenen und teils realitätsfern anmutenden Ansichten innerhalb des Brexit-Lagers in Großbritannien, der daraus resultierende Streit zwischen Fundamentalisten und Realisten innerhalb der britischen Regierung und eine entsprechend mühevoll festgelegte, sowie nach wie vor nur teilkonsistente Positionierung der Briten in den Verhandlungen.
Andererseits prägten das Irrationale oder, etwas geschönter, ein markanter Utopismus bereits die Voraustrittsdebatte und den Abstimmungsprozess in Großbritannien: Unter der Parole „taking back control“ wurden allerlei Unzufriedenheiten des britischen Wahlvolks mit dem Status Quo bedient und die Vorstellungen und Versprechungen einer schönen neuen Zukunft des Landes nach der propagierten Wiedererlangung voller Souveränität waren entsprechend diffus.

Unter der Parole „taking back control“ wurden allerlei Unzufriedenheiten des britischen Wahlvolks mit dem Status Quo bedient.

Mittlerweile zeigt sich, dass wohl zahlreiche Versprechungen haltlos waren. Doch trotz der durchsickernden Ernüchterung scheinen jene, die ein zweites Referendum bzw. eine neuerliche Volksabstimmung über das Verhandlungsergebnis fordern, weiterhin in der Minderheit zu bleiben.
All dies, der gesamte Verlauf des britischen Austrittswunsches und seine Durchführung, lässt sich also nicht vollends rational erklären und entsprechend schwer mit rationalen Mitteln vorhersagen oder steuern. Zusammenfassen lässt sich der Brexit als groß angelegtes Spektakel des Irrationalen unter dem Schlagwort Populismus, der geradezu typischerweise von der Ablehnung von Machteliten, Institutionen und Anti-Intellektualismus geprägt ist – hier eben gerichtet gegen die EU und wofür sie steht. Eine EU-kritische Rhetorik und einen auf einen Austritt gerichteten Populismus gibt es auch in anderen Mitgliedstaaten. Zudem ist der Brexit, wenn wir uns heute in Europa, Nord- und Südamerika oder Asien umblicken, auch keineswegs die skurrilste oder folgenschwerste Erscheinungsform des Populismus. Frankreichs Präsident Macron sprach dieses breitere Phänomen zuletzt zutreffend als (Europas) „Faszination für das Illiberale“[2] an.

Antworten des Unionsrechts: Reformbedarf des Art. 50 EUV

Die Erkenntnisse, dass der Mensch als animal rationale bis auf weiteres für populistische Spektakel empfänglich ist und die bislang formierten EU-Austrittsbewegungen geradezu Lehrbuchbeispiele des Populismus sind, werfen ein etwas anderes Licht als bislang auf Art. 50 EUV: Die Austrittsklausel ist keineswegs nur ein vorbehaltlos zu begrüßender Imperativ in einer demokratiepolitisch reifen und auf dem Grundsatz der Demokratie fußenden Union. Vielmehr hat Art. 50 EUV eine deutliche Schatten- und Schlagseite, als die Missbrauchsanfälligkeit der Bestimmung im politischen Prozess deutlich wird. Die Bestimmung bildet ein Einfallstor für schlecht fundierte Entscheidungen ad hoc betreffend die Zukunft der Integration.

Der Austritt wird damit nicht nur zum wirtschaftlichen Problem, sondern zum Problem für die Integration insgesamt.

Der Austritt wird damit nicht nur zum wirtschaftlichen Problem, sondern zum Problem für die Integration insgesamt, durch eine damit einhergehende Beschädigung der diplomatischen und zivilgesellschaftlichen Gesprächskultur sowie der historischen Funktionen und der Legitimität des Integrationsprozesses. Welche Mittel kann die EU bzw. das Unionsrecht dem entgegensetzen? Wie können das in der Austrittsklausel gelegene, populistische Missbrauchspotenzial gemildert und Austrittsdebatten sowie ein allfälliger Austrittsprozess stärker rational determiniert werden?

Unionsrechtsbasierte Verfahrensanforderungen in Art. 50 EUV

Keine Lösung liegt in der Beseitigung der Austrittsklausel als solcher: Das politische Signal, das mit einem solchen Schritt verbunden wäre, wäre katastrophal. Wie auch der zuvor angesprochene Präsident Macron hervorhob, muss die Antwort auf illiberale Bewegungen nicht (wie vom ungarischen Premierminister Orban 2014 vorgeschlagen)[3] die illiberale oder autoritäre Demokratie sein, sondern die Autorität der Demokratie.[4]

Art. 50 EUV unterstreicht in grundsätzlich richtiger und wichtiger Weise den Respekt der Union vor dem demokratisch legitimierten Willen ihrer Völker.

Art. 50 EUV unterstreicht in grundsätzlich richtiger und wichtiger Weise den Respekt der Union vor dem demokratisch legitimierten Willen ihrer Völker. Er stellt klar, dass die Integration sowohl gestoppt als auch umgekehrt werden kann und dass Integration keine Einbahnstraße, sondern im Prinzip leistungsorientiert ist. Ein mögliches Versagen des Integrationsprozesses am Maßstab der einzelstaatlich gewünschten Ergebnisse oder ein dauerhaftes Auseinanderklaffen der Vorstellungen über Wesen und Ziele der Integration darf und soll zu einer zivilgesellschaftlichen Austrittsdebatte führen. Das Problem liegt nämlich nicht in der Integrationsdebatte als solcher, sondern darin, wie sie geführt wird.
Es kann nicht angehen, dass das Unionsrecht die Verantwortung für die Qualität der Integrationsdebatte bislang vollständig den Mitgliedstaaten selbst überlässt, ohne darauf mit Einfluss zu nehmen: Demokratie ist nicht nur Recht, sondern auch Verantwortung. Diese Verantwortung unterwirft das Unionsrecht auch in anderen Bereichen mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten einer Grobkontrolle (etwa mit dem Effektivitätsprinzip beim Unionsrechtsvollzug).

Anstatt Art. 50 EUV zurückzunehmen, sollten daher die Hürden für seine Aktivierung erhöht bzw. dort formulierten Qualitätsanforderungen unterworfen werden.

Anstatt Art. 50 EUV zurückzunehmen, sollten daher die Hürden für seine Aktivierung erhöht bzw. dort formulierten Qualitätsanforderungen unterworfen werden. Zu denken ist v.a. an Mindestverfahrensanforderungen in Bezug auf das Zustandekommen der Austrittsentscheidung, etwa betreffend eine Bereitstellung neutraler Informationen im Vorfeld der Abstimmung (orientiert z.B. am Schweizer Modell des sog. Abstimmungsbüchleins). Zu denken wäre aber z.B. auch an unionsrechtlich festgelegte Quoren einer Mindestbeteiligung an der Abstimmung oder der Zustimmung sowie etwa an eine Ausdehnung des Teilnahmerechts auf im Mitgliedstaat ansässige EU-BürgerInnen (orientiert an Art. 22 AEUV). Maßnahmen dieser Art versprechen eine Verbesserung der Gesamtqualität des Austrittprozesses und eine Verringerung der Prävalenz des irrationalen Abstimmungsverhaltens.
Eine entsprechende Reform des Art. 50 EUV liegt umso näher, als die Norm ohnedies einer Überarbeitung bedarf, um darin gelegene Unklarheiten zu beseitigen, die im Zuge des Brexit offenbar wurden. Zu nennen sind etwa die (von der politischen Praxis wohl ganz einhellig angenommene, im Schrifttum aber strittige) Möglichkeit einer Rücknahme der Austrittsmitteilung oder eine Kodifikation der schon jetzt geübten Grundsätze transparenter Verhandlungen und der Information und Konsultation der Mitgliedstaaten im Verhandlungsprozess.

Klarstellung der Differenzierungsoptionen nach Austritt

Ein weiterer Steuerungsmechanismus für die Austrittsdebatte kann darin bestehen, die tendenziell nur diffusen Vorstellungen vom durch bzw. nach Austritt Erreichbaren durch grobe Vorgaben der Differenzierungsoptionen zu kanalisieren. Klargestellt werden sollte mit anderen Worten, auf welche Politiken sich eine Kooperation zwischen dem austretenden Staat und der EU grundsätzlich erstrecken kann (z.B. Binnenmarkt, Zollpolitik, Bildung, Raum der Freiheit usw.), welche Rechte unter welchen Voraussetzungen bestehen bleiben können (z.B. erworbene Aufenthaltsrechte, finanzielle Ansprüche usw.) und welche Rechte zwingend wegfallen.
[zitat inhalt=”Klargestellt werden sollte (…), auf welche Politiken sich eine Kooperation zwischen dem austretenden Staat und der EU grundsätzlich erstrecken kann.”]
Ungeachtet dessen, dass für das Austritts- und das Folgeabkommen ausreichend Regelungsflexibilität gewahrt bleiben muss, scheint es doch möglich, zumindest jene „roten Linien“, die die EU im Brexit-Prozess formuliert hat, auch primärrechtlich klarzustellen. Zu nennen sind etwa die vielpropagierte Unteilbarkeit der Grundfreiheiten des Binnenmarkts bzw. der Grundsatz „kein Rosinenpicken“, die rechtlichen Grundvoraussetzungen einer Zollkooperation, das Entsprechen von Rechten und (insbesondere) finanziellen Pflichten oder etwa auch der für eine Kooperation geltende, zwingende institutionelle Rahmen (d.h. v.a. die Grundsätze einer EuGH-Zuständigkeit in Bezug auf die Auslegung der Abkommen sowie die Direktwirkung der darin verbürgten Rechte).
Das primärrechtliche Vorzeichnen der groben Züge einer Kooperation würde von Anbeginn einer Austrittsdebatte an klarstellen, welche politischen Hoffnungen und Versprechungen im Zuge eines Austritts realistisch sind und welche nicht. Im Grunde stünden Staaten damit drei Optionen offen: Die Vollmitgliedschaft in der EU, die Option eines fest vorgezeichneten Assoziierungsstatus oder der vollständige Austritt mit der Folge einer Rückstufung aller Beziehungen auf den allgemein für Drittstaaten geltenden Rahmen (sog. WTO-Status).
Dieser Vorschlag liegt auf Linie jenes „associate status“, den der Verfassungsausschuss des Europäischen Parlaments zuletzt ganz allgemein als Ersatz für den gegenwärtigen Differenzierungswildwuchs vorgeschlagen hat: „Das Europäische Parlament […] schlägt vor, dass das derzeitige Durcheinander bei der Differenzierung im Rahmen der nächsten Überarbeitung der Verträge abgebaut wird, indem die Praktiken der einzelnen Mitgliedstaaten gewährten Nichtbeteiligungsklauseln, Beteiligungsmöglichkeiten und Ausnahmeregelungen im Primärrecht der EU abgeschafft oder zumindest deutlich reduziert werden[. Stattdessen] empfiehlt [es], eine Partnerschaft zu konzipieren und einzurichten, um auf diese Weise einen Ring von Partnerländern um die EU aufzubauen, dem sich Staaten anschließen können, die der Union nicht beitreten können oder werden, aber trotzdem eine enge Beziehung zu ihr wünschen; … dass diese Beziehung mit den jeweiligen Rechten entsprechenden Pflichten […] einhergehen sollte; ”.[5]

Weitere loyalitätsstärkende Maßnahmen

 Lediglich kurz erwähnt sei hier noch, dass eine kommende Primärrechtsreform in Sachen Stärkung des Integrationsprozesses, seiner Legitimität und der Loyalität der BürgerInnen und Regierungen zur EU nicht bei Art. 50 EUV Halt machen muss. Die Vorschläge liegen auch bereits auf dem Tisch. Der eben genannte Verfassungsausschuss des Europäischen Parlaments etwa erwägt gesamteuropäische Parteilisten, die Schaffung eines Initiativrechts zur EU-Gesetzgebung für europäische und nationale ParlamentarierInnen, EU-weite Referenden für Primärrechtsänderungen oder eine Öffnung der Zusammensetzung des Rates für nationale Abgeordnete.
Maßnahmen dieser Art würden dazu beitragen, eine grenzüberschreitende politische Debatte über europäische Fragen zu stimulieren und den potenziellen Missbrauch europäischer Themen auf der nationalen politischen Ebene entsprechend zu erschweren. Im gegenwärtigen politischen Klima sind sie auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht opportun. Klar ist aber, dass die EU zur Überwindung der Ursachen der aktuellen Polykrise eine ambitionierte institutionelle Reform braucht, wenn sie eine Zukunft haben will. Nicht zuletzt war eine latente „Eurosklerose“, also die Unfähigkeit der EU zu tiefgreifenden Reformen, neben allen Irrationalitäten des Brexit ein von den Briten über viele Jahre zurecht beklagter Missstand.[6]

Schlussbemerkungen und Empfehlungen

Der Brexit-Prozess liefert konkrete Erkenntnisse zur Funktionsweise und den Fehlstellungen des Art. 50 EUV. In ihrer gegenwärtigen Form ist die Austrittsklausel ein Katalysator einer negativen Integrationsdebatte und Türöffner für Anti-EU-Populismus. Es gilt daher, im Unionsrecht Instrumente zu entwickeln, um 1) das Aufkommen und die Ausbreitung von Austrittsbewegungen und die Aktivierung der Austrittsklausel zu begrenzen und 2), wenn solche Bewegungen auftreten, die Debatte zu lenken, um sie und allfällige Referenden informiert und rational zu halten. Dies bedeutet auch, dass sich solche Instrumente stärker auf die BürgerInnen bzw. die Qualität der zivilgesellschaftlichen Debatte über Europa als auf Regierungs- oder Parteiakteure konzentrieren müssen.
Vor diesem Hintergrund werden hier zusammenfassend vier Empfehlungen für konkrete politische Maßnahmen formuliert:

  1. Art. 50 EUV sollte reformiert werden, um bestehende Unklarheiten zum Austrittsverfahren zu beseitigen. Abgebildet werden sollte etwa die gelebte Praxis in Bezug auf die Transparenz der Verhandlungen, die Information und Konsultation der Mitgliedstaaten oder die Möglichkeit einer Rücknahme der Austrittserklärung.
  2. Art. 50 EUV sollte neben der Bezugnahme auf die „verfassungsrechtlichen Vorschriften“ des austretenden Staats selbst auch unionsrechtliche Mindestverfahrensanforderungen für die Gültigkeit einer Austrittsentscheidung aufstellen. Solche Anforderungen könnten von der Zurverfügungstellung neutraler Informationen vor einem Referendum bis hin zu Quora für eine Mindestbeteiligung oder die Zustimmung oder einer Ausweitung des Abstimmungsrechts auf ansässige EU-BürgerInnen reichen.
  3. Die (von den Mitgliedstaaten und) Institutionen mit dem Ziel einer Stärkung der Beteiligung der Zivilgesellschaft erarbeiteten Vorschläge zur Reform der Institutionen und Verfahren sollten ernst genommen werden: Die Legitimitätskrise der EU kann nur überwunden werden, wenn die Zivilgesellschaft effektive Anreize zur Beteiligung an einer europäischen politischen Debatte erhält. Zu empfehlen ist insoweit,
    • dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten das Recht einzuräumen EU-Gesetzgebung anzustoßen,
    • die Zusammensetzung des Rates für nationale ParlamentarierInnen zu öffnen;
    • europaweite Parteienlisten für die Wahlen zum Europäischen Parlament zuzulassen;
    • das Wahlrecht zum Europäischen Parlament zu harmonisieren;
    • EU-weite Referenden mit harmonisiertem Verfahrensrecht für Änderungen des Primärrechts vorzusehen.
  1. Ein neuer Art. 50a EUV sollte die Grundzüge der einem austretenden Staat nach Austritt offenstehenden Optionen vorgeben. Dies würde insbesondere auf eine Präzisierung und Konkretisierung der im Zuge des Brexit formulierten „roten Linien“ und der grundlegenden unionsrechtlichen Anforderungen für das Austritts- und das Folgeabkommen hinauslaufen. Klargestellt werden sollte dabei auch, dass Staaten neben Vollmitgliedschaft, Vollaustritt und dem in Art. 50a EUV grundgelegten Assoziierungsverhältnis keine weitere Option offensteht

[1] Vgl. etwa Hillion, Withdrawal under article 50 TEU: An integration-friendly process, CML Rev. 2108 (vol. 55), 29, 29ff.; Umland, Why Brexit May Be Good for European Integration, Harvard Int. Rev. Online-Ausgabe v. 24. 6. 2016, am 15. 8. 2018 abrufbar unter http://hir.harvard.edu/article/?a=13641; ähnlich de Witte, An Undivided Union? Differentiated Integration in Post-Brexit Times, CML Rev. 2018, 227, 229ff.; Schimmelfennig, Brexit: differentiated disintegration in the European Union, J of Eur Policy 2018 (vol. 25), 1154, 1154ff.
[2] S. Discours du Président de la République au Parlement européen, 17. 4. 2018, am 15. 8. 2018 abrufbar unter http://www.elysee.fr/declarations/article/discours-du-president-de-la-republique-au-parlement-europeen/: „[L’Europe] … où la fascination, … illibérale grandit chaque jour”.
[3] Vgl. Charim, “Orbáns Mogelpackung heißt illiberale Demokratie”, Wiener Zeitung Online-Ausgabe v. 13. 4. 2018, zum 15. 8. 2018 abrufbar unter https://www.wienerzeitung.at/meinungen/glossen/958667_Orbans-Mogelpackung-heisst-illiberale-Demokratie.html.
[4] S. Discours du Président (Fn. 2): „Face à l’autoritarisme qui partout nous entoure, la réponse n’est pas la démocratie autoritaire mais l’autorité de la démocratie.”
[5] EP Dok. Nr. 2014/2248(INI), Rz. 10 und 11: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+REPORT+A8-2016-0390+0+DOC+XML+V0//DE.
[6] Vgl. Krumrey, Eurosklerose 2.0 – Wir alle sind Brexit !, Beitrag für die Friedrich-Ebert-Stiftung, zum 15. 8. 2018 abrufbar unter https://www.fes.de/e/eurosklerose-20-wir-alle-sind-brexit/.

ISSN 2305-2635
Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE oder jenen der Organisation, für die der Autor arbeitet, überein.

Zitation

Jaeger, T. (2018). Lehren des Brexit für eine Reform von Art. 50 EUV. Wien. ÖGfE Policy Brief, 17’2018

Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Jaeger, LL.M,

Univ.-Prof. Mag. Dr. Thomas Jaeger, LL.M, ist Professor für Europarecht an der Universität Wien.