Abstimmungsmonitoring der österreichischen EU-Abgeordneten (Plenarsitzung 09. bis 12. Mai 2016)

Die ÖGfE hat das Abstimmungsverhalten aller österreichischen EU-Abgeordneten zu ausgewählten Punkten der Tagesordnung beobachtet. Die untersuchten namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • EU-weiter Austausch von Steuerinformationen
  • Rahmenvereinbarung über Elternurlaub
  • Erneute Forderung nach verpflichtender Herkunftskennzeichnung von Fleisch & Milch
  • Bekämpfung des Menschenhandels
  • Marktwirtschaftsstatus Chinas

EU-weiter Austausch von Steuerinformationen

Das Plenum stimmte einem Gesetzesvorschlag der Kommission zu, in welchem ein automatischer Austausch von Steuerinformationen zwischen den EU-Mitgliedstaaten festgelegt wird. Multinationale Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sollen künftig Berichte anfertigen, in welchen sie ihre Gewinne, gezahlte Steuern, Kapital, Einkünfte, materielle Vermögenswerte sowie die Anzahl der Beschäftigten angeben. Diese Berichte werden von dem EU-Land, in dem die Muttergesellschaft ihren Sitz hat, an jeden anderen Mitgliedstaat weitergeleitet, in dem das Unternehmen tätig ist. Die Abgeordneten forderten zusätzlich die Verhängung von Sanktionen gegen Unternehmen, die der Berichtspflicht nicht nachkommen.

Rahmenvereinbarung über Elternurlaub

Entsprechend einer EU-Richtlinie stehen erwerbstätigen Eltern mindestens vier Monate unbezahlter Elternurlaub zu. Die Mehrheit der Abgeordneten sprach sich nun dafür aus, die gemeinsamen Regeln zum Mindestelternurlaub EU-weit besser durchzusetzen. Insbesondere Väter sollten dazu ermutigt werden, den für beide Elternteile geltenden Elternurlaub stärker in Anspruch zu nehmen.

Erneute Forderung nach verpflichtender Herkunftskennzeichnung von Fleisch & Milch

Laut einer Eurobarometer-Umfrage erachten es 84% der EU-BürgerInnen für notwendig, die Herkunft von Milch anzugeben. 88% wünschen sich eine Kennzeichnung von Fleisch und sogar mehr als 90% eine von verarbeiteten Lebensmitteln. Die Mehrheit der Abgeordneten trat nun erneut dafür ein, die Angabe des Ursprungslandes für Milch, Fleisch sowie Fleisch in verarbeiteten Lebensmitteln EU-weit verpflichtend einzuführen.

Bekämpfung des Menschenhandels

Das Plenum forderte die Mitgliedstaaten und die Kommission dazu auf, Opfer von Menschenhandel besser zu schützen und die in einer entsprechenden EU-Richtlinie festgelegten Regeln zum Opferschutz richtig umzusetzen. Insbesondere Frauen und Kinder seien gefährdet, Opfer von Menschenhandel zu werden. Darum brauche es dringend spezifische Präventions-, Unterstützungs- und Betreuungsmaßnahmen für diese beiden Personengruppen.

Marktwirtschaftsstatus Chinas

Mit einem Handelsvolumen von weit über 1 Milliarde Euro pro Tag ist China einer der wichtigsten Handelspartner der EU. Das Parlament sprach sich dennoch in einer gemeinsamen Entschließung mehrerer Fraktionen dagegen aus, dass China einseitig der Marktwirtschaftsstatus zuerkannt wird. Solange die hierfür nötigen fünf EU-Kriterien nicht erfüllt seien, müssten Einfuhren aus China in die EU weiterhin Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen durchlaufen. Gleichzeitig forderten die Abgeordneten eine Reform dieser handelspolitischen Schutzinstrumente, um auch künftig fairen Wettbewerb sowie Arbeitsplätze in der EU adäquat schützen zu können.

 

Weitere Höhepunkte der Sitzungswoche

Die EU-Polizeiagentur Europol soll künftig grenzüberschreitende Kriminalität und Terrorismus noch schneller und besser bekämpfen können. Eine entsprechende Verordnung wurde von der Mehrheit der Abgeordneten angenommen. Die neuen Befugnisse von Europol werden mit einem erhöhten Datenschutz und demokratischer Kontrolle verknüpft.

Das Parlament zeigte sich sehr skeptisch gegenüber der im EU-Türkei Migrationsdeal für Juni geplanten Visaliberalisierung für TürkInnen. Bevor seitens der Türkei nicht alle Bedingungen erfüllt worden seien, solle auch keine Visaliberalisierung kommen. Des Weiteren diskutierten die Abgeordneten den von der Kommission vorgelegten Vorschlag für eine Reform des Dublin-Systems. Es wurde kritisiert, dass das Erstaufnahmelandprinzip erhalten bleibe. Auch die Bestimmung, wonach sich Mitgliedstaaten von ihrer Pflicht, AsylwerberInnen aufzunehmen, freikaufen können, wurde abgelehnt. Abschließend stand noch eine Debatte über Schengen auf der Tagesordnung. Das Plenum war sich einig, dass es dringend einen effektiveren Schutz der EU-Außengrenzen brauche, um einen voll funktionsfähigen Schengen-Raum mit offenen Binnengrenzen so schnell wie möglich wiederherzustellen.

Ebenso erörterte das Plenum das wirtschaftliche Anpassungsprogramm für Griechenland. Die Abgeordneten der S&D-, Grüne/EFA-, GUE/NGL- sowie der EKR-Fraktion forderten einen Schuldenschnitt und warnten davor, dem Land weitere Sparmaßnahmen aufzuzwingen. Die Mitglieder der EVP-Fraktion hingegen unterstrichen die dringende Notwendigkeit von Reformen.

Die nächste Plenarsitzung findet von 06. bis 09. Juni 2016 in Straßburg statt.