Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 07. bis 10. Oktober 2024 stattgefunden.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
- Über 1 Mrd. Euro EU-Hilfe in Folge von Naturkatastrophen
- Abgeordnete bewerten Demokratieabbau in Georgien
- Parlament zeigt sich besorgt über russische Einmischung in Moldau
- Der Fall der zu Unrecht inhaftierten UigurInnen in China
Über 1 Mrd. Euro EU-Hilfe in Folge von Naturkatastrophen
Das Parlament billigte über 1 Mrd. Euro an Hilfen aus dem EU-Solidaritätsfonds zur Unterstützung der Wiederaufbaumaßnahmen nach Überschwemmungen in fünf EU-Ländern im Jahr 2023, nämlich Italien, Slowenien, Österreich, Griechenland und Frankreich. Österreich erhält 5,2 Mio. Euro. Die finanzielle Unterstützung deckt einen Teil der Kosten für Notfall- und Wiederaufbaumaßnahmen. Entsprechende EU-Hilfen sollten angesichts der zunehmenden Zahl von Naturkatastrophen in Europa aufgestockt werden, meinen die Abgeordneten.
Abgeordnete bewerten Demokratieabbau in Georgien
Die Mehrheit der Abgeordneten kritisierte den schrittweisen Demokratieabbau in Georgien, dem im Dezember 2023 der EU-Kandidatenstatus zuerkannt worden ist. Die regierende Partei „Georgischer Traum“ verfolge eine zunehmend autoritäre Agenda, u.a. im Hinblick auf die Medienfreiheit und LGBTQ+-Rechte im Land. Als Reaktion auf ein Gesetz, das westlich finanzierte Medien und NGOs zu „ausländischen Agenten“ erklärt sowie ein hartes Vorgehen gegen pro-demokratische Proteste, hat die EU Georgiens Antrag auf einen EU-Beitritt in den letzten Monaten de facto auf Eis gelegt. Um Fortschritte in den Beziehungen mit der EU zu erzielen, müssten die undemokratischen Gesetze wieder aufgehoben werden.
Parlament zeigt sich besorgt über russische Einmischung in Moldau
Das Parlament verurteilte die zunehmende Einmischung Russlands in Moldau, um das Land von seinem pro-europäischen Kurs abzubringen. Moldau wurde im Juni 2022 offiziell der EU-Kandidatenstatus zuerkannt. Es wird insbesondere befürchtet, dass Moskau mittels hybrider Taktiken wie Wahlbestechung und Desinformation versuchen könnte, die am 20. Oktober 2024 stattfindenden Präsidentschaftswahlen sowie ein für denselben Tag angesetztes Referendum über den Beitritt des Landes zur EU in seinem Sinne zu beeinflussen. Russland müsse Moldaus Unabhängigkeit respektieren und seine negativen Einmischungsversuche sofort einstellen.
Der Fall der zu Unrecht inhaftierten UigurInnen in China
Die Mehrheit der Abgeordneten verurteilte die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Volksgruppe der UigurInnen in China. Vor diesem Hintergrund forderten sie insbesondere die Freilassung des Wirtschaftswissenschaftlers und Sacharow-Preisträgers Ilham Tohti sowie der Ärztin Gulshan Abbas, die beide zu Unrecht verhaftet wurden. China mache sich einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie versuchtem Völkermordes schuldig, wenn es die systematische Verfolgung und Diskriminierung der UigurInnen nicht sofort einstelle. Die EU sollte weitere Sanktionen gegen hochrangige chinesische BeamtInnen erlassen, die in die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in China verwickelt seien.
Weitere Höhepunkte
Die Abgeordneten erörterten mit Premierminister Viktor Orbán die Prioritäten Ungarns für die sechsmonatige EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli 2024 begann. Orbán versprach, dass Ungarn während der EU-Ratspräsidentschaft ein ehrlicher und konstruktiver Vermittler sein werde. Er hob die Wettbewerbsfähigkeit als zentrales Thema hervor und wies darauf hin, dass das Wirtschaftswachstum der EU in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich geringer war als in China und den USA. Zum Thema Migration erklärte Orbán, dass „ohne externe Hotspots ein Schutz der EuropäerInnen vor illegaler Migration nicht möglich“ sei. Das Asylsystem der EU funktioniere schlichtweg nicht. In Bezug auf die Erweiterung forderte Orbán eine Beschleunigung des Beitritts der Westbalkanländer. Darüber hinaus sprach er sich für eine EU-Verteidigungsindustrie sowie einen landwirtefreundlichen, wettbewerbsfähigen Agrarsektor aus und betonte die Bedeutung der EU-Kohäsionspolitik. Kritik kam sowohl von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die insbesondere die Haltung Ungarns gegenüber Russland bedauerte. Sie forderte Ungarn auf, „der Sache der europäischen Einheit zu dienen“, anstatt von den gemeinsamen Werten abzuweichen. Auch eine Mehrheit der RednerInnen im Parlament kritisierte den ungarischen Ministerpräsidenten, u.a. weil er Ungarn in ein hybrides Regime verwandele, den Kampf der Ukraine gegen die russische Aggression untergrabe und mit illiberalen Regimen in Moskau und Peking zusammengearbeitet habe.
Die Konferenz der PräsidentInnen des Parlaments nahm den Fahrplan für die Hearings der 26 designierten EU-KommissarInnen an. Die designierten Kommissionsmitglieder erscheinen zwischen 4. – 12. November 2024 zu Anhörungen vor dem für ihren jeweiligen voraussichtlichen Geschäftsbereich zuständigen Parlamentsausschuss. Jeder Ausschuss bewertet dann das Fachwissen des/der KandidatIn und übermittelt das Ergebnis der Präsidentin des Parlaments. Anschließend muss die gesamte Kommission durch das Parlament mit einfacher Mehrheit in einem Zustimmungsvotum bestätigt werden. Der designierte Kommissar aus Österreich, Magnus Brunner, wird sich am 5. November 2024 den Fragen der Abgeordneten stellen.
Die nächste Plenarsitzung findet von 21. bis 24. Oktober 2024 statt.